Verschenkter Platz vor den Garagen: Der „Stauraum" kann nicht als Stellplatz anerkannt werden, weil er nicht unabhängig vom Garagenbenutzer genutzt werden kann. Sagt ein Verwaltungsgericht.

Gemeindesatzung verteuert Bauen und Mieten

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Bürokratieabbau lite: Seit Oktober gelten in Herrsching neue Vorschriften für die „Asplas“. Gemeint ist damit die Anzahl der Autostellplätze bei Neubauten. Pikant an der neuen Satzung: Die Bayerische Bauordnung schreibt inzwischen gar keine Mindestzahl an Verwahrstellen fürs Auto mehr vor. Herrsching hat die Vorschriften trotzdem nur mininal verschlankt. Obwohl immer mehr Bürger in Ballungsgebieten auf ein eigenes Auto verzichten, muß auch künftig ein Autostellplatz für eine Kleinst- und Kleinwohnung nachgewiesen werden. Und für Wohnungen über 60 Quadratmeter sind sogar zwei Verwahrstellen fürs mobile Blech vorgeschrieben. Gag am Rand: Der meist freie Raum vor einer Garage, ein perfekter Platz für ein Auto, gilt nicht als Stellplatz, weil es ein Gerichtsurteil so will.

Solche Flächenversiegelungen sind nach der neuen Stellplatzsatzung nicht mehr zulässig – immerhin ein ökologischer Pluspunkt der überarbeiteten Vorschriften in Herrsching.

Grundsätzlich müsste Herrsching die Anzahl der Stellplätze also gar nicht mehr regeln – das könnte man dem freien Markt überlassen: Wer Wohnungen mit Stellpatz anbietet, hat einen Wettbewerbs- und Vermiet-Vorteil. Wer billiger bauen will und dadurch kleinere Mietpreise anbieten kann, könnte auf die Parkplätze verzichten.

Der Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner, CSU, kommentiert den Verzicht auf staatliche Vorschriften ähnlich: „Stellplatzvorgaben sind für Bauherren ein zentraler Kostenfaktor, der das Bauen verteuert und den Flächenverbrauch antreibt. Daher gibt es (in der Bauordnung) eine Obergrenze für die Anzahl der zu schaffenden Parkplätze. Das bedeutet auch: Eine Abweichung ist nur noch nach unten möglich.
Durch die neue Höchstgrenze“, so Baumgärtner weiter, „soll den steigenden Baukosten effektiv entgegengesteuert werden.“

Das sieht man im Herrschinger Gemeinderat etwas anders: Bauherren, so die Mehrheit der Räte, haben selbstverständlich Autos, und diese Blechskulpturen sollen nicht auf der Straße herumstehen, sondern auf einem privaten Parkplatz abgestellt werden, der Bauherr muss der Gemeinde mit dem Bauantrag also Autostellplätze nachweisen. Für ein normales Einfamilienhaus verlangt Herrsching zwei Parkplätze, für kleine Wohnungen eine Stellfläche, für Wohnungen ab 60 Quadratmeter sogar zwei Abstellflächen.

Hier die wichtigsten Neuerungen:

• wer sein Dachgeschoss als Wohnung ausbaut, muss keinen Stellplatz mehr nachweisen,

• bei Mietwohnungen, für die eine Bindung nach dem Wohnraumförderungsgesetz
besteht, 0,5 Stellplätze.

• Bei Läden ein Stellplatz je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche für den Kundenverkehr, mindestens
zwei Stellplätze je Laden

• Der Vorplatz von Garagen gilt auch künftig nicht auch als Stellplatz, bleibt also die meiste Zeit ungenutzt. Diese paradoxe Vorschrift resultiert nach Angaben des Landratsamtes aus einem Verwaltungsgerichtsurteil.

Wenn der Baugrund so knapp ist, dass beim besten Willen kein Auto mehr Platz hat, kann man die Pflicht „ablösen“: Für nicht vorhandene Stellplätze zahlt man eine Gebühr, und schon ist das Auto für die Gemeinde nicht mehr existent (gilt bis zu 30 Prozent der geforderten Stellplätze). Die Ablösesummen wurden auf Drängen von Gemeinderat Christoph Welsch deutlich angehoben:

– Im Zentrumsbereich von Herrsching 18 000 Euro pro (nicht vorhandenem) Stellplatz (bisher 12 500 Euro),

– für andere Lagen in Herrsching 14 000 Euro,

– für Breitbrunn 12 000 Euro,

– für Widdersberg 10 0000Euro.

Ob die Gemeinde statt Stellplätzen Geld akzeptiert, entscheidet der Bauausschuss.

Immerhin hat die leicht anachronistisch wirkende Satzung auch einen ökologischen Aspekt:

• Die unbebauten Flächen von Grundstücken, so heißt es in Paragraf 4 der Satzung, die nicht für eine Bebauung vorgesehen sind, dürfen nicht versiegelt werden. Dies betrifft in der Regel die Zufahrten zu den Stellplätzen und Garagen.
• Schottergärten, nicht begrünte Steingärten sowie ähnlich eintönige Flächennutzungen
mit hoher thermischer oder hydrogeologischer Last oder erheblichem
unterdurchschnittlichem ökologischem oder wohnklimatischem Wert sind nicht zulässig.

• Es sind Fahrradabstellplätze in angemessener Anzahl vorzusehen.

Welch absurde Auswirkungen gemeindliche Stellplatzsatzungen haben, ließ sich auch in Herrsching am Projekt Bezahlbares Wohnen besichtigen: Am Mitterweg hätte man mehr Wohnungen untergebracht, wenn weniger Stellplätze vorgeschrieben gewesen wären. .Der Grünen-Gemeinderat Gerd Mulert und die BGH-Rätin Christiane Gruber hatten die teure Tiefgarage mit 40 Stellplätzen und wasserdichtem Betonboden im Visier. Als das Projekt verabschiedet wurde, galt noch die alte Stellplatzsatzung – und an die muss sich auch die Gemeinde selber halten. Die ehemalige Gemeinderätin Traudl Köhl ergänzte in einer Gemeinderatssitzung, dass die Wohnungen am Mitterweg nur sieben Gehminuten vom Bahnhof entfernt seien.

Von einem Schildbürgerstreich erster Güte erzählte ein Hörer des Senders Bayern 2: Puschendorf, eine Gemeinde mit gut 2.000 Bewohnerinnen im mittelfränkischen Landkreis Fürth, verlangte für einen Neubau mit 24 kleineren Wohneinheiten für ältere Bewohner 48 Stellplätze. „Das heißt, ein Appartement wird etwa 60.000 Euro teurer“, sagte der Anrufer aus Puschendorf. Und das, obwohl es im unmittelbaren Umfeld mindestens 150 Parkplätze gibt. „Wenn ich überlege, da zieht ’ne Oma in ein 30-Quadratmeter-Appartement ein, die hat sicher keine zwei Autos.“

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