Jetzt kommt klammheimlich, versteckt unter Tagesordnungspunkt 6 der nächsten Gemeinderatssitzung, das Kommando Rückzug: Dort heißt es: „Nachtrag 22. 11. 2023 Antrag der CSU-Gemeinderatsfraktion (Ratsbegehren) zur Durchführung eines Bürgerentscheids; Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 25. 9. 2023.“ In dieser Sitzung hatte die CSU-Fraktion mit hauchdünner Mehrheit durchgesetzt, ein Ratsbegehren durchzuführen. Die Fragestellung: „Soll für Gemeinde Herrsching eine Baumschutzverordnung erlassen werden?” Für das Ratsbegehren hatten damals gestimmt: Der Bürgermeister, die CSU-Fraktion (es fehlte Christina Reich), die FDP-Räte Puntsch und Keim und 2 SPD-Gemeinderäte. SPD-Gemeinderat Hans-Hermann Weinen stimmte gegen das Ratsbegehren. Die grüne Fraktion (es fehlte Valentin Schiller) und die Bürgergemeinschaft Herrsching (es fehlte Rainer Guggenberger) stimmten dagegen. Offensichtlich hatte die Kommunalaufsicht des Landratsamtes gestern Nachmittag die Gemeinde darüber informiert, dass ein Ratsbegehren zu diesem Thema rechtswidrig sei.
Ein geheimnisvoller Mail-Absender hat den Stein ins Rollen gebracht: Was die Kommunalaufsicht des Landratsamtes offenkundig nicht wusste, was im Herrschinger Rathaus unbekannt war, was für die CSU eine Blackbox ist, hat ein Bürger mit einer simplen E-Mail aufgedeckt: Über Aufgaben, die der Freistaat den Gemeinden übertragen hat, darf der Bürger nicht abstimmen. Deshalb ist der Bürgerentscheid über eine Baumschutzverordnung rechtswidrig.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte mit dieser Begründung einen Bürgerentscheid zu einer Landschaftsschutzverordnung gekippt. Auch ein Merkblatt zweier Rechtsanwälte von „Mehr Demokrate Bayern” kommt zum gleichen Ergebnis. Jetzt ist die Kommunalaufsicht des Landratsamtes Starnberg am Zug. Teilt sie diese Rechtsauffassung, kann Herrsching 2 000 bereits abgegebene Briefwahlstimmen und 12 000 Euro Verwaltungskosten in die Tonne treten.
In dem Merkblatt von „Mehr Demokratie Bayern” heißt es wörtlich: „Ausgeschlossen vom Bürgerentscheid sind Fragen des „übertragenen Wirkungskreises, also staatliche Verwaltungsaufgaben, die der Freistaat den Gemeinden und Landkreise übertragen hat – zum Beispiel straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, Baumschutz oder Bauvorhaben von Staatsstraßen und Autobahnen.”
Am Montag tagt wieder der Gemeinderat und ein Tagesprogramm liegt vor. Soll ich mir die Zeit nehmen, hinfahren und zuhören, obwohl ich doch nichts sagen darf? Ja, denn ich habe da so eine kleine Hoffnung, dass alle anwesenden Gemeinderäte beim Abstimmen die erzielten Mehrheiten (und dazu gehört auch die mit nur einer Stimme) akzeptieren und kein Ratsbegehren zu einem neuen Buergerentscheid auslösen werden. Bitte liebe Gemeinderäte, glaubt an eure gemeinsame Aufgabe in unserem Auftrag die anstehenden Probleme stellvertretend zu klären, zu besprechen und dann für uns zu entscheiden. Das basisdemokratische Werkzeug Buergerentscheid ist ein geld- und zeitraubendes Mittel für politisch gespaltene Gesellschaften. Das derzeitige Beispiel, dass ein Buergerentscheid für eine Baumschutzverordnung notwendig war…. War das in seiner Bedeutung nicht völlig uebertrieben. Die Baumschutzverordnung ist doch nur ein Teilthema bei der Grünplanung und deshalb auch“nur“ im Verbund des gesamten Konzeptes sinnvoll notwendig. Bitte liebe Gemeinderäte und lieber Buergermeister, denkt an die Sache, wenn ihr jetzt weiterregiert, sonst geht das Vertrauen in die Politiker verloren.