Tödliche Unfälle mit Radlern nahmen in Deutschland zu/Besonders im Fokus: Pedelec-Fahrer/Wo sich Radfahrer in Herrsching besonders unwohl fühlen/Gemeinderäte Gruber, Mulert und Welsch machen Verbesserungsvorschlag für den Radverkehr.
Fahrradfahren, im Prinzip gesund und ökologisch, kann auch lebensverkürzend sein: Das Statistische Bundesamt hat in einer aktuellen Pressemeldung von einer unheilvollen Entwicklung berichtet: Die Zahl der Radfahrer, die mit dem Fahrrad ums Leben kamen, nimmt gegen den allgemeinen Unfalltrend zu. Der Anstieg der tödlich verunglückten Radfahrer ist bei den E-Bikern besonders hoch.
Und wie sicher fühlen sich Radfahrer in Herrsching? Der radelnde grüne Gemeinderat Gerd Mulert beklagt, dass es einige Strecken in Herrsching gibt, bei denen ein Radfahrer deutlich „höheren Gefahren ausgesetzt ist“. So ist es nicht verwunderlich, dass die Herrschinger Polizei von 33 Prozent mehr radelnden Unfallopfern im Jahre 2023 berichtet, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Die ehemalige Landtagsabgeordnete Ruth Paulig hat einen unorthodoxen Vorschlag zur Unfallprophylaxe: „Man sollte öfters mal absteigen und das Rad kurz schieben.“ Motto: Wer sein Leben liebt, der schiebt. Am Schluss dieses Artikels äußert sich auch Gemeinderat Christoph Welsch, einer der eifrigsten Radfahrer in Herrsching, zum Thema Unfallprophylaxe.
Jeder sechste Verkehrstote in Deutschland war 2024 beim Radeln verunglückt, das sind in absoluten Zahlen 441 Menschen – immerhin 16 Prozent aller Verkehrstoten in Deutschland. Dabei geraten die Pedelec-Fahrer besonders in den Fokus: 192 tödlich verunglückte Radler waren E-Biker. Nach Branchenangaben ist inzwischen jedes zweite verkaufte Fahrrad ein Pedelec, das den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h mit Elektropower unterstützt. Eine leichte statistische Verzerrung gibt es dadurch, dass E-Biker mehr Kilometer fahren als Bio-Biker. Und je höher die Kilometerleistung, desto höher das statistische Unfallrisiko.
Obwohl immer mehr Radfahrer einen Helm tragen, fallen die „barhäuptigen“ Radfahrer ohne Kopfschale in der Unfallstatistik besonders auf. Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord trugen drei von zwölf tödlich verunglückten Radfahrern keinen Helm. Und bei den schwerverletzten Radlern beträgt die Zahl der helmlosen Unfallopfer 54 Prozent (209 Unfälle).
Wo fühlen sich Radfahrer in Herrsching besonders unwohl?
Gemeinderat Gerd Mulert:
- In der Mühlfelder Straße, auch in den Bereichen des Schutzstreifens, da ich hier Sorge habe, dass parkende Autofahrer ihre Türen aufreißen, ohne in den Spiegel zu schauen. Insbesondere gefährlich wird es in der Mühlfelder auch an der Engstelle nahe der Nikolausapotheke. Und wenn ich mich auf die Ampel am Ende der Mühlfelder Straße zubewege.
- In der Rieder Straße am Abzweig in die Gewerbestraße.
- Im Gewerbegebiet, trotz Tempo 30 und kombiniertem Fuß-/Radweg.
Durch welche Maßnahmen ist das Sicherheitsgefühl der Radfahrer gesteigert worden? fragen wir den Gemeinderat. „Entscheidend war die Einführung der Fahrradstraße in der Madeleine-Ruoff-, der Hanauer und der Summerstraße. Ebenso sind alle Fahrradschutzstreifen, wie zum Beispiel in der Mühlfelder Straße, gut“, lobt der Gemeinderat.
