Die Bagger müssen rollen, sagt unser Vizekanzler. Sie rollen nun sogar so schnell, dass die Bauverwaltungen vor den nächsten Beratungen Schulungen brauchen. Die Bauauschuss-Sitzung für Montag wurde schon abgesagt.

Bauturbo bremst Bauausschuss aus

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Kommt jetzt Goldgräberstimmung in der Baubranche auf? Eigentlich könnte man einen Bungalow mit zwei Stellplätzen beantragen, meinte kürzlich ein Architekt scherzaft, und wenn der Antrag genehmigt sei, dürfe man ja ohne Genehmigung ein üppiges Dach draufsetzen. Für diese Wohnungen muss der Bauherr nach der neuen Bauordnung nicht einmal Stellplätze ausweisen. So umgehe man elegant die Schaffung teuren Parkraums, folgerte der Architekt. Er meinte das natürlich nicht ganz ernst. Die Gemeinde nimmt übrigens von einem Bauherrn, der keinen Stellplatz nachweisen kann, 18 000 Euro Ablöse bei Bauten im Zentrum von Herrsching.

Weil wegen des neuen Gesetzes Verunsicherung in Verwaltungen und Gemeinderäten besteht, hat das Landratsamt die Bauämter schon einmal zur Erstschulung gebeten. Und der Gemeinderat wird in einer Klausurtagung am Samstag, 22. November, über den neuen Bauturbo informiert. Da waren die Gesetzgeber in Berlin und München schneller – die Gesetze sind bereits in Kraft.

Deshalb hat die Rathausverwaltung auch die für Montag anberaumte Bauausschuss-Sitzung abgesagt, in der über

• den Antrag auf Vorbescheid zur Errichtung eines Doppelhauses auf dem Grundstück  Fl. Nr. 933/3, Schmidschneider Straße 41,

•  den Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück  Fl. Nr. 118/1, Kientalstraße,

• den Antrag auf Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück  Fl. Nr. 118/1, Kientalstraße, 

•  den Antrag auf Vorbescheid zum Neubau von zwei Doppelhäusern mit 8 Stellplätzen in 2 Varianten auf dem Grundstück Fl. Nr. 1277/19, Gachenaustraße, entschieden werden sollte. Die Sitzung soll nun am 1. Dezember nachgeholt werden.

Gemeinden können Lärmschutzvorschriften lockern

Eigentlich, so sagen Fachleute, sind die neuen Bestimmungen im Baugesetzbuch zur Schaffung neuer Wohnungen kein Bauturbo, sondern ein Genehmigungsbeschleuniger. Sie erlauben nämlich Abweichungen vom Bauplanungsrecht, also von den Bebauungsplänen. Die Gemeinden dürfen nun die Zustimmung zu einem Bauvorhaben geben, wenn die Umwelt oder die Nachbarn nicht erheblich belastet werden. Schon nach einer dreimonatigen Prüfphase können zusätzliche Wohnungen genehmigt werden, ohne dass ein Bebauungsplan neu aufgestellt oder geändert werden muss. Dies schließt auch Bauen von Wohnraum ganz ohne Bebauungsplan mit ein.

Außerdem soll der Lärmschutz, einer der schlimmsten Kostentreiber beim Wohnungsbau gelockert werden. Gemeinden können nun konkrete Immissionsgrenzwerte festsetzen und dabei in „begründeten Fällen“ von den Vorgaben der TA-Lärm abweichen.

Bebauungspläne verlieren teilweise ihre lenkende, also auch bremsende Wirkung, weil Wohnungen über die vorgegebenen Vorschriften hinaus gebaut werden können. So dürfen künftig ganze Straßenzüge nachverdichtet werden.

Und schließlich sollen Mietwohnungen auch künftig nicht ohne weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Neue Wohnungen im Herrschinger Gewerbegebiet?

Ganz spannend auch für Herrsching ist eine neue Bestimmung, die Gewerbegebiete schützt, wenn neue Wohnungen in der Nähe entstehen. Das könnte eventuell bedeuten, dass man im Herrschinger Gewerbebiet Wohnungen bauen oder auf bestehende Bauten draufbauen darf.

Im vorletzten Jahr hatte die grüne Gemeinderatsfraktion einen Antrag eingebracht, im Gewerbegebiet zusätzliche Wohnungen zu schaffen. Sie wollte, dass an der Gewerbestraße ein bis zwei Stockwerke auf bestehende Gebäude draufgesattelt werden dürfen. Vorbild war eine Werkstatt in Breitbrunn, über der mehrere Wohnungen gebaut wurden.

Der Bürgermeister verwies damals vor der Abstimmung darauf, dass der Antrag schlicht unzulässig sei: In einem Gewerbegebiet dürften keine Wohnungen gebaut werden – es sei denn, sie werden von „Aufsichts- und Bereitschaftspersonen“ bewohnt. Der Bürgermeister wies außerdem auf die fiskalische Bedeutung eines Gewerbegebietes, das es zu schützen gelte. Diese Argumente könnten obsolet sein, wenn die Betriebe durch das neue Baugesetz vor zusätzlichen Lärmbestimmungen geschützt wären.

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