Gastkommentar zur Bürgerinformation durch das Wasserwirtschaftsamt/Bäume, die der Kienbach-Sanierung geopfert werden, tragen zur lokalen Klimaerwärmung bei/
Von Christl Voit//
Die Veranstaltung, nach außen als Bürgerdialog bezeichnet, verschleierte, dass das Wasserwirtschaftsamt in Wirklichkeit keinen Millimeter von den ursprünglichen Vorhaben abgewichen ist und die Kommunikation mit den Bürgern nur in Fragen, ob Beton, betonierte Wasserbausteine oder Betonsteinmatritzen verwendet werden sollen, ein kleines Dialogfeld öffnete.
Bereits 2021 war zu ahnen, dass den angekündigten Maßnahmen Hunderte Uferbäume zum Opfer fallen würden. Damals wurde es heftig bestritten, man wurde als Kassandra gesehen,es werde schon nicht so schlimm kommen und jetzt hat es sich leider bestätigt.
Über die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen selbst fand nie eine Diskussion statt, obwohl man inzwischen aus den Fehlern der Flurbereinigung und der Flussbegradigungen gelernt haben sollte.
Das Verschwinden von ca 200 Bäumen wird nicht nur Herrsching ärmer und unansehnlicher machen, es wird Auswirkungen auf die Wassertemperatur haben, die steigen wird und natürlich wird sich durch die fehlende Interzeption des Blätterdachs der direkte Regeneintrag in den Bach verstärken. Die Verdunstungskühle wird im Sommer fehlen. Die Bäume als Co2 Speicher fallen weg, tragen so zur lokalen Klimaerwärmung bei, die wiederum zu Starkregen führen wird- und dann ist bald die nächste Freiborderhöhung nötig. Als ich im Vortrag hörte, dass das WWA Weilheim jetzt schon 1000 JahresHochwasserberechnungen durchführt (wahrscheinlich liefert KI die Daten, denn da gibt es keine Wetteraufzeichnungen, nicht einmal die kleinen Eiszeiten sind schon ganz erforscht und müssen in Radiokarbonuntersuchungen nachvollzogen werden) und als die Mitarbeiterin des Ingenieurbüros einem Herrschinger, der beobachtet hatte, dass die Fische auch jetzt sehr wohl bachaufwärts kommen, diese Realität absprach mit den Worten, das technische Regelwerk sähe das nicht vor, spätestens da beschlich mich das Gefühl, dass auch hier, wie so oft, menschliche Hybris im Spiel sein könnte. Die ökologischen Auswirkungen und systemischen Rückkoppelungen durch solch eine isolierte Bracchialmaßnahme werden in keinster Weise in die Überlegungen miteinbezogen. Die vier offiziellen Vertreterinnen konnten keine Antworten zu komplexeren Fragen geben.
Natürlich ist mir als Bachanliegerin klar, dass es zu einem singulären Hochwasser mit Schäden kommen kann, mir persönlich ist dieses Risiko vertretbarer als die Aussicht auf einen baumlosen eingemauerten Bach ,die fehlende Vogelwelt und das Fehlen all dessen, was zu einem natürlichen Bachlauf gehört.
In Zukunft werden wir sowieso über lange Strecken mit Niedrigwasser zu kämpfen haben, die fehlende Beschattung wird das verstärken. Angstgetrieben durch Bilder aus dem Ahrtal wird jetzt maximal reagiert, statt sich den wirklichen Ursachen der Hochwässer, nämlich den massiven Abholzungen, der landwirtschaftlichen Bodenverdichtung und der Versiegelung in den Siedlungsgebieten und durch Infrastruktur zu widmen.
Ich fürchte, dass die meisten Einwohnerinnen Herrschings noch keine Vorstellung haben, was der Bachausbau, euphemistisch als ‘Sanierung’ bezeichnet, wirklich im täglichen Leben bedeuten wird, wie sich der Ort verändern wird
Aber wir dürfen jetzt als Alibimaßnahmen Plätze für Fledermäuse und Nistkästen für Vögel aussuchen- deren natürliche Habitate wir vorher zerstört haben. Und wir dürfen Ersatzpflanzungsplätze aussuchen, als ob man Bäume wie Schachfiguren versetzen könnte…
Als eine der Gründerinnen von Pronatur hatte ich gehofft, wir könnten mehr als das erreichen und auch ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit schaffen, das die Maßnahmen kritischer begleitet. Das war trotz allen Einsatzes offensichtlich nicht drin. Ich eigne mich nicht zum Schönreden von eindeutigen Situationen -da sind jetzt andere gefragt.
Das Mindeste, was jetzt zu tun ist: am Montag in der Gemeinderatssitzung bitte der Baumschutzverordnung zustimmen, damit in Zukunft nicht mehr so ohne Weiteres abgeholzt werden kann und uns in Herrsching noch der ein oder andere Baum erhalten bleibt. Das wünsche ich uns und den nachfolgenden Generationen.
Christl Voits Argumentation schließe ich mich an: Gefällte Bäume lassen sich auch durch sog. “Ersatz”-Pflanzungen nicht ersetzen! Ihre Wirkungen auf unseren Lebensraum nicht nur in Herrsching (Co2-Speicher, Microklima, …) sind irreversibel verloren. Leider kommen manche Erkenntnisse oft erst in der Rückschau, und damit zu spät! – z. B., dass man bei der innerörtlichen Bebauung seit dem “Jahrhundert-Hochwasser” den nötigen Abstand zum Bach hätte berücksichtigen müssen.
Die Folgen der Betonierung des Kienbachs und dafür “notwendiger” Baumfällungen werden unsere Kinder und Enkelkinder reparieren müssen.
