Authentischer geht’s kaum: Ein Buch an einem Ort vorzustellen, an dem viele handelnde Personen lebten – mit einem Publikum, das alle Schauplätze kennt, so etwas nennt man wahrhaft bodenständig: Der Heimat-Historiker und ehemalige Gymnasiallehrer Robert „Robby“ Volkmann präsentierte sein 20. Werk in der über 100 Jahre alten Schlagenhofener Lagerhalle, die in Innings schärfster Kurve steht (und inzwischen eine Disco-Glitzer-Kugel besitzt). „Des hat sich ois aufghört“ heißt das 320 Seiten starke Buch des Zwei-Meter-Manns Volkmann. Bei der Vorstellung band der ehemalige Lehrer (gelernt ist gelernt) das höchst sachverständige Publikum in seinen Vortrag ein. Und nicht nur einmal schlich sich Melancholie angesichts der Vergänglichkeit bäuerlicher Lebensweisen in den Schuppen. Es hat sich so vui aufghört, dass sogar der Autor und Referent mitunter angefasst wirkte.
Eingestimmt wurden die Zuhörerinnen und Zuhörer durch die Vorsitzende des Inninger Vereins für Heimatgeschichte, Jutta Göbber. Autor Volkmann lobt sie im Buch sie als „nimmermüden Motor“ des Projekts. Dass sie mit dem bäuerlichen Leben sehr vertraut ist, merkte man spätestens an ihrer Bemerkung über die „blöde Anfangszeit“ der Veranstaltung: „Um fünf Uhr müssen die Bauern in den Stall, da haben sie keine Zeit für Kultur“, kritisierte sie sich selbst. Zu Volksmanns 20. Buch passte die Randbemerkung, dass der fast zum „Universalgelehrten“ gereifte Autor viele Bücher ohne Autorenhonorar schrieb. Ja, irgendwann, hoffentlich erst in ferner Zukunft, wird eine Straße nach ihm benannt werden.
Mit einem Bild von einem üppigen Bauernschmaus begann Volkmann die Entmystifizierung des Bauernlebens: „Das Bild mit dem vielen Fleisch ist ein Fake-Bild – bei den Bauern gab es selten Fleisch.“ Dass die Bauern noch viel stärker vom Wohlwollen des Wetters abhängig waren, förderte die Volksfrömmigkeit – und den Aberglauben. So soll Inning vom Hagel eher verschont worden sein, weil hier die Kirchenglocken länger läuteten als im verhagelten Hechendorf. Und dann wurd’s traurig, und ganz ruhig im Saale: Volkmann erzählte von einem alten Bauern, dem nur noch eine Kuh geblieben war. Er liebte sie so sehr, dass er ihr Kartoffeln kochte, die sie aus dem dampfenden Topf fraß. Dann sagte er traurig: „Und morgen wird sie auch abgholt.“ 2 Tage später starb auch der Bauer mit 89, vielleicht an gebrochenem Herzen.
Dann geschah, was Jutta Göbber geheimnisvoll als Aufmarsch von „Robbys“ Gespielinnen ankündigte. Schlagenhofens nostalgische Musterbauern Annette und Andreas Drexl trieben ihre Kühe vorbei am Lagerhaus über die Dorfstraße heim in den Stall – jede mit einer prächtigen Kuhglocke geschmückt. Ob das Geläut aus festlichem Anlass für Robert Volkmann angelegt worden war, ist nicht bekannt. Mehr Ehre kann einem Autor auf jeden Fall nicht widerfahren. Dagegen ist der Literaturnobelpreis eine jämmerlich stille Veranstaltung.

Das herrliche Buch „Des hat sich ois aufghört!“ kostet nur, ja: nur 22 Euro (dank der Sponsoren und der Bankspenden) und ist in der Inninger Bücherei Herrschinger Straße 3 und per E-Mailbestellung bei jutta@goebber-inning.de oder beim Verfasser volkmannrobert@web.de erhältlich. Redaktionstipp: Kaufen.