Die Chefin des UNVERPACKT-Ladens in Herrsching, Birgit Grosse, findet die Idee mit der Steuer – natürlich – gut. Der Verband der deutschen Unverpackt-Läden hat schon Petitionen gestartet.

Steuer auf Pizzapappe: Wie Starnberg von der Staatsregierung eingebremst wird

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Sogar von der Starnberger CSU-Fraktion gab’s Schelte für die Staatsregierung: „Der Stadt werden Prügel zwischen die Füße geworden“, schimpfte der Sprecher der CSU-Räte, Thomas Beigel, im Starnberger Stadtrat. Der Grund für die christsoziale Missstimmung: Der Starnberger Stadtrat wollte als eine der ersten Kommunen in Bayern eine Verpackungssteuer auf Einweg-Geschirr einführen. Dann grätschte Innenminister Herrmann dazwischen und kündigte per Pressemitteilung an, dass die Verpackungssteuer verboten wird – par Ordre du Mufti, wie es im Politdeutsch heißt. Damit entgehen den Gemeinden wertvolle Steuereinnahmen. Und die lenkende Wirkung einer „Strafsteuer“ für Wegwerfverpackungen tritt auch nicht ein. herrsching.online hat sich in Herrsching nach der Bürgermeinung erkundigt. Widerspruch gegen das Dazwischenfunken der Staatsregierung gab’s übrigens auch vom bayerischen Städtetags-Geschäftsführer Bernd Buckenhofer. Das angekündigte Gesetz eines Steuerverbotes sei ein „unbegründeter und überzogener Eingriff in die kommunale Finanzhoheit“.

Die Uni-Stadt Tübingen in Baden-Württemberg hat die Verpackungssteuer erfunden: Die Stadt erhebt nun 50 Cent auf Einwegverpackungen wie Kaffeebecher, 50 Cent für Einweggeschirr wie Pommesschalen und 20 Cent auf Einwegbesteck. Dagegen hatte die Besitzerin einer McDonalds-Filiale geklagt.  Nachdem das Bundesverfassungsgericht grünes Licht gegeben hat, folgt nun Freiburg dem Beispiel von Tübingen. Freiburg erwartet 2,2 Millionen zusätzliche Einnahmen. Aber auch in Bayern fanden Städte und Gemeinden wie Starnberg, Regensburg oder Bamberg die Idee gut. Das hat sich nun vorläufig erledigt.

Dazu ein paar Stimmen von Herrschinger Bürgerinnen und Bürgern vom Wochenmarkt. Und eine Meinung vom „Unverpackt-Laden“ in der Bahnhofstraße

„Ich finde es erstaunlich, dass ausgerechnet die CSU, die so darauf pocht, dass lokale Themen lokal entschieden werden, plötzlich aus der Staatskanzlei heraus den Gemeinden Vorschriften machen will. Der Müll, der vom Tourismus und aus anderen Quellen kommt, fliegt überall herum. Die Gemeinden wissen ja schließlich am besten, ob dieser Müll bei ihnen ein Problem ist und ob sie da eine Lösung dafür brauchen.”

Charlotte Wehn, Informatikerin und Ortsvorsitzende der Grünen

„Ja, ich bin dafür, dass die Kommunen eine Steuer auf Pommes- und Pizzaverpackungen erheben dürfen.“

André Conrad, Druckereibesitzer

„Ich bin sehr empört darüber, dass die bayerische Staatsregierung den Gemeinden die Verpackungssteuern verbieten will.“

Susanna Holzmann

„Ich bin sehr für eine Verpackungssteuer, weil sie Geld in die klammen Kassen der Gemeinde spült und das Ortsbild aufräumt. Also, unbedingt einführen. Und in der Staatsregierung ist dazu noch nicht das letzte Wort gesprochen. Schließlich macht es Baden-Württemberg sehr erfolgreich vor. In Tübingen, Freiburg und Konstanz ist die Verpackungssteuer ein Erfolgsmodell. Und dieses Modell strahlt aus – auch nach Bayern.”

Gerd Mulert, Wirtschaftsingenieur und grüner Gemeinderat

„Ich würde das Baden-Württemberg-Modell gerne auf Herrsching übertragen. Gerade an der Promenade sagen ganz viele Bürgerinnen und Bürger, wir brauchen ein Müllkonzept, weil hier so viele Eisbecher, Pizzaschachteln und Papiertassen entsorgt werden. Dieses Problem könnte man mit einer Einweg-Abgabe oder Mehrweg-Verpackungen schnell lösen.“

Karin Casaretto, Film-Journalistin

Her mit der Steuer: Der Wochenmarkthändler Andreas Bauer würde die neue Verpackungsabgabe begrüßen

„Selbstverständlich bin ich dafür, dass eine Verpackungssteuer eingeführt wird. Schließlich ist die Müllbeseitigung für die Gemeinden sehr teuer. Man sollte alles tun, damit weniger Müll anfällt. Und jede Gemeinde soll das selber entscheiden können.“

Andreas Bauer, Gemüse-Produzent und und -Händler

„Selbstverständlich bin ich für eine Verpackungssteuer. Dass die Staatsregierung dagegen ist, widerspricht natürlich jeglicher ökologischer Verantwortung. Wir wissen doch alle, dass Deutschland Europameister in der Müllproduktion ist. Das ist ein Unding, dass man das Problem nicht angeht. Ich bin deshalb auch dafür, dass Herrsching eine Verpackungssteuer einführt. Wir hier im Laden bieten keinen Kaffee to go im Plastikbecher an. Wer seinen Kaffee mitnehmen möchte, bringt entweder selber eine Tasse mit oder er nimmt einen Becher aus Starkpapier, der im Papiermüll wieder einer Verwertung zugeführt werden.“

Birgit Grosse, Betreiberin des UNVERPACKT-Ladens in der Bahnhofstraße in Herrsching

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