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Schlacht um Grundstücke: „Getäuscht, belogen und in die Irre geführt“

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Vor sechs Jahren tobte ein erbitterter Streit um den Standort des neuen Gymnasiums. Drei Herrschinger Kommunalpolitiker wollten ein Koppelgeschäft mit Grundstücksbesitzern an der Seefelder Straße durchsetzen. Das Verwaltungsgericht lehnte einen Bürgerentscheid ab. Verzögerungen haben die Baukosten in die Höhe getrieben///

Große Bauprojekte werden meist von großen Emotionen begleitet. Und wenn viel Grund, viel Geld und viel Politik beteiligt sind, spielen noch Juristen – mit und ohne Robe – eine Rolle. Auch das neue Gymnasium blieb im Planungsstadium nicht von Streit, Missgunst und Prozessen verschont. Ehemalige CSU-Gemeinderäte und ein Funktionär spielten dabei eine zentrale, manche sagen heute eine „unwürdige“ Rolle. Sie wollten partout verhindern, dass die Schule im Süden an der Mühlfelder Straße gebaut wird. In Werbeveranstaltungen, mit Hauswurfsendungen und viel Getöse propagierten sie den Standort zwischen Seefelder Straße und Gewerbegebiet. Dagegen hätte auch niemand opponiert, wenn die Grundstückseigentümer keine – rechtlich höchst zweifelhaften – Koppelgeschäfte verlangt hätten.

Der ehemalige Zweite Bürgermeister von Herrsching, Hans-Jürgen Böckelmann (Grüne) erinnert sich noch gut daran, wie er bei einem Grundbesitzer, in der Nebenfunktion CSU-Gemeinderat, auf der Couch saß. Böckelmann wollte ihn überzeugen, seinen zentral gelegenen Acker ans Landratsamt zu verkaufen. Doch der Landwirt blieb stur. 25 000 Quadratmeter Grund hatte Starnberg für die Schule schon versprochen bekommen, dieses eine Grundstück aber fehlte noch fürs Bauherrenglück.

Grundstücksverkauf gegen 30 Prozent Baurecht

CSU-Gemeinderat Willi Welte wurde 2018 in der Zeitung so zitiert, dass neun Eigentümer bereit seien, eine Gesamtfläche von etwa 43 000 Quadratmetern zu verkaufen – wenn sie dafür 30 Prozent Baurecht bekämen. Solche Koppelgeschäft aber sind, so der Rechtsanwalt der Gemeinde Herrsching, Dr. Jürgen Busse, schlicht „unzulässig“. Gemeinde und Landratsamt müssten Geschäfte dieser Art aus rechtlichen Gründen ablehnen. Die Grundstück-Fraktion nannte Deals nach Basar-Art aber nicht Koppelgeschäft, sondern in schöner Umschreibung Kooperationsmodell. So jedenfalls werden sie in einem Zeitungsartikel zitiert.

Die drei Musketiere Gerhard Knülle (CSU-Ortsvorsitzender in Herrsching) Willi Welte, und Klaus Pittrich (CSU-Gemeinderäte) aber ließen die Muskeln weiter spielen und strebten im Jahr 2019 einen Bürgerentscheid an – sprich eine Abstimmung der Herrschinger Wahlbürger über den Standort des Gymnasiums. Dazu sammelten sie auf 83 Listen 868 Unterschriften, von denen waren aber nur 756 Unterschriften rechtlich sauber, die anderen Unterzeichner wohnten gar nicht in Herrsching.

Gemeinde war die falsche Adresse beim Bürgerbegehren

Der Herrschinger Gemeinderat lehnte einen Bürgerentscheid mit der Begründung ab, dass die Gemeinde ja nicht Bauherr des Gymnasiums sei, sondern vielmehr das Landratsamt. Die Abstimmung sei also falsch adressiert. „Wir sind zwar für das Bauleitverfahren zuständig, nicht aber für das Gymnasium selbst“, erklärte damals Bürgermeister Schiller. Die Drei von der Zankstelle aber gaben nicht auf und zogen vor das Verwaltungsgericht, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen.

Doch auch vor den dunkelblauen Roben hatten die Kläger keinen Erfolg, auch wenn sie die Fragestellung für den Bürgerentscheid geändert hatten. Sie wollten nun durchsetzen, dass die Gemeinde einen Bebauungsplan für die Seefelder Straße aufstellen solle. An der Fragestellung nahmen die Richter tatsächlich keinen Anstoß. Sie bemängelten aber, dass der falsche Eindruck erweckt werde, wonach die Gemeinde und deren Bürger über den Standort für das Gymnasium entscheiden könnten. Zudem wertete das Gericht die geschilderten Verkaufsabsichten der Grundstückseigentümer als „objektiv falsch beziehungsweise irreführend“. Herrschings Bürgermeister Schiller ging denn auch mit den Klägern hart ins Gericht: „Die Herrschinger Bürger, die für die Begehren eine Unterschrift geleistet hatten, sind von den Initiatoren getäuscht, belogen und in die Irre geführt worden.“ So rau war damals der Ton in der politischen Debatte.

Kreistag: Entweder Mühlfeld oder gar keine Schule

Tatsächlich hatte der Kreistag in einem Beschluss vom 17. Dezember 2018 festgelegt, dass „eine Änderung des Schulstandortes innerhalb von Herrsching vom Landkreis als Bauherrn des künftigen Gymnasiums Herrsching aus wirtschaftlichen Erwägungen ausdrücklich ausgeschlossen wird“. So zitiert der „Förderverein für ein Herrschinger Gymnasium“ das Protokoll des Kreistages.

Damit war klar: Eine Schule am Mühlfeld oder überhaupt kein Gymnasium in Herrsching. „Wer Ja zum Bürgerbegehren gegen das Mühlfeld-Gymnasium sagt, sagt Nein zum Gymnasium“, fasste der Verein sein Statement in einem Satz zusammen.

„Zehn Jahre früher wäre die Schule 50 Millionen billiger gewesen“

Jens Waltermann, Vorsitzender des Fördervereins, machte im Interview mit herrsching.online auch diesen Streit für die Baukosten-Explosion mit verantwortlich: „110 Millionen Baukosten müssen einem schwer im Magen liegen. Das ist ein sehr teures Projekt. Man muss sich allerdings auch klarmachen, dass die Schule durch die wahnsinnige Verzögerung so teuer geworden ist. Die Verzögerungen (auch die Querschüsse bestimmter Bürger) waren einer der wesentlichsten Kostentreiber. In diesen 16 Jahren (Planungs- und Bauzeit; Red.) sind die Baukosten massiv gestiegen…. Wir hatten gehofft, dass das Gymnasium zehn Jahre früher 50 Millionen billiger gebaut würde.

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