Allerdings haben die Fahrradstraßen auch ihre Tücken, hat Mulert schon beobachtet: „Kritisch ist zum Beispiel immer wieder, wenn Autos in der Fahrradstraße Madeleine-Ruoff- und Hanauer Straße weiterfahren, so dass sich das mir entgegenkommende Auto und ich auf dem Rad an dem Punkt begegnen, wo rechts oder links neben mir ein Auto parkt. Das fahrende, entgegenkommende Auto lässt mir eine Fahrbreite von etwa einem Meter. Das ist knapp. Ich hoffe dann immer, dass die Fahrerin beziehungsweise der Fahrer mich gesehen hat. Selten stoppen Autos und lassen Radler normal weiter fahren.“
Diese Situationen lassen sich durch bauliche Maßnahmen nicht verändern – schließlich kann man die Madeleine-Ruoff-Straße nicht verbreitern. Aber an einigen neuralgischen Stellen aber könnte man durchaus nachbessern, meint der grüne Gemeinderat:
- An der Einmündung der Madeleine-Ruoff-Straße in die Rieder Straße am alten Sportplatz. Von den Autofahrern, die von Norden kommen, blicken vielleicht nur 30 Prozent über die rechte Schulter nach hinten, um sicherzustellen, dass sich kein Radfahrer auf dem Radweg nähert. Früher war die Überfahrt für Radler rot markiert, seit kurzen hat man mit weißer Farbe versucht, etwas nachzuhelfen – das genügt nicht.
- In der Bahnhofstraße könnte zum Beispiel durch Einführung einer Fahrradstraße und durch bauliche Maßnahmen das Radfahren sicherer gemacht werden.
- Das Radfahren in der Gewerbestraße könnte sicherer werden.
Die ehemalige Landtagsabgeordnete Ruth Paulig hat dazu einen unorthodoxen Vorschlag: „Man sollte öfters mal absteigen und das Rad kurz schieben.“ Motto: Wer sein Leben liebt, der schiebt.
Gemeinderat Welsch: „Mein Rad ist nach diesem Winter definitiv kaputt“

Auch der Gemeinderat Christoph Welsch (Grünen-Fraktion) hat uns von seinen Erfahrungen berichtet. Welsch fährt sogar im Winter und bei echtem Mistwetter mit dem Fahrrad zu Gemeinderatsitzungen von Breitbrunn ins Herrschinger Rathaus:
Fühlen Sie sich auf dem Fahrrad in Herrsching sicher?
Welsch: Ja, eigentlich schon.
Welche Maßnahmen haben Ihr Sicherheitsgefühl in Herrsching verbessert?
Welsch: Fahrradstreifen, Haifischzähne an Straßeneinmündungen und Kreuzungen und die Fahrradstraßen empfinde ich als positive Entwicklung.
Haben Sie in letzter Zeit auf dem Fahrrad kritische Situationen erlebt?
Welsch: Die neue Schotterpiste beim Rauscher Fußweg, insbesondere bergab, ist anspruchsvoll…
Welche Verbesserungsmaßnahmen für den Radverkehr halten Sie für sinnvoll oder für absolut notwendig?
Welsch: Keine Salzstreuung im Winter, insbesondere nicht auf Nebenstraßen und Fahrradwegen, wie zum Beispiel auf der Straße von Breitbrunn über Rausch nach Herrsching. Mein Rad ist nach diesem Winter definitiv kaputt.
Fahren Sie ein Muskelrad oder ein E-Bike? Wenn E-Bike: Fühlen Sie sich auf dem E-Bike sicher?
Welsch: Selbstverständlich Muskelrad. E-Bike vielleicht, wenn ich in Rente bin.
