Eichenallee: Alle feiern grüne Methusaleme

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Für die Methusaleme am Straßenrand ein seltsamer Tag: kein Gestank, kein Lärm, und die Menschen waren nicht von Blech umhüllt, sondern festlich gewandet: Die Eichen zwischen Gut Delling und Seefeld konnten nach 10 Jahren wieder einen Tag lang durchschnaufen: Tausende von Menschen verwandelten das Asphaltband, das die Bürokraten prosaisch Staatsstraße 2068 nennen, in eine Fußgängerzone. Zwischen 1770 und 1780 hatte der Graf vom nahen Schloss an die 1000 Eichen pflanzen lassen, der Romantik wegen, der Repräsentation geschuldet, der Ruhe und des Schattens wegen – egal, er schuf eine Allee, die 250 Jahre oder länger menschlichen Raubbau an der Natur überstanden hat (siehe auch Auszüge aus der Geschichte der Allee auf herrsching.online).

13 000 Autos und Motorräder rauschen täglich unter dem grünen Dach durch und muten dem gerinderten Senioren-Heim viele schädliche Gase zu. Und deshalb muss der Staat jährlich bis zu 50 000 Euro in die Altenpflege stecken, damit sich die Allee auch verjüngen kann und nicht mit den Erfordernissen der Verkehrssicherungspflicht kollidiert.

Das Fest bei fürstlichem Föhn brachte nicht nur eine Ministerin, den Landrat, viele Bürgermeister und Honoratioren aller Art auf die Beine – auch Tausende von Besuchern genossen den Spaziergang unter den Eichen mit ihrem überwolbenden grünen Dach.

herrsching.online erspart sich die Festreden. Wir werfen noch mal einen Blick auf die Gefahren, die unseren mächtigen Zeugen aus anderen Zeiten zusetzen: Wie an jeder Schönheit nagt auch hier der Zahn der Zeit. Bäume können sehr alt werden, ewig leben auch sie nicht.  Wahrscheinlich gibt es auch hier eine genetisch vorgegebene Lebenszeit: Blitz, Sturm und Schädlingsplage sind dann nur Erfüllungsgehilfen eines Todes, der früher oder später ohnehin eintreten muss, spätestens, wenn die maximale Altersgrenze erreicht ist, heißt es in einem Gutachten. Insgesamt würden zirka 95 Bäume in den nächsten 20 Jahren entnommen werden müssen, was etwa einem Drittel des Altbaumbestandes entspricht, hieß die düstere Prognose.

Feinde haben die Bäume aber nicht nur bei den Gutachtern und Verkehrssicherheits-Experten, sondern auch direkt unter den Autofahrern. In der Festschrift der Räseonanz. e.V. Seefeld ist eine Erzählung von Herbert Rosendorfer zitiert:

Es ist Nacht. Gemütlich tuckert ein Sportwagen mit 120 oder 140 km/h auf einer Landstraße dahin. Der Fahrer dämmert, weil eine Fahrt auf einer Landstraße langweilig ist, im Halbschlaf. Der Alleebaum aber, der Alleebaum ist hellwach. Genüsslich… alles deutet darauf hin, dass es von ihm genüsslich ist, lässt der Alleebaum den Wagen heran kommen, dann … ein Sprung von nicht mehr als einem Meter in die Fahrbahn des Wagens. Der Mann am Steuer, der obendrein schläft, kann natürlich nicht mehr ausweichen …

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