Wenn vier Eier gleich schwer und gleich groß sind und aus dem selben Stall kommen, dann haben sie wahrscheinlich einen ähnlichen Preis. Wenn vier Hausbesitzer vier gleich große Häuser besitzen und ähnlich große Grundstücke haben, dann zahlen sie vermutlich auch ähnlich viel Grundsteuer. Könnte man vermuten. In Breitbrunn haben vier Besitzer zweier Doppelhaushälten vier verschiedene Grundsteuerbescheide bekommen. Der Glücklichste mit dem größten Grundstück zahlt 272,87 Euro, der Unglücklichste mit ein paar Quadratmetern weniger soll künftig 563,34 Euro berappen, der dritte muss 367,33 Euro überweisen, und der vierte im Bunde ist mit 302 Euro dabei. Diese Beträge könnten, so witzelte ein Hausbesitzer, aus Donald Trumps Formelwerkstatt kommen.
An der Gemeinde kann’s nicht liegen: Sie nimmt, so die Herrschinger Kämmerin Miryam Goodwin, die Messbescheide des Finanzamts und multipliziert sie mit dem aktuellen Hebesatz 420. Diesen Faktor hat die Gemeinde letztes Jahr tatsächlich erhöht: „ „In den Jahren 2021 und 2022 hatte Herrsching einen Kostenanstieg von 16 Prozent zu verkraften“, sagte die Gemeindekämmerin, „sie ist deshalb angehalten, Ausgaben zu senken und mögliche Einnahmen zu generieren.“ Trotzdem müsse, so Goodwin, nur jeder dritte Grundstücksbesitzer mehr Grundsteuer bezahlen also vorher – schließlich habe die Staatsregierung die Gemeinden dazu aufgerufen, die Hebesätze aufkommensneutral zu gestalten. Das ist der Gemeinde Herrsching jedenfalls nicht immer gelungen – viele Bürger überweisen künftig für ihre Wiese, ihren Rasen und ihr Dach überm Kopf mehr Grundsteuern als vorher.
Nicht die Nutzfläche zählt, sondern die Wohnfläche
Ein Grund könnte sein, dass sie die Formulare fehlerhaft ausgeführt haben:
• So darf man für Garagen einen Freibetrag von 50 Quadratmetern in Anspruch nehmen.
• Bei Wohngebäuden ist grundsätzlich nur Angabe der Wohnfläche erforderlich. Manche Steuerzahler gaben in ihren Formularen aber die Nutzfläche an, dabei gehören Zubehörräume wie Kellerräume, Waschküchen oder Heizungsräume nicht zur Wohnfläche und sind damit auch nicht als Wohnfläche zu zählen.
Das passiert natürlich einem versierten Steuerberater nicht. Aber was macht der arme Bürger, wenn sich sein Steuerberater weigert, „diesen Grundsteuer-Wahnsinn“ mitzumachen und sich vornehm aus dem durch das Bundesverfassungsgericht angezettelten q2-Chaos raushält?
Fehlerbeseitigung ist möglich
Ein Einspruch beim Finanzamt ist auch nach Ablauf einer Ein-Monatsfrist noch möglich. Das Zauberwort heißt: Fehlerbeseitigende Fortschreibung des Grundsteuerwertes. Die Korrektur des Grundsteuerwerts kann nur beim Finanzamt, nicht bei der Kommune erreicht werden. Im Anschluss wird die Gemeinde dann aber auch einen neuen Grundsteuerbescheid erlassen.
Das Häuslebesitzer-Quartett, das mit den vielblättrigen Bescheiden überrascht worden war, überlegt gerade, ob ein Einspruch sinnvoll ist. Möglich, dass man sich bei einem günstigen Bescheid verschlechtert – das Finanzamt könnte sich ja auch zu seinen Ungunsten verrechnet haben.