„Dieses neue Gebäude wird den Ort verändern“, stöhnte Gemeinderat Gerd Mulert im Bauausschuss: Ein 297 Quadratmeter großes Massivholz-Hybridhaus wächst wohl noch in diesem Jahr aus den Ruinen von Carlas Kaffee-Kulttempel an der Seestraße heraus. Das Bürgerhaus von Carola Maler ist dann nur noch ein Erinnerungsstück im Gemeindearchiv.

Aber nicht nur die Seestraße verändert ihr Gesicht, auch in der Fischergasse musste das wohlproportionierte „Feuerherdt-Haus“ dem Optimierungsstreben eines Bauträgers weichen. Dabei sind die Grundstückspreise in Herrsching abenteuerlich: Die Breitbrunner Gutachterin Christine Zapp sieht – je nach Lage und Grundstückszuschnitt – im Ortszentrum Preise zwischen 1800 und 2100 Euro. Und deshalb kostet dort eine Drei-Zimmerwohnung knapp 900 000 Euro. In der Kienbachstraße („Die Kienbachgärten – Nah am See“; Bauträger-Werbung) soll eine neue Drei-Zimmer-Wohnung mit Terrasse stolze 1,039 Millionen kosten. „Wenn in Herrsching ein Objekt auf den Markt kommt, geht das sofort weg“, weiß Gutachterin Christine Zapp.
Dass in der Seestraße, nahe der Kreuzung Zum Landungssteg, ein so wuchtiges Gebäude den behördlichen Segen bekam, liegt am berüchtigten Paragrafen 34 des Bayerischen Baugesetzes. „Vom Maß der baulichen Nutzung fügt sich das beantragte Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung ein“, verfügte das Landratsamt. „Was das „sich Einfügen“ nach § 34 angeht, ziehen wir immer auch die aktuelle Rechtsprechung heran“, sagt das Landratsamt in einem Interview mit herrsching.online. „Danach wird der prägende Einfluss von Gebäuden nicht nach mathematischen Erwägungen gezogen. Somit kann es hier keine Meterangabe geben.“
Auch die Herrschinger Bürgerinnen und Bürger überkommen beim rasanten Umbau der Gemeinde nostalgische Gefühle. Als Carola Maler ihr Cafe endgültig schloss, hatte eine über 90-jährige Cafehaus-Kundin wenig Verständnis. Sie sagte spitz, dass man ihr das letzte Fünkchen Lebensfreude nehme, wenn es hier kein Café mehr gebe. „Ich hab sie darauf gefragt, was sie denn früher gearbeitet habe. I, sagt sie dann, i hob no nia garbeitet, mein Mo hat immer guat verdient. Sehen Sie, hab ich gesagt, das ist der große Unterschied zwischen uns beiden“, schilderte Carola Maler den Dialog.
Dabei hatte Maler alles versucht, um das Café zu retten: „Wir haben sieben Monate nach einem Bäcker oder Konditor gesucht, der das Café weiter betreiben sollte“, erzählte sie. „Aber die Interessenten für das Café hatten leider wenig Ahnung von Gastronomie und dazu noch kein Geld, Deutschland eben“, sagte sie desillusioniert. Sie musste deshalb das Haus verkaufen, und sie wusste auch, was folgen würde: „Dann kommen die Abrissbagger.“
Nun ist das Haus, das ihr Opa im Jahr 1945 mit seinem Bruder gebaut hatte, bald Geschichte. „Nach dem Krieg, in der eine unvorstellbare Wohnungsnot herrschte, haben 26 Menschen in diesem Haus hier gewohnt, in jedem Zimmer eine Familie mit Etagentoilette. Der Zahnarzt Dr. Göppel hatte hier in einem halben Wohnzimmer seine erste Praxis“, erzählte sie im Gespräch mit herrsching.online.
wie grotesk:“Design trifft Natur in Ammersee Nähe …“, heißt es auf der Werbetafel doch dem Haus fehlt komplett das „Hoiz vor der Hüttn“. Wer genau hinsieht, entdeckt kein Stückchen Grün auf dem eigenen Grundstück. Bäume nur in den Nachbarsgärten – dieser Art von Ortsgestaltung muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden !
Bäume gibt es so viele im Landschaftsschutzgebiet, darum braucht Herrsching keine Grünplanung. So einfach denken manche Mitbürger. Leider muss ich mir das oft in Gespräch sagen lassen…und ich höre da geduldig g zu. Warum eigentlich? Ich weiß es doch aufgrund vieler Fortbildungen eigentlich besser? Oder ist professionelles Denken nicht gut für Herrsching?
Herr Schiller sagte einmal in den früheren Gemeinderatssitzungen, dass Herrsching von einem ausgedehntem Landschaftsschutzgebiet umgeben ist. Das, so erklärte er, macht die Bebauung in der Fläche so schwierig und die Nachverdichtung notwendig. Ich meine, da hat er von seinem Standpunkt aus recht. Vielleicht verkraftet Herrsching seit ein paar Jahrzehnten den Zuzug nicht mehr?
Herrsching verändert sein Gesicht – leider in einer negativen Weise. Es geht nur noch um maximale Bebauung und möglichst viel Gewinn.
Mit Unterstützung der Rathausspitze, die dem berüchtigten § 34 Tür und Tor öffnet.
Hoffnung auf ein Umdenken? Bei der aktuellen Rathausspitze ist das leider reines Wunschdenken.
In dem die Gemeine Herrsching Bebauungspläne und die Baumschutzverordnung ersatzlos abschaffte, hat sie sich ja selbst, wie bekannt, ihrer Einflussmöglichkeiten
auf Klima-, Natur- und Artenschutz beraubt. Und so hat sie ja auch keine Möglichkeit mehr, das ehemals grüne wunderschöne Ortsbild von Herrsching, Breitbrunn und Widdersberg zu bewahren. Wir Alteingesessenen müssen halt mit der, sich immer weiter ausdehnenden Verschandelung durch teure Betongroßneubauten, die viel Geld in die Taschen der Investoren spülen, leben.
Oder gibt es vielleicht doch noch einen berechtigten Funken Hoffnung auf ein Umdenken der Verantwortlichen?