Das Grundwasser geht trotz des feuchten Augusts zurück, die Brunnen in Breitbrunn und Ried könnten im Herbst nicht mehr genügend Reserven für eine Förderung haben. AWA-Chef Maximilian Bleimaier und der Technische Leiter der „Wassergewinnung Vierseenland”, Thomas Tinnes, prangern im Interview mit herrschng.online die Wasserverschwendung durch Swimmingpools und exzessives Rasenbewässsern an. Auch die Versiegelung auf privaten Grundstücken ist für die beiden Wasserexperten ein Grund zur Sorge: „Wir müssen das der Bevölkerung immer wieder sagen, dass das Wasser vor Ort versickern muss und nicht in der Kanalisation abgeleitet wird“, betont der Leiter der Wassergewinnung, Tinnes. Eine grüne, ästhetisch ansprechende und sichere Möglichkeit sieht AWA-Chef Bleimaier in der Begrünung der Dächer. „Ein professionell gebautes Gründach ist absolut dicht – auch über Jahre hinweg. Ein Gründach verbessert nebenbei auch das Mikroklima im Haus und Garten.„

herrsching.online: Ist das Befüllung eines privaten Swimmungpool noch erlaubt?
Bleimaier: Pools passen nicht mehr in unsere Zeit…
Tinnes: Pools sind eigentlich ein No-Go. Auch den Rasen zu sprengen ist ein absoluter Luxus. Regenwasser sammeln dagegen ist ein Muss. Wenn man das manchen Kunden so sagt, kommt die Reaktion: Der hat sie ja nicht mehr alle, das Wasser kommt aus dem Hahn, und ich kann mir das leisten. Mit dem Wasser muss sorgsam und sparsam umgegangen werden. Wir betreiben schließlich einen Riesenaufwand, um gesundes Wasser zur Verfügung zu stellen.
herrsching.online: Helfen wir dem Grundwasser, wenn wir auf den Grundstücken die Versiegelung zurückfahren und weniger Wasser in die Kanalisation leiten?
Bleimaier: Das ist im Landkreis Starnberg mit dem starken Siedlungsdruck und dem Zuzug sehr schwierig. Aber es gibt noch viele ungenützte Möglichkeiten, Regenwasser statt in die Kanalisation zu leiten, auf dem Grundstück versickern zu lassen. Wir haben zum Beispiel auf unserer Garage das Blechdach gegen ein Gründach ausgetauscht. Das ist eine Entsiegelung, die jeder leisten kann, wenn eh etwas an einem Pult- oder Flachdach repariert- oder verändert werden muss.
Tinnes: Wir müssen das der Bevölkerung immer wieder sagen, dass das Wasser vor Ort versickern muss und nicht in der Kanalisation abgeleitet wird.
Bleimaier: Das Stichwort heißt dezentrale Versickerung.
herrsching.online: Viele Städte bieten finanzielle Anreize, um diese lokale Versickerung zu fördern. Was, Herr Bleimaier, macht da die AWA?
Bleimaier: Ein Grundstückeigentümer zahlt keine Abwassergebühren für versickertes Regenwasser. Versiegelte Fläche lässt sich in Quadratmetern ausweisen. Und für diese versiegelten Quadratmeter und an die Kanalisation angeschlossene Fläche zahlt der Grundstückseigentümer eine gewisse Gebühr. Ist eine Fläche beispielsweise teilversickerungsfähig, zahlt man weniger.
herrsching.online: Bei Starkregen-Ereignissen trägt ja Wasser, das nicht versickert, sondern in der Kanalisation abgeleitet wird, möglicherweise sogar zum Hochwasser bei.
Bleimaier: Ja, genau. Denn am Ende der Regenwasserkanalisation ist ein Gewässer.
herrsching.online: Wie kann man die Bevölkerung problemsichtig machen?
Tinnes: Panikmache ist falsch. Da hilft nur Aufklärung schon im Kindergarten und in der Schule. Bei Erwachsenen wird’s schon schwieriger – der eine setzt sich damit auseinander, der andere nicht.
herrsching.online: Der Bürger, die Bürgerin verbraucht ungefähr 125 Liter Wasser am Tag. Hat sich dieser Verbrauch durch die Berichte über den Klimawandel geändert?
Tinnes: Aktuell nicht, aber in den letzten 30 Jahren ist der Durchschnittsverbrauch zurückgegangen. In den Achtziger Jahren waren wir bei 160, 180 Liter pro Kopf und Tag.
herrsching.online: Worauf führen Sie das zurück?
Bleimaier: Auf sparsamere Haushaltsgeräte bei Wasch- und Geschirrspülern. Aber auch auf die Spartaste an den Toiletten. Dadurch sind keine 10 Liter mehr durchgejagt worden, sondern nur noch 3 Liter.
Tinnes: Die Technik hat uns diesen Fortschritt gebracht, weniger die Gesinnung. Manchmal liegt es auch an den Generationen. Es gibt ältere Menschen, die sehr sorgsam mit Trinkwasser umgehen und im Jahr 40 Kubikmeter verbrauchen, und dann gibt es auch Familien mit Pool, die pro Person 350 Kubikmeter und mehr brauchen. Und wenn dann noch ein Gartenzähler installiert ist, um Abwassergebühren zu sparen, ist die Enthemmung ganz groß.
herrsching.online: Sie wollen sagen, dass der Wasserverbrauch eng mit dem Wohlstand korreliert?
Bleimaier: Mit Sicherheit. Man kann in manchen Gärten beobachten, dass der Rasensprenger tagsüber läuft, obwohl die Sonne 60 Prozent des Wasser gleich wieder durch Verdunstung mitnimmt.
Tinnes: Es gibt Gemeinden in Bayern, bei denen der Hochbehälter nur durch die Poolbefüllung leerläuft.
Bleimaier: Man könnte diese Wasserverschwendung auch durch Gesetze und Verordnungen verbieten. Wir machen das nicht, das muss ich noch einmal klarstellen, aber es gibt kleinere Gemeinden, die verbieten das Befüllen des Pools über die normale Wasserversorgung. Die müssen ihren Pool mit Regenwasser befüllen.
herrsching.online: Es gibt doch nicht mehr so viele Pools, wir haben ja vor der Haustür den schönsten Pool, der mit 25 Grad temperiert ist…
Bleimaier: Doch, es gibt immer mehr Pools, schauen Sie mal bei Google Earth nach. Aber da sehen Sie nur die Outdoor-Pools, überdachte Becken entdeckt man da ja gar nicht.
Tinnes: Aber denken Sie auch an die kleinen Pools, die es bei Discountern zu kaufen gibt…
herrsching.online: …Pop-up-Pools…
Tinnes:…die mehrere hundert Liter Wasser verschlucken.
herrsching.online: Wie kann man die Bürger animieren, ihre Dächer zu begrünen?
Bleimaier: Früher gab es auch schon begrünte Dächer, die jedoch nicht immer dicht waren. Und das haben viele immer noch im Kopf: Ein grünes Dach ist gefährlich. Dabei ist heute ein professionell gebautes Gründach absolut dicht – auch über Jahre hinweg. Ein Gründach verbessert nebenbei auch das Mikroklima im Haus und Garten.
herrsching.online: Geeignet sind ja eigentlich nur Flachdächer für eine Begrünung?
Bleimaier: Pultdächer sind auch geeignet. Ich könnte mir auch vorstellen, dass Gründächer irgendwann verpflichtend in Bebauungsplänen vorgeschrieben werden. In Berlin zum Beispiel hat die Versiegelung ein Ausmaß erreicht, dass aktiv Werbung für Gründächer gemacht wird. Die Stadt fördert einen Umbau dahingehend.
herrsching.online: Wäre auch mal eine Idee für Herrsching… Herr Bleimaier, muss Herrsching in Sachen Ökologie aufholen?
Bleimaier: Generell sehe ich Herrsching nicht als Gemeinde, die unökologisch denkt und handelt. Herrsching ist absolut nicht unökologisch.
ich gebe den Herren Tinnes und Bleimaier ja so Recht!!
Aber warum werden dann trotzdem immer mehr Maximalbebauumgen für betuchte Ehepaare in Herrsching genehmigt? Und das Grundstück darf, nachdem es von Bäumen, Büschen und Blumen befreit wurde, voll für einen Riesenbaukörper versiegelt werden? Sogar mit Garagen so groß, wie früher das Wohnhaus einer mehrköpfigen Familie?
Wann findet diese Maßlosigkeit auf Kosten von Natur, Klima und Tierwelt endlich ein Ende?
Die größte Maximalbebauung für Kinder betuchter Eltern wird gerade mit dem Neubau des Gymnasium in Herrsching realisiert. Da sind die von Ihnen zitierten „Maximalbebauungen für betuchte Ehepaare in Herrsching“ im Verhältnis zur versiegelten Fläche des Gymnasium in Herrsching (siehe o. a. Kommenta vom 14.08.2023) Peanuts. Meistens wollen die Betuchten ja auch einen Garten und den entsprechenden Abstand zum Nachbarn, um vor deren Blicke geschützt zu sein; siehe Wartaweil, Leitenhöhe etc.
Zitat AWA in diesem Artikel: „Wir müssen das der Bevölkerung immer wieder sagen, dass das Wasser vor Ort versickern muss und nicht in der Kanalisation abgeleitet wird”, betont der Leiter der Wassergewinnung, Tinnes.
Versickert das, bei dem noch im Bau befindlichen neuen Gymnasium in Herrsching, in großen Mengen anfallende Tagwasser/Regenwasser (Dachentwässerung + Oberflächenentwässerung der gepflasterten Bereiche wie Schulhof etc.) in Zukunft auch flächig über Rigolen, Rigolenmulden oder zumindest über Sickerschächte auf dem Grundstück des Gymnasiums? Wenn ja, was ich persönlich aufgrund der zu erwartenden Regenmenge nicht glaube, dann wäre das vorbildlich und die Kommune geht hier mit guten Beispiel voran. Wenn jedoch das anfallende Regenwasser in den Tagwasserkanal eingeleitet wird, wird in diesem Artikel „Wasser gepredigt, und Wein getrunken“. Immerhin wird auf der über 35.000 m² großen Grundstücksfläche ca. 30.000 m² durch Schulgebäude + Turnhalle, Pausenflächen, Zufahrten, Sportanlagen etc. versiegelt.