Sie freut sich sehr auf Breitbrunn und die Markus Passion: Die Herrschinger Sopranistin Teresa Boning.

Zwischen Musik und Matschhose: Wie eine Künstlerin den Familienalltag meistert

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Die Opernsängerin und promovierte Musikpädagogin Teresa Boning ist wieder einmal auf heimischer Bühne zu hören: Am Mittwoch, 9. April, singt sie in der Heilig-Geist-Kirche von Breitbrunn eine der vier Solopartien der Markus Passion von Reinhard Keiser. Teresa Boning, vielen Herrschingern auch durch die weihnachtlichen Kinderkonzerte bekannt, organisiert neben ihren Auftritten auch den Alltag ihrer fünfköpfigen Familie. Da darf man schon neugierig sein, wie Kunst und Kinder in Koexistenz funktionieren. Im Interview mit herrsching.online verriet sie ihr kleines Geheimnis – ganz „Old School“, wie sie sagt – stehen alle häuslichen und künstlerischen Aufgaben in einem Notizbuch. Ihr Mann Wigald hat leider kein so schlaues Buch wie sie. So könnte es sein, dass er mal die Matschhose für die Kleinen vergisst.

herrsching.online: Wie schaffen Sie das alles, ein Leben als Künstlerin und zweifache Mutter…

Boning: … dreifache Mutter, die Kinder sind jetzt 2, 5 und 6 Jahre alt…

herrsching.online: Verzeihung, Bildungslücke… Johann Sebastian Bach hatte 13 Kinder.

Boning: Das war eine andere Zeit damals, und 