Der Kabarettist Hans Well hat die Ploetzstraße im Politikteil der SZ erwähnt. Foto: Gerd Kloos

Hans Well: „Es ist schon sehr traurig!“

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Herrsching hat es auf einen prominenten Platz in der Süddeutschen Zeitung geschafft: Der berühmte Liedermacher und Kabarettist Hans Well (Ex-„Biermöslblosn“) hatte sich in seiner Kolumne für die SZ mit der Umbenennung NS-belasteter Straßennamen beschäftigt. Bei diesem Thema stieß er auch auf die Herrschinger Ploetzstraße, die, wie herrsching.online berichtete, nicht umbenannt wird.

Well ging die Sache ganz grundsätzlich an: Warum sollte eine Gemeinde eine Straße nach einer Bürgerin, nach einem Bürger benennen? „Straßennamen sind eine öffentliche Würdigung historischer Persönlichkeiten für Leistungen, mit denen die Welt friedlicher, humaner und lebenswerter wird“, zitiert er einen Historiker.

Well beleuchtet in seiner SZ-Kolumne („Der Nazi bleibt“) die vergeblichen Entnazifizierungsversuche von Straßennamen in Herrsching und Gersthofen. Am Ammersee, so Well, lehnte man kürzlich ab, „den Straßennamen des Rassenhygienikers Alfred Ploetz zu entfernen“.

Erklärtafeln sind Scheinlösungen

Well kritisiert auch die „Scheinlösungen“ mit Erklärtafeln an den Nazi-Straßennamen. Die Ploetzstraße heißt trotz erdrückender historischer Belege immer noch Ploetzstraße. Und auf der Fraueninsel im Chiemsee gibt es noch die Alfred-Jodl-Grabstätte (Jodl wurde von den Alliierten als Kriegsverbrecher hingerichtet).

Im schwäbischen Gersthofen bleibt es bei einer Georg-Wendler-Straße, obwohl der Namensträger SS-Mann und Bürgermeister in der Nazizeit war. Die Vita des Georg Wendler hat übrigens ein Gymnasiallehrer mit seiner Klasse durchleuchtet und dann auch eine Umbenennung der Straße verlangt. Der Gersthofer Bürgermeister (CSU) verbot daraufhin den Schülern den Zutritt zum Gemeindearchiv. Die Schüler, so zitiert Well in der SZ den CSU-Bürgermeister, seien nicht imstande, mit solch heiklen Dokumenten umzugehen.

Beispiel Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching: Schüler setzten sich ein

Bei dem Lehrer in Gersthofen fühlt man sich an den Schlagenhofener Gymnasialdirektor Robert Volkmann erinnert, der mit Kollegen und Schülern den Namen Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching durchgesetzt hatte. Probst war Widerstandskämpfer. Volkmann rühmt besonders die Mitwirkung der Schüler, die sich sehr für den Namen eingesetzt hatten. Obwohl ja Schüler nicht mit heiklen Dokumenten umgehen können.

80 Jahre danach werden immer noch Verbrecher gewürdigt

Hans Well schrieb uns nach dem Erscheinen dieses Artikels: „Ich hoffe, dass durch möglichst viele Leserbriefe mit Beispielen wie vom Schlagenhofer Schuldirektor das Thema erweitert wird. Der Kommentar war ja durchaus als Anregung zur Diskussion gedacht. Dass 80 Jahre nach Ende des „Dritten Reiches“ immer noch seine Verbrecher oder Mitläufer mit Straßennamen gewürdigt sind, ist schon sehr traurig!“

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