Gemeinderätin Gruber: „Manche Autofahrer akzeptieren Radfahrer nicht als vollwertige Verkehrsteilnehmer“

Die Fraktionssprecherin der Bürgergemeinschaft Herrsching (BGH), Christiane Gruber, „fühlt sich auf dem Fahrrad in Herrsching sicher“, auch wenn sie einschränkt, dass man „immer aufpassen muss, weil manche Autofahrerinnen und Autofahrer die Radfahrerinnen nicht als vollwertige Verkehrsteilnehmer akzeptieren“. Gruber, die als Gemeinderätin alle Schutzmaßnahmen für Radfahrer mit angestoßen hat, bricht eine Lanze für die Fahrradschutzstreifen, die immer wieder in der Kritik stehen. „Die Fahrradstreifen sind besser als ihr Ruf.“ Zu den kritischen Stellen und Straßen zählen für Gruber die Parkplätze am Landungssteg: „Dort werden ausparkende Autos oft großzügig überholt, ohne dass auf den entgegenkommenden Radlverkehr geachtet wird“, kann Gruber auf dem Heimweg mit dem Fahrrad immer wieder beobachten. Damit Radfahrerinnen und Radler besser geschützt sind, plädiert Gruber für Tempo-30-Zonen, „die auch als solche zu erkennen sind“. Gruber fährt übrigens ein Fahrrad ohne E-Hilfe. „Wenn ich allerdings am Schmidschneiderberg oder im Strittholz wohnen würde, hätte ich sicher ein E-Bike. Und in Breitbrunn und Widdersberg auch.“
Nicht zu vergessen die (vom Gemeinderat beschlossenen) Verkehrsveränderungen, die für Radfahrer (und auch Autofahrer) ein erhebliches Risiko darstellen: Die geänderte (und unlogische) Vorfahrtsregelung bei der Kreuzung Dolce Vita/Riva/Schindlbeck-Klinik sowie die geänderten Vorfahrten auf der Seestraße mit den Hinweisschildern „Geänderte Vorfahrt“. Woher soll ein Ortsunkundiger wissen, was geändert wurde? – Ein großes Risiko sind auch die abknickende Vorfahrtsstraße am Bahnhof und die eigentlich logische Vorfahrtsstraße an der Kreuzung Seefelder/Luitpold/Schmidtschneiderstraße. Als Radler (z. B. von der Luitpoldstrasse kommend Richtung Ortsausfahrt Seefelder Str.) kann man nicht blinken, sondern nur Handzeichen geben – im Dunkeln kaum zu sehen, und gerade ältere Radler können auch nicht so lange in einer Kurve einhändig fahren. Und was viele Autofahrer nicht bedenken, ist das hohe Tempo von E-Bikes, die man ja als solche nicht erkennen kann. In Herrsching sind auch sehr viele Radler in der Dunkelheit ohne Licht unterwegs, meist Mountainbikes von jüngeren Semestern. Man muss als Radfahrer und Autofahrer (ich bin beides) in Herrsching jedenfalls höllisch aufpassen.
Die Zahl der Radfahrunfaelle steigt, vorallem bei Senioren. So lauteten kürzlich die Schlagzeilen. Dabei sind es die E-bikes, die schwere Verletzungen bei den Unfällen verursachen. Wo also sicher radeln in Herrsching? Das Bild zeigt Herrn Mulert auf der Promenade. Ist das sinnvoll, diese Fusswege nun verkehrssicher zu machen, damit sie mit Fahrzeugen befahren werden können.?
Es geht in dem Artikel ja nicht um die Verkehrssicherheit der Promenade, sondern um viele andere kritische Stellen auf den Herrschinger Straßen – auch den sogenannten Fahrradstraßen.
Genau deshalb fahren Herr Mulert (und auch ich) eben gerne auch mal auf der Seepromenade – mit gebührender Rücksicht auf die Fußgänger, versteht sich.
Ich denke, dass auf allen Fahrradwegen und Straßen Sicherheitsprobleme entstehen, vorallem wenn es Kombiwege mit Fußgängern sind. Auch das Foto gehört zum Artikel, nicht nur der Text.