Gemeinde-Kämmerin Miryam Goodwin

Das Sparschwein der Gemeinde ist jetzt klapperdürr

4 mins read

Die gute Nachricht zuerst: Im nächsten Jahr muss Herrsching keinen Kredit aufnehmen. Die schlechte gleich hinterher: Die Gemeinde braucht in diesem Jahr noch ein 1,6 Millionen-Darlehen. Der Gemeinderat applaudierte trotz angespannter Kassenlage der Gemeindekämmerin Miryam Goodwin – sie brachte auch in Zeiten größerer Begehrlichkeiten des Landkreises einen ausgeglichenen Haushalt fürs nächste Jahr zustande. Die liquiden Mittel der Gemeinde sind jetzt fast aufgebraucht.

Alle Grafiken und Tabellen: Gemeinde Herrsching

Lust auf ein paar Zahlen? Der Haushalt umfasst für dieses Jahr stolze 36,9 Millionen – 11,9 Millionen wurden für Anschaffungen und Baumaßnahmen investiert. Weil die Zinsen steigen, das Bauen immer teurer wird und der Kreis mehr Geld braucht, hat das „Sparschwein“ im Rathaus eine krasse Diät erlebt. „Die liquiden Mittel sind fast vollständig abgeschmolzen“, beklagt die Kämmerin, „im Vorjahr betrugen die liquiden Mittel noch 4,2 Millionen.“

Dabei sprudeln die Steuerquellen immer noch munter: 21,4 Millionen steuerten Herrschinger Betriebe und Bürger zum Haushalt bei. „Der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (9 Millionen) wird voraussichtlich auf Vorjahresniveau bleiben“, glaubt Goodwin, „bei der Gewerbesteuer wird das Ergebnis deutlich besser als im Vorjahr ausfallen.“ Kein Wunder – der Hebesatz wurde von 300 auf 320 Prozent erhöht.

Die größten „Kostgänger“ im Gemeindehaus 2023:

• das Kinderhaus am Fendlbach kostet in diesem Jahr 2,6 Millionen (gesamt rund 7 Millionen)

• der luxuriöse Pausenhof für die Grund- und Mittelschule verschlang in 2023 rund 400 000 Euro (gesamt 1 Million)

• die Straßenbeleuchtung kostet dieses Jahr 300 000 Euro (gesamt 400 000)

Und wie geht’s 2024 weiter?

Die Gemeinde kann voraussichtlich mit 31 Millionen Erträgen rechnen. Davon allein steuert die Einkommenssteuer 9,6 Millionen bei, ähnlich hoch die Gewerbesteuer 9,9 Millionen. Die übrigen Steuerquellen:

Man sieht an der Hundesteuer: Kleinvieh macht auch Mist

Bei den anderen Geldquellen erwartet die Kämmerin 2,9 Millionen aus Grundstücksverkäufen und Konzessionsabgaben, aus Gebühren eine Million, aus Mieterträgen 900000 Euro. Ob die gemeindlichen Grundstücke wegen der verschlechterten Marktlage wirklich soviel wert sind, muss sich allerdings erst noch zeigen.

31 Millionen Euro Erträge klingen schön und vielversprechend, aber die Aufwendungen sind leider ähnlich hoch. So beansprucht der Landkreis jetzt vemutlich 1,3 Millionen mehr Geld von Herrsching und kassiert satte 10,23 Millionen. Immerhin bekommt die Gemeinde dafür auch ein Schmuckstück als Gymnasium, die anderen Kommunen im Kreis dürfen nur ihr Geld (und ihre Kinder) schicken.

Wenn die Kämmerin im Fernsehen die Demos der öffentlich Bediensteten sieht, bekommt sie vermutlich Sorgenfalten: Die Personal- und Versorgungsauszahlungen steigen schwindelerregend schnell (kleiner Trost für Miryam Goodwin: Sie profitiert auch von den höheren Bezügen).

Die letzte Nachricht aus der Zukunft: Kämmerin Goodwin rechnet fürs nächste Jahr mit einem positiven Ergebnis von stolzen 11 782 Euro – theoretisch. In diesem Betrag spiegeln sich aber die leicht erhöhten Zuwendungen an Vereine nicht wieder, die der Gemeinderat in der gleichen Sitzung genehmigt hat.

Was ist ein Ergebnishaushalt, was bedeutet Finanzhaushalt?

 Neben dem Ergebnishaushalt steht im Haushalt der Finanzhaushalt, der die Zahlungsvorgänge (Ein- und Auszahlungen) darstellt und damit dem kameralistischen Haushaltsplan ähnelt. Dem Ergebnishaushalt entspricht im Jahresabschluss die Ergebnisrechnung, beide sind gleich gegliedert.

Der Ergebnishaushalt ist also nicht – wie der Wortteil „Ergebnis“ suggerieren könnte – eine Rechnung im Nachhinein, sondern Teil der Haushaltsplanung. Der Begriff meint das wirtschaftliche Ergebnis im Unterschied zum Finanzhaushalt, der nur Geldflüsse darstellt.

2 Comments

  1. Ich fand es interessant, dass sowohl Frau Goodwin wie auch Herr Bgm. Schiller darauf hinwiesen, dass es Pflichtaufgaben der Gemeinde gibt und sog. freiwillige Aufgaben. Diese freiwilligen Zahlungen an die Vereine sind in der Tat im Herrschinger Haushalt sehr großzügig. Dass dann die einmalige Zahlung für den Segelverein für die Renovierung des Vereinshauses von 30000 Euro heruntergeregelt wurde, scheint mir angemessen. Die laufende Beschussung auch für die Kindergruppen in den Vereinen wurde aber zum Glück beibehalten und ist nicht selbstverständlich. Das ist schon ein kommunalpolitisches Ausrufezeichen und muss bei dieser knappen Kasse anerkannt werden. Unser Breitbrunner Gartenbauverein bedankt sich deshalb für die weitere Zahlung für die 16 Kinder (je 60 Euro) und den Verein umra 1000 Euro. Dass die Durchführung von Wahlen (auch Buergerentscheiden) ebenfalls eine Pflichtaufgabe ist, weiß auch nicht jeder Bürger. Wer aber nun für einen gescheiterten Buergerentscheid bzw. die dadurch angefallenen Kosten eines nicht rechtskonformen Entscheides zahlen muss, das werden wir wohl erst in ein paar Monaten durch das Landratsamt Starnberg erfahren. Es koennten also noch 12000 Euro erstritten bzw. „herausprozessiert“ werden. Auch von mir ein Lob an unsere professionell und verantwortungsvoll arbeitende Kaemmerin Frau Goodwin. Ich denke Herr Schiller weiß, was er an ihr hat.

  2. Miryam Goodwin, „sie ist eine Perle“, flüsterte meine Nachbarin in der Gemeinderatssitzung auf mein Lob hin zurück.
    Ja, bewundernswert, wie Frau Goodwin es verstand, so einen an sich trockenen Stoff für uns verständlich und spannend darzustellen.
    Herzlichen Dank!

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Aktuellste Meldungen

Wer wird Pedal-Preisträger?

„Unbeschwert mobil“ – unter diesem Motto beteiligen sich auch heuer wieder alle Landkreiskommunen gemeinsam am Stadtradeln.