„Liebe, Partnerschaft, häusliche Gewalt, Schule, Straffälligkeit und Rauschmittel“ beschäftigen die Herrschinger Jugend am intensivsten. Mit dieser „Hitliste“ der Probleme seien die gemeindlichen Jugendpfleger gut ausgelastet, sagten Julia Schmidbauer, Christian Kreilkamp und Streetworker Jan Pleines im Gemeinderat. Das „Stellwerk“-Haus in der Baderstraße werde im Monat von etwa 100 Jugendlichen besucht. Und sie werden immer jünger: Die Jugendlichen seien in der Regel zwischen 12 und 15 Jahre alt, Mädchen und Jungen hielten sich die Waage. Im „Stellwerk“ können die Jugendlichen, die zu Sozialstunden verpflichtet wurden, ihren staatlich verordneten Dienst ableisten. Es sei festzustellen, dass die Probleme bei Jugendlichen zunähmen. Deshalb arbeite man auch mit der Drogenberatung Condrops und dem Herrschinger Verein „Frauen helfen Frauen“ zusammen. „Jugendliche gehen mit dem Thema Rauschmittel sehr naiv um“, weiß die Sozialreferentin Schmidbauer. Sie weiß aus vielen Beratungsgesprächen, dass die Auffassung unter vielen Jugendlichen vorherrsche: „Was (für die Gesellschaft) legal ist, das kann nicht schädlich sein.“ Wobei weder Zigaretten noch Alkohol unter 18 legal sind, selbst nach der Legalisierung von Cannabis bleibt das Gras – theoretisch – für Jugendliche tabu. Und in Sichtweite von Schulen und Jugendeinrichtungen dürfe Marihuana auch künftig nicht verkauft werden, sagte der Drogenbeauftragte der Herrschinger Polizei, Patrick Ortmann, im Gemeinderat.
Streetworker Jan Pleines, auch im Gemeinderat stylisch mit Baseballmütze bekleidet, gab einen Überblick über die Treffpunkte der Jugendlichen. Der Endbahnhof der S8 sei natürlich ein beliebter Treffpunkt nicht nur für Herrschinger Jugendliche, auch der Kurpark sei hochfrequentiert. Beliebt seien auch die überdachten Sitzplätze der nahen Gemeindebibliothek für Gruppen zwischen 14 und 18 Jahren. Pleines berichtete auch von einem traurigen Schicksal eines jungen Menschen, der zu Hause rausgeworfen worden war, eine Notschlafstelle fand und dann in die Kriminalität abgerutscht war. Um dem Jungen Halt zu geben, begleitet ihn der Streetworker sogar zu Gerichtsverhandlungen.
Gemeinderätin Hannelore Doch berichtete, dass inzwischen auch der Friedhof ein Hotspot jugendlicher Kommunikation geworden sei. Alexander Keim wollte wissen, wie es mit dem Angebot an psychologischer Beratung aussehe. Jugendpfleger Kreilkamp räumte ein, dass man da an Grenzen stoße, aber man pflege ein hilfreiches Netzwerk, um Jugendliche weitervermitteln zu können. „Leider gibt es Wartezeiten bis zu 6 Monaten.“ Rainer Guggenberger beklagte eine Zunahme der Aggressität unter Jugendlichen.
Vielleicht ist auch die gefühlte „Heimatlosigkeit“ am Bahnhof ein Grund dafür. Streetworker Pleines: „Es gibt einen großen Wunsch nach überdachten Sitzmöglichkeiten.“ Und es gebe auch eine weitverbreitete Befürchtung, irgendwann Herrsching verlassen zu müssen: „Die Angst, aus Herrsching wegziehen zu müssen, weil man sich die teure Gegend nicht mehr leisten kann, ist verbreitet.“
Eine Heimat für Jugendliche in Breitbrunn könnte der Wohnwürfel hinter der Heilig-Geist-Kirche sein. Pfarrer Simon Rapp, Kirchenpfleger Christoph Welsch und die neuen Jugendräte Felix Störig und Lea Harsch trafen sich mit Breitbrunner Jugendlichen, um zu beraten, ob das Mini-Haus als Jugendtreff geeignet wäre. Hilfsweise würde sich auch ein Raum im Kirchenkomplex Heilig Geist anbieten.