Gemeinderat berät über Ratsbegehren für einen Bürgerentscheid/Gemeinderätin Gruber: Würde gerne wissen, wie hoch die Kosten einer Kartierung sind///
„Hässliche Allergien bei Kleinkindern“, „Natur ertragen und auf keinen Fall den Lobbyvertretern der BTI-Hersteller mit ihren erwiesenen Falschaussagen auf den Leim gehen.“ Zwei Aussagen, die das Meinungsbild zur Mückenplage beschreiben. Die FDP-Fraktion im Gemeinderat hat nun einen Antrag eingebracht, ein Ratsbegehren zu beschließen. Ziel: Die Bürger zu befragen, ob sie für den Einsatz des Bakterienextraktes BTI seien. herrsching.online wollte von der Fraktionssprecherin der Bürgergemeinschaft Herrsching, Christiane Gruber, wissen, wie sich ihre Gruppe zu diesem Antrag stellt.

herrsching.online: Es gibt wahrscheinlich niemanden in Herrsching, der näher am Wasser wohnt also Sie. Empfinden Sie die Mückenplage dieses Jahr als besonders schlimm?
Gruber: Sie war vorhersehbar. Immer nach Hochwassern gibt es mehr Mücken, und wegen des vielen Regens gab’s zusätzlich noch viele Lachen, die lange standen und Brutstätten für die Larven waren. Es ist also ein erklärbares Phänomen, das nicht plötzlich vom Himmel gefallen ist.
herrsching.online: Welche Meinung haben Sie zu dem FDP-Antrag, den BTI-Einsatz mittels eines Ratsbegehrens durchzusetzen.
Gruber: Ich bin erstaunt, dass einer der Gemeinderäte, der in Herrsching aufgewachsen ist und deshalb das Mückenphänomen kennt, den Antrag mit unterschrieben hat. Dieser Gemeinderat (es handelt sich um Johannes Puntsch; Red) war im November 2017 bei der Debatte dabei, als ganz ausführlich zusammen mit einem Befürworter einer BTI-Mückenbekämpfung und einem Vertreter der Naturschutzseite das Pro und Contra diskutiert wurde. Damals hatten sich auch viele Bürger an die Gemeinde gewandt mit ausführlichen Stellungnahmen. Gemeinderat Keim war 2015 nach Herrsching gezogen und 2 Jahre später Mitglied des Vereins „Mückenplage nein danke“ geworden.
herrsching.online: In Eching ist ein Ratsbegehren, bei dem 80 Prozent der abstimmenden Bürger für einen BTI-Einsatz waren, bisher im Sande verlaufen. Ist eine BTI-Kampagne in erster Linie eine Kostenfrage?
Gruber: Ja. Vor einer BTI-Besprühung muss zuerst einmal eine Kartierung beantragt, genehmigt und durchgeführt werden, welche Bereiche denn untersucht werden sollten. Da würde dann herauskommen, dass man große Bereiche wie Naturschutzgebiete gar Leerzeichen nicht besprühen darf. Auch Landschaftsschutzgebiete sind problematisch.
herrsching.online: Wie hoch sind denn die Kosten einer Kartierung?
Gruber: In dem Antrag der FDP wird nicht auf die Kosten eingegangen. Ich würde aber vorher gerne wissen, wie hoch die Kosten einer solchen Kartierung sind, bevor wir über ein solches Ratsbegehren entscheiden.
herrsching.online: Sie haben noch keine gefestigte Meinung darüber, ob Sie einen Bürgerentscheid befürworten oder ablehnen?
Gruber: Tendenziell halte ich einen Bürgerentscheid nicht für nötig. Bis wir uns zu einem Entschluss durchgerungen haben, hat sich die Mückenplage längst erledigt – zumindesten für dieses Jahr. In den letzten Jahren hatten wir überhaupt kein Problem mit Mücken.
herrsching.online: Ein Bürgerentscheid würde ja vermutlich erst im Herbst stattfinden, und dann gibt es voraussichtlich keine Mückenplage mehr. Es gibt Bürger in Herrsching, die den Antrag der FDP als populistisch bezeichnen. Halten Sie den Antrag für politisch motiviert?
Gruber: Das kommentier ich jetzt mal nicht.
Hier nun die Fragestellung für einen Bürgerentscheid. Diesen Wortlaut schlägt die FDP in ihrem Antrag vor:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Herrsching am Ammersee die Genehmigung der Oberen Naturschutzbehörde zur Ausbringung des Bakterienextraktes BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) auf den als Mückenbrutstätten festgestellten Überschwemmungsflächen durch Drohnen und Handspritzgeräte beantragt, wenn die Obere Naturschutzbehörde aufgrund einer Mückenplage eine solche Genehmigung in Aussicht stellt?„
41 Wörter, 1 eingeschoben Nebensatz mit dass und wenn, 1 Fremdwort das als chemischer Fachbegriff Sachwissen voraussetzt… nun man koennte es dem Bürger schon leichter machen und prägnanter formulieren. Aber jetzt ist die Sache ja zum Glück vom Gemeinderat mit großer abgewählt worden. Auch die Fraktion der FDP findet sicher dringlichere Probleme für zukünftige Anträge.
Nun, man hat den Wortlaut aus Eching am Ammersee, der bereits von der Rechtsaufsicht für gut befunden wurde. Es ist also nicht die FDP, die ihn formuliert hat, sondern vermutlich ein Jurist im Landratsamt Landsberg. Und man geht natürlich davon aus das ein Ratsbegehren, daß bei einer Gemeinde + Landratsamt okay ist, daß es dann auch bei anderen funktioniert.
Aber die Angst in Herrsching vor dem Ratsbegehren schein so groß zu sein, daß man sich hinter Bergen von Bürokratie verschanzt.
Und wie könnte ich mich bei dieser Fragestellung für ein „NEIN “ entscheiden? Oder käme da noch die „Ja – Nein“ Kreuzchenmachvariante dazu?
Die letzte Frage ist doch eigenartig, was bitte hat ein solches Ansinnen mit Populismus zu tun? Wer die Diskussion verfolgt bemerkt sehr stark, daß unliebsame Realitäten ausgeblendet werden: zum Einen sind Herrschingerinnen und Herrschinger, die näher an den Brutstätten leben, als andere stärker betroffen und wo bitte ist dann die in diesen Tagen so viel beschworen Empathie und das Verständnis füreinander? Zum Anderen will man nicht verstehen, daß der Chemieeinsatz von mal zu mal mehr wird! Die Mengen an Repellenzen mit DEET/Icaridin, MastaKill und TermaCELL erreichen neue Rekorde, von mal zu mal. Letztlich landet das alles in der Natur und ist schwer abbaubar.
Wenn das der Weg ist den man gehen möchte und dabei riskiert, daß der Ammersee einen neuen Spitznamen bekommt und zum „Mückensee“ wird, dann sollte man diese Argumentation einfach weiterführen. In Wirklichkeit ist es Doppelmoral in Reinkultur.
Jede Diskussion, die einem nicht passt aber mit „Populismus“ abzutun ist der Traum von Grünwählern, verfängt aber nur noch bei einer kleinen Minderheit und treibt die Wählerinnen und Wählern zunehmend an die Ränder. Auch Herrsching.Online hat die Aufgabe einen fairen Diskurs zu führen, zuzuhören und so für Zusammenhalt und vernünftiges Miteinander zu sorgen, zur Stärkung einer breiten, demokratischen Mitte mit lebendiger und offener Streitkultur.
Nicht ärgern. Den Grünen wird oft genug „Ideologie“ unterstellt, das ist auch nicht besser als der Populismus-Vorwurf 🙂
Ich weiß nicht, ob Sie in der gestrigen Gemeinderatssitzung dabei waren? Dort sind sehr viele Gründe dargelegt worden, weshalb die Genehmigung eines BTI-Einsatzes bei uns in Herrsching wahrscheinlich auf enorme Schwierigkeiten stoßen würde.
Und was die Schadstoffe angeht: auch das BTI müsste in den Kläranlagen mit großem Aufwand wieder aus dem Wasser entfernt werden.
Mir wurde nur von der Gemeinderatssitzung von fachkundiger Seite berichtet und es war leider der Wissenstand von 2017, Herrsching hat keinen Erkenntnisgewinn, leider. Aber man bringt nur all diese Halbwahrheiten und Unwahrheiten hervor, obwohl man es eigentlich besser weiß. Die Frage ist aber, ob die Bürgerinnen und Bürger das hinnehmen? Von Eching haben wir gelernt, daß auch „niemand den Bti-Einsatz möchte“ und dann kam das Ratsbegehren mit 80% JA! Davor hat man doch auch in Herrsching Angst, weil man sich dann richtig anstrengen muß. Deshalb hat man versucht das Ratsbegehren irgendwie zu verhindern.
Bti muss nicht in der Kläranlage geklärt werden, da es sich nach ca. 4 Jahren unter Einwirkung von UV-Licht zersetzt, das ist beben der Vorteil bei einem Eiweiß gegenüber MastaKill, das sehr lange in der Natur bleibt. Ausserdem wird Bti ja in den Überschemmungstümpel ausgebracht, wie soll das Wasser den überhaupt in die Klaranlage kommen ?. Ihr Argument ist doch typisch für die Diskussion. Hautsache ich kann etwas dagegen sagen, auch wenn es völlig sinnfrei ist. Bitte entschuldigen Sie die deutlichen Worte, aber es ist einfach ein gutes Beispiel.
Die Schwierigkeiten sind so groß, daß andere Gemeinden mit sehr viel kleineren Verwaltungen alles organisieren konnten: Kartierung, Beantragung, Bekämpfungsteam, alles in 2,5 Jahren. Dieses Jahr wurde in Dittenheim an der Altmühl bereits 2x Bti ausgebracht um 2 Mückenplagen großen Ausmaßes zu verhindern. Wie bitte geht das, wenn doch alles so unglaublich kompliziert sein soll?
Wer nicht will der findet Gründe, wer es aber möchte, findet Lösungen. Die Verwaltung und der Bürgermeister verschanzt sich hinter Bürokratie und seinem mangelnden Detailwissen, das hat man ja schon an der Stellungnahme gesehen.
Ich habe soeben an anderer Stelle auf Ihren Beitrag geantwortet und die nachstehende Stellungnahme des Bund Naturschutz Traunstein schon einmal verlinkt. Vielleicht schauen Sie sich den Artikel einfach mal an.
https://traunstein.bund-naturschutz.de/brennpunkte/bti
Da sind gewiss keine Leute am Werk, die Halb- und Unwahrheiten verbreiten.
Dass BTI in den Kläranlagen zum Problem werden kann, ist übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern das hat mein Mann von einem, der es wissen muss, im Gespräch erfahren. 4 Jahre, bis die Substanz wieder abgebaut wird, sind eben doch eine ziemlich lange Zeit, in der das BTI sehr wohl auch den Weg ins Abwasser finden kann.
Das habe ich auch immer gedacht, daß beim BN Fachleute sitzen, die sind dort sicherlich auch, aber ich kann ihnen sagen, daß das Schreiben des BN aus Traunstein wirklich ein sehr undifferenziertes Schriftstück ist, daß eher Angst machen soll, als die Realität widerspiegelt. Es würde jetzt zu lange dauern, dies hier alles zu argumentieren, aber als ich es las bin ich sehr vom Glauben abgefallen, was die Seriosität des gemeinhin so angesehen BN angeht.
Ich gehe exemplarisch auf einen Punkt ein: sie sprechen über die Zuckmücken – im übrigen handelt es sich um die Zuckmückenlarven – die natürlich eine wichtige Nahrungsquelle für Fische sind und theoretisch von Bti geschädigt werden können. Bis zu diesem Punkt sind die Meinungen nicht unterschiedlich.
Differenzieren muss man nun aber, ob Zuckmückenlarven und Überschwemmungsmückenlarven überhaupt an ähnlichen Orten leben, und das ist eben nicht der Fall. die Zuckmückenlarven entwickeln sich am Grund im aquatischen Bereich, also direkt am Flußgrund oder am Seegrund, im Ufernahen Bereich! Die Überschwemmungsmücken aber in den Tümpeln, die sich in Wiesen und auf Äckern bei Überschwemmungen erst bilden und sie befinden sich an der Wasseroberfläche. die kleinste Welle macht ihnen sehr zu schaffen, weil sie mit ihrem kleinen Schnorchel an der Wasseroberfläche immer wieder atmen und die Fische würden sie zudem sofort abfressen. Also wo es Fische gibt, da gibt es keinen Ü-Mückenlaven und damit auch keine Mückenplage!
Deshalb muß man dort wo die Zuckmückenlarven leben gar kein Bti ausbinden und darf das übrigens auch nicht, nicht im Fluß oder im See oder allen Nebenarmen, die mit dem Gewässer in Verbindung stehen können, um die Schädigung eben der Zuckmückenlarven zu verhindern
Zudem sind die Zuckmückenlarven weniger empfindlich auf Bti und bekanntermaßen macht die Dosis das Gift. Sollten jedoch geringe Mengen des Bti in den See gespült werden, werden diese natürlich sehr schnell verdünnt und die wenn überhaupt, dann ist die Schädigungswirkung sehr gering. Ich denke das ist sehr gut nachvollziehbar. Jedenfalls sind die Vogelbestände in den Gebieten am Oberrhein nicht zurück gegangen, hier hat man fast 40 Jahre Erfahrung mit dem Einsatz und hat diese Wechselwirkungen sehr genau beobachtet.
Sehen Sie und das ärgert viele an dem BN-Artikel, daß er diese Details – wissentlich oder unwissentlich – ausklammert sondern so tut, als wären die Zuckmückenlarven vollends vom Bti betroffen.
Sie sprachen gerade über Glauber, Bayerisches Umweltministerium. Warum haben die beiden Umweltminister in Baden-Württemberg von Bündnis 90/Die Grünen die Bti-Ausbringung nicht längst gestoppt, wenn es so ein massiver Eingriff in die Natur sein soll?
Und der BN drückt sich stets um die Stellungnahmen zu AntiBrumm, Autan und Co, denn die landen nun tatsächlich in den Gewässern, beim Baden oder nach dem Duschen über den Umweg über die Kläranlage, die sie nicht herausfiltern kann. Oder auch vor dem Einsatz von Insektiziden wie Masta-Kill. Haben Sie sich schon mal gefragt, warum man zu Mückenplagen keine Insektenmittel mehr in Drogerien, Supermärkten oder Baumärkten kaufen kann? Wo das wohl alles landet? Die Bürger sagen es einem, wenn man genau zuhören will.
so schlimm wie hier getan wird ist diemückenplage auch wieder nicht. wir hatten schon ganz andere Jahre mit sehr vielen Mücken.
Ich hoffe, dass kein Buergerbegehren mit diesem sehr speziell formulierten und semantisch anspruchsvollen Satz den Herrschinger Bürgern bei einem Buergerentscheid zugemutet wird. Ich meine, dass eine solche Fragestellung in ein juristisches Hauptsseminar an der Universität gehört und nicht auf einen Wahlschein.
So schwierig ist der Satz nun auch wieder nicht zu verstehen.
Die Obere Naturschutzbehörde ist nun mal eine wichtige Institution, an der man nicht vorbeikommt, wenn man ein Unterfangen wie den BTI-Einsatz in bestimmten Gebieten planen möchte.
Genau, sehr wichtig und gleichzeitig verhindern sie extrem viel. Auch beim Ausbau der Infrastruktur ist das ein großes Problem. Zurück zur Natur, wer braucht da schon eine pünktliche Bahn?