Mir scheint, dass in dem Beitrag von Frau Voit der Einfluss der Herrschinger Bäume auf das lokale Klima – das sicherlich unter den Fällungen leiden wird – mit dem auf die globale Klimaerwärmung munter durcheinander geworfen wird.
Vor Starkregen-Ereignissen und anderen Folgen des Klimawandels wird uns der Erhalt möglichst vieler Bäume in unserem Ort jedenfalls nicht bewahren. Herrsching ist nicht der Nabel der Welt, leider 😉
Es wundert mich ein bisschen, dass die Notwendigkeit der Kienbach-Sanierung von “Pro Natur” offenbar schlicht ignoriert wird. Moos und andere Gewächse mögen über den maroden Zustand hinwegtäuschen, sind aber bei genauerem Hinsehen nicht wegzudiskutieren. Auch im Hinblick auf auf die Ästhetik kann ich mir Verbesserungen durchaus vorstellen.
Es geht auch nicht um „Begradigung“, da der Kienbach zumindest im Ortsverlauf schon maximal begradigt ist. Leider wird sich das aufgrund der umliegenden Bebauung auch nicht mehr ändern lassen.
Liebe Frau Böckelmann, ich tu’s ungern, aber in einigen Aspekten muss ich Ihnen widersprechen.
Aus der rezenten Klimaforschung weiß man, dass unser Wetter immer mehr von kleinzelligen lokalen Unwettern gekennzeichnet ist, während ein paar hundert Meter weiter schon Trockenheitsstress herrschen kann. Dies wurde u.a. im Stuttgarter Raum genauer erforscht.
In der heißen versiegelten Stadt bildeten sich Konvektionsströme, die durch Aufstieg und Abkühlung kondensieren und zu plötzlichem Starkniederschlag führen. Die umliegenden Weinberge dagegen litten unter Trockenheit. Das wäre ein Beispiel für Mikroklimauswirkung, was übrigens die korrekte Wettervorhersage immer schwieriger macht, weil sich negative Grundbedingungen auch noch potenziellen können.
Sie haben ja Recht, wir sind nicht der Nabel der Welt , aber auch wir sind Agierende im großen Klimageschehen.
Was die Renaturierung betrifft, war ich im Gegensatz zu manchen Vorstellungen bei Pronatur, das ich übrigens nicht mehr als Sprecherin vertrete,immer realistisch. Da läßt sich durch die Agglomeration von Bebauung am Bach wenig ändern, dennoch hätte ich es sinnvoll gefunden, eben nur die sanierungsbedürftigen Mauern zu stabilisieren (laut WWA 7 %) und nicht nach dem Motto vorzugehen, wenn schon mal im Bach, dann wird gleich großflächig eingegriffen. Generell wundert es mich, welche Ängste mit so einem Bach, der nur an einer Stelle überhaupt das Kriterium des Wildbachs erfüllt, verbunden sind. Zur Erinnerung :1885 war die letzte nennenswerte Ausuferung. Das Einzugsgebiet wird durch Wiedervernässung bereits hydraulisch ertüchtigt, innerorts sollten wir die Abflussituation durch die geplanten Maßnahmen nicht verschärfen und stattdessen Versickerungsflächen schaffen.
Diesen Mechanismus, der auf wissenschaftlichen Tatsachen beruht, habe ich beschrieben, mehr nicht.
Man kann nur jedem Wort von Christl Voit zustimmen. Und wenn wir auch nicht “der Nabel der Welt sind”, wie Regine Böckelmann so geistreich kommentiert, so sind wir doch ein Teil von ihr. Ein sehr kleiner, aber ein ganz besonders schützenswerter.
Diese “Argumentation” ist so unerträglich typisch für die Weiter-so Fraktion, wie das “vor Starkregen-Ereignissen und anderen Folgen des Klimawandels wird uns der Erhalt möglichst vieler Bäume in unserem Ort jedenfalls nicht bewahren.”
Nein, leider nicht mehr, denn es wurden schon so viele, vor allem für Vollversiegelungen und Futtermittel für den 3 x 7 Fleischkonsum umgehauen, dass unser exorbitanter CO2 Ausstoß über die Wälder alleine nicht mehr kompensiert werden kann. Auch das haben wir alle begriffen.
Aber deshalb munter damit weitermachen, statt möglichst jeden noch übrig gebliebenen Baum zu schützen und zu bewahrennd möglicht viele neu zu pflanzen? Oder was soll uns so ein seltsames Statement sonst sagen wollen?
Wenn schon der Blick aufs große Ganze fehlt, dann sollte gerade der Heimat verbundene Bürger seine Phantasie bemühen und sich einfach mal ausmalen, was das für unser ohnehin schon ziemlich unattraktives Herrsching bedeuten wird. Besonders bei 38 Grad im Sommer und auch gerne ganz unabhängig von Umweltschutz und Klimawandel.
Und auch über die Notwendigkeit von Hochwasserschutz denkt inzwischen jeder nach, ob in Pro Natura aktiv oder nicht, der nicht völlig blind und taub für die Entwicklungen auf unserem Planeten ist. Entsprechend weiß auch jeder wie wichtig er in Zukunft sein wird.
Umso mehr erstaunt doch, wie Frau Voit völlig zu Recht bemerkt, dass diese Gemeinde und ihre Wasserbehörde, wie gewohnt, auf überholte Konzepte zurückgreifen, die sich vielmals nicht bewährt haben und mehr zerstören als schützen und sich zudem nicht mal für moderne, möglicherweise intelligentere und schonendere Alternativen interessiert zeigen, wie es die Wasserwirtschaftsamt Vertreter auf ihrem Vortragsabend deutlich gemacht haben. Eben genau deshalb, weil sie und Herrsching jeden Fehler schon begangen haben, den man hinsichtlich Bachläufe machen konnte: Begradigung und die üblichen Vollversiegelungen.