• Regenwasser, das in die Kanalisation abgeleitet wird, kostet ab 1. Januar Gebühren
• Eine Doppelhaushälfte könnte im Jahr 177 Euro Entwässerungsgebühr kosten
• Viele Häuser sind nicht an die Regenwasser-Kanalisation angeschlossen und gebührenfrei
• Naturflächen und versiegelte Flächen werden separat vermessen und berechnet
• Wer mehr Grün auf dem Grundstück hat, zahlt weniger
Das war der alten Dame nicht geheuer: Es rauchte aus der Dachrinne, und wo Rauch ist, muss auch Feuer sein – also alarmierte sie über den „Dorffunk“ die Erlinger Feuerwehr. Die kam, sah – und zog ab. Es rauchte zwar, aber es brannte nichts – die AWA Ammersee Wasser- und Abwasserbetriebe hatten Disconebel durch das Abflussrohr der Dachrinne gejagt. Was sich anhört wie ein Faschingsscherz der Wassermänner, ist eine ernste Sache: Mit dieser Methode ermittelt die AWA, wo Regenwasser in die Niederschlagskanalisation geleitet wird. Und das kostet künftig Geld. Bisher hatten die Gemeinden die Regenwasserabführung ohne Extrakosten selbst erledigt und mit eigenen Haushaltsmitteln bezahlt. Dienstleister AWA lässt sich nun die Wasserspende bezahlen – mit 1,21 Euro pro Quadratmeter.
Für eine Doppelhaushälfte mit 400 Quadratmeter schlägt die Entsorgung von Regenwasser künftig mit 177 Euro jährlich zu Buche, bei einem 2300 Quadratmeter großen Betriebsgelände werden bis zu 1300 Euro fällig. Das ist die weniger gute Nachricht. Aber AWA-Chef Maximilian Bleimaier hat auch 2 gute News:
• Viele Häuser sind gar nicht an die Regenwasserkanalisation angeschlossen – das Wasser versickert auf dem Grundstück. Also fallen auch keine Gebühren an. Und noch eine tröstliche Nachricht:
• Jeder Hausbesitzer kann die Gebühren selber verringern, in dem er versiegelte Flächen auf dem Grundstück durch Rasenflächen oder Gittersteine ersetzt. Ganz radikal kann er sein Flachdach sogar begrünen, das spart gleich 50 Prozent Gebühren ein.
Die AWA hat mit einem technisch aufwendigen Verfahren die Regenmengen jedes einzelnen Grundstücks erfasst. Motto: Wer viel ablässt, zahlt auch viel.
Dachflächen Ziegel, Dachpappe Metal, Glas Schiefer | Abflussbeiwert 1,0 |
Flachdach Kies | Abflussbeiwert 0,8 |
Gründach | Abflussbeiwert 0,5 |
Straßen, Wege Plätze Hofflächen: Asphalt, Beton | Abflussbeiwert 1,0 |
Straßen, Wege Plätze Hofflächen: Pflaster | Abflussbeiwert 0,7 |
Straßen, Wege Plätze Hofflächen: Kiesflächen (locker) | Abflussbeiwert 0,5 |
Straßen, Wege Plätze Hofflächen: Rasengitter | Abflussbeiwert 0,4 |
Je höher der Abflussbeiwert, desto teurer wird die Regenwasser-Rechnung: Der Beiwert wird mit der Dach-, Straßen-, Wege oder Platzfläche multipliziert | |
Beispiel: Dachfläche Gründach: 100 qm x 0,5 ergeben eine Nettofläche von | 50 qm |
AWA-Chef Maximilian Bleimaier sieht das ganz pragmatisch: „Nur wenn’s an den Geldbeutel geht, verändert sich tatsächlich etwas. Wenn jemand eine Dachfläche hat, von der man das Regenwasser in die Kanalisation ableitet, ändert sich daran nur etwas, wenn er dafür Gebühren entrichten muss.“
Je weniger Regenwasser in die Flüsse exportiert wird, desto höher bleibt der allgemeine Grundwasserspiegel. Diese Versickerung in die heimische Scholle macht auch Hochwasser weniger dramatisch. „Und man fördert durch die Versickerung das Mikroklima, weil Verdunstungskälte die Lufttemperatur reduziert“, sagt Bleimaier.
Dass asphaltierte und betonierte Flächen der Worst Case der Regenwasser-Manager ist, verwundert niemanden. Auch Ziegeldächer, Dachpappe, Metall, Glas und Schiefer überm Kopf werden bestraft – für diese Regenwasser-Abführmittel gibt es den Abflussbeiwert 1,0. Das bedeutet: Brutto ist gleich Netto. Es gibt für die Haus- und Versiegelungsfläche keinen Rabatt. Wer aber auf seinem Dach das Gras wachsen lässt oder lockere Kiesflächen im Garten hat, bekommt den Beiwert 0,5, also 50 Prozent Abschlag. Eine Wiese ums Haus geht gar nicht in die Berechnung ein, weil sich jeder Regentropfen ins Erdreich bohrt und nicht im Kanal entsorgt wird.

Und wie werden die einzelnen Grundstücke im Verbandsgebiet nun kartiert? „Google Earth“, erklärt Bleimaier, „ist eine technische Möglichkeit. Das wird heute mit sogenannten Befliegungsdaten gemacht. Die sind uns aber zu ungenau. Viele Abwasserbetriebe im Bundesgebiet lassen einen Laserscanner per Flugzeug über die Dörfer fliegen und erfassen, welche Flächen ans Kanalnetz angeschlossen sein könnten. Dann werden die Bürger angeschrieben, und die müssen verifizieren, welche Flächen angeschlossen sind und welche nicht.“
Das aber sei ein unglaublicher bürokratischer Aufwand, „weil sich viele Bürger gar nicht zurückmelden, und viele melden das Falsche zurück. „Deshalb haben wir an vielen Gebäuden eine Signalnebel-Berauchung durchgeführt. Dabei wird Glycerin verdampft. Das ist nichts anderes als Disconebel. Das blasen wir in die Rohre rein, dann steigt der Rauch je nach Wetterlage mehr oder weniger gut aus allen Öffnungen raus, die angeschlossen sind. So können wir sehen, welche Dach- und Hofflächen definitiv ans Kanalnetz angeschlossen sind. Und wir können genau das Maß nehmen. Ein AWA-Mitarbeiter geht dabei mit einem GPS-Stab ums Haus und ermittelt die Flächengrößen.“
Für den Dächer-Check haben wir auch Drohnen, die über die Anwesen fliegen. Als Beispiel nennt er die Grundschule in Andechs: Sie hat Metalldächer, und in der Mitte befindet sich ein eigenens Gründach. Metalldach- und Grünfläche werden exakt ermittelt und gehen dann in die Gebührenberechnung ein.
Die neue Gebührenregel gilt ab 1. Januar 2024. Die Hausbesitzer haben bis zum Zahltag aber noch eine Frist: Die Abschlagszahlung beziehungsweise die Rechnung kommt erst in der Mitte des Jahres, eine Gesamtabrechnung am Ende des Jahres.
Sollte nun ein Hausbesitzer plötzlich auf ganz grünen Pfaden wandeln und Pflaster, Asphalt oder Beton gegen Rasen oder Wiese eintauschen, muss er sich bei der AWA melden. Die kommt dann vorbei und schaut sich das grüne Wunder an. Der Lohn kommt dann in Form einer reduzierten Rechnung. Grün lohnt sich wieder.
Aus dem Artikel werde ich nicht ganz schlau, für was nun die zusätzlichen Gebühren von der AWA erhoben werden. Zum Einen wird die Einleitung des Regenwassers in die Kanalisation (Schmutzwasserkanal?) angeführt, und dann die Einleitung des Regenwassers in die Regenwasser-Kanalisation (wusste gar nicht, dass dies als privater Häuslebauer möglich ist, kann mich aber auch täuschen). Ich dachte, der Regenwasser-/Tagwasser-Kanal dient ausschließlich der Straßenentwässerung.
Ich kenne nur die beiden Möglichkeiten, das Regenwasser in die Schmutzwasserkanalisation einzuleiten (Mischsystem) oder auf dem eigenen Grundstück mittels Rigolen, Mulden oder Sickerschächten versickern zu lassen (Trennsystem). Nach meiner Kenntnis ist das Mischsystem seit längerem bei Neubauten auch nicht mehr erlaubt für private Bauherren. Aus diesem Grund verlangt die AWA einen sogenannten Versickerungsnachweiß auf dem eigenen Grundstück, der dem Bauantrag beizulegen ist.
Nachdem der Tagwasserkanal im Bereich des Neubaus Gymnasium Herrsching (kein privater Häuslebauer) erneuert und im Querschnitt vergrößert wurde, kann davon ausgegangen werden, dass das anfallende Regenwassser der Dach- und Pflasteflächen in den neuen Tagwasserkanal eingeführt wird; dies bedeutet bei der Grundstücksgröße von ca. 42.000 m² eine jährliche Gebühr in Höhe von ca.30.000.-€.