Ein Baum im Verkehrsraum kann Schattenspender, politisches „Denk“-Mal, grüne Stadt-Möblierung oder auch nur simples Greenwashing sein. Vielleicht ist ein Gehölz auch nur ein stämmiger Platzhalter, um Parkplätze zu verhindern: Der Baum, der demnächst vor der Thai Massage an der Mühlfelder Straße wachsen soll, ist wohl alles zusammen: grüner Akzent in einer grauen Straße, Autovertreiber und Parkbank-Beschatter. Die Gemeinde hat nun, eineinhalb Jahre nach einem Antrag des Inklusions- und des Seniorenbeirats, die drei Schrägparkplätze gegenüber der St. Nikolaus Apotheke einem breiten Gehweg geopfert.
Auf dem Weg soll künftig ein Baum wachsen, eine Parkbank soll müden Shopping Queens, schlappen Andechs-Pilgern und ängstlichen Fußgängern als Rastplatz dienen. Die Fahrbahn nahe der Engstelle am Sportgeschäft wird nun schmaler. Sinn der Maßnahme: Die Fußgängerstrecke über die Mühlfelder Straße wird kürzer und damit – theoretisch – ungefährlicher.
Der Plan: Ein Planer muss es richten
Erstmals hatte sich der Gemeinderat im April letzten Jahres mit der Gefahrenstelle beschäftigt, nachdem der Vorsitzende des Inklusionsbeirates, Hans Wannenmacher, und die Chefin des Seniorenbeirats, Mia Schmidt, einen Antrag auf „Entschärfung“ gestellt hatten. Gegen eine Reduzierung der Parkplätze sprachen sich die Gemeinderäte Lübeck und Bader (CSU) aus. Die Idee, den Fußgängerstrom zur Fußgängerampel am Codello-Outlet umzuleiten, fand nicht den Beifall von Mia Schmidt. „Fußgänger suchen immer den kürzesten Weg“, meinte sie zutreffend. Wenn sich aber, guter Brauch in Herrsching, der Gemeinderat nicht einig ist, dann muss der Verkehrsplaner der Gemeinde, Kaulen, ran. Er bekam den Auftrag, die Querung der Mühlfelder sicherer zu machen.
Der Planer machte nach der Besichtigung der Gefahrenstelle aber deutlich, dass eine Querungshilfe, die für Fußgänger eine mittige „Rettungsinsel“ bietet und eine Straße schmaler macht, für ihn nicht in Frage komme. Viel zu teuer, viel zu kompliziert.
Der Verkehrsplaner schlug dann eine grüne Lösung vor: Statt der drei schrägen Parkplätze vor der Thai-Massage (gegenüber des Fahrradgeschäftes) sollen ein Baum und eine Bank städtisches Flair verbreiten – und den Fußweg verbreitern. Damit würde die Straße schmaler werden, der Fußgänger hätte einen kürzeren Weg ans rettende Ufer.
„Auch an Mitbürger denken, die aufs Auto angewiesen sind“
Die Gemeinderäte waren bei der Beratung der Vorschläge unterschiedlicher Meinung. Tinsi Gruber fand die Parkplätze ohnehin schwierig, Thomas Bader plädierte für einen Längsparkplatz, und Alexander Keim meinte, dass es dort genug Parkplätze gebe. Der Kaulen-Plan wurde schließlich gegen sechs Stimmen im Rat genehmigt.
Damit allerdings sind viele Bürgerinnen und Bürger nicht einverstanden. „Die Idee, einen Behindertenparkplatz in der Nähe der Arztpraxen und Apotheke einzurichten, scheint mir deutlich hilfreicher als ein zusätzliches Sichthindernis durch einen mitten auf der Straße neu angepflanzten Baum“, kritisiert die herrsching.online-Leserin Ute Höffner. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn mehr an Mitbürger gedacht wird, die auf ihr Auto angewiesen sind, um noch im Ort am gemeinschaftlichen Leben teilzunehmen“, begründet sie ihre Kritik.
Der Landschaftsingenieur und Baumexperte Konrad Herz schlug als grünen Kompromiss vor, Baum und Autos Raum zu geben. Neben dem Baum, so Herz, könnte man zwei Behindertenparkplätze ausweisen, in der Nähe gibt es schließlich einige Arztpraxen und eine Apotheke. Damit die Autos dem Baum nicht schaden, schlug er eine raffinierte gärtnerische Lösung mit verschiedenen Substraten vor. Damit das Gewicht der Autos den Wurzeln nicht schade (die Baumscheiben rund um den Stamm dürfen nicht befahren werden), sollten Gitter die Bewässerungsfläche schützen. Das wäre, so Herz, eine koexistenzeile Lösung, um Baum und Auto Lebens-Raum zu geben.
Eine Bank unmittelbar an Herrschings Durchgangsstrasse, an einer Stelle, an der lediglich die Strasse zu einem Biergarten mit etlichen grossen Bäumen überquert werden müsste, wenn eine Pause gewünscht ist…..die Sinnhaftigkeit erschliesst sich mir leider nicht.
Schliesse mich obigem Kommentar an, schad‘ ums Geld, das anderswo knapp ist.
Ja sind die Herrschinger und ihr Gemeinderat von allen guten Geistern verlassen? An der engsten Stelle der Herrschinger Ortsdurchfahrt die Engstelle noch zu verlängern, mit der Begründung dass dies sicherer für Fußgänger wäre. Dazu noch ein Bankerl damit‘s schöner aussieht. Wer um Himmels Willen setzt sich zum Ausruhen denn an eine Hauptverkehrsstraße? Das viele Geld hätte man besser in die Sanierung der Schulen, Kindergärten oder das marode Straßennetz investiert.