Der Kienbach – Herrschings grüne Lunge. Die Bürgerinitiative will verhindern, dass der Bach zur Betonrinne wird

Betonbett für den Kienbach?

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BGH-Gemeinderäte und Anwohner schlagen Alarm: Will das Wasserwirtschaftsamt das Herrschinger Gemeindebächlein in ein Betonbett zwingen? /Gemeinderat diskutiert über „Sanierungsmaßnahmen“/Feuerwehr-Kommandant sieht Grundwasser und Seespiegel als großes Problem//

Canale Grande an der Herrschinger Promenade: Wie ein venezianischer Palazzo steht das Kurparkschlösschen 1965 im Hochwasser

Den  Kienbach kennt der Herrschinger als „betrunkenes Rinnsal“: so klein und stinkt schon nach Bier. Doch jetzt ist die Bierruhe am Andechser Hopfenwasser vorbei: In Herrsching herrscht nach dem Jahrhunderthochwasser im Ahrtal Aktionismus. In der Gemeinderatssitzung am Montag kommt ein neues Wortmonstrum in den kommunalen Sprachgebrauch: Sturzflutrisikomanagement. Was bedeutet das konkret? Betonwände für den Kienbach, höhere Brücken, dramatischer Umbau eines friedlichen Gewässers? Aus der Geschichte lässt sich kein Handlungsbedarf ablesen. Am 1. Juli 1885 wurde der Kienbach das letzte Mal zum Katastrophen-Fluss.

Die Gemeinderäte der Bürgergemeinschaft Herrsching (BGH) sind alarmiert. Sie beantragen, die geplanten Maßnahmen transparent zu machen. Wasserwirtschaftsamt und das Planungsbüro sollen in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung darüber Auskunft geben, wie das Bett des Kienbachs verändert werden soll.

Die Sprecherin der BGH-Gruppe, Christiane Gruber: „Wir wollen, dass nicht nur der Status Quo ‚in Beton gegossen‘ wird, sondern auch Alternativen aufgezeigt werden, um den Kienbach als wichtige Lebensader für Herrsching zu betonen. Dazu wollen wir mit dem Wasserwirtschaftsamt möglichst in der frühen Planungsphase ins Gespräch kommen.“

BGH-Sprecherin Christiane Gruber will wissen, was die Ämter mit dem Kienbach vorhaben

Anwohner am Kienbach, die Jahrzehnte lang friedlich mit dem Bach gelebt haben, fürchten ebenfalls einen Beton-Anschlag. Die Vermesser des Wasserwirtschftsamts standen schon mit Gummistiefeln im Wasser und haben das Bett vermessen. Auf die besorgte Frage eines Anwohners meinte ein Geometer leicht ironisch: „Die Frösche haben wir schon gezählt.“

Das Wasserwirtschaftsamt in Weilheim lässt keinen Zweifel an seinen Absichten: „Um den Hochwassserschutz … sicherzustellen, sind umfangreiche Sanierungsmaßnahmen erforderlich“, heißt es in einem Papier, das herrsching.online vorliegt.

Technisch klingt das dann so: Auf einer Länge von 2 Kilometern ab Ammersee-Mündung ortseinwärts werden die maroden Ufersicherungen saniert, die hydraulische Leistungsfähigkeit werde verbessert und die Brücken würden angepasst (erhöht).

Anwohnerin Christine Voit fürchtet um ihren romantischen Kienbach: Statt Bäume am Ufer künftig Betonwände?

Die Kienbach-Anwohnerin Christine Voit übersetzt das so: „Geplant ist wohl, ein Betongerinne mit befestigter Sohle zu erstellen und alle Bäume, die dieser Maßnahme entgegenstehen, zu entfernen.“ Christine Voit dazu entsetzt: „Als junge Geografie-Studentin hörte ich von den  ökologischen Folgen der Oberrhein-Begradigung als Ursünde der Flusskorrektur.“

Ein anderer Kienbach-Anrainer wandte sich direkt an den Bürgermeister: „Wir wohnen seit 1991 am Kienbach. Und selbst beim Pfingsthochwasser 1999 ist der Bach nicht über seine Ufer getreten. Worauf stützt die Verwaltung ihre Gründe für den geplanten massiven Eingriff?“

Der Herrschinger Feuerwehrkommandant Daniel Pleyer sieht die Hochwassergefahr auch großflächiger. Im Interview mit herrsching.online sagt er: „Die größte Gefahr geht nicht vom Kienbach aus.  Wir haben das Problem des Grundwassers. Steigt der Seepegel, kommt das Wasser irgendwann auch aus dem Boden. Nach dem Pfingsthochwasser wurden Berechnungen gemacht und Karten von Überflutungsgebieten erstellt. Man weiß zum Beispiel, dass bei einem Seepegel von 534,88 die Gebiete am Seeufer bis zur Summerstraße vollständig überflutet sein werden.“

Christine Voit fleht in einem Brief an das Ingenieurbüro Kokai: „Herrsching soll seine grüne Lunge behalten.“

1 Comment

  1. Nach meinem Leserbrief meldeten sich einige Herrschinger bei mir.
    Heute dann auch Frau Voit.
    Das Problem des Hochwasserschutzes ist sicherlich wichtig.
    Aber wie kann der Bauausschuss an einem Bächlein (Radweg Fendlbach) Bäume fällen deren hydraulischen Leistung in der Schule gelehrt wird und jetzt will Frau Gruber am Kienbach Engagement zeigen?
    Solange in Herrsching niemanden interessiert wohin das Regenwasser verschwindet, wird das nichts. Ich habe dazu noch kürzlich mit der AWA telefoniert, weil mir aufgefallen ist, dass manche Grundstücke keine Entwässerung haben sonder unkontrolliert in den öffentlichen Straßenraum entwässert wird.
    Das Bächlein zu verrohten ist nicht einmal ein Plan B.
    Ihre Berichterstattung ist klasse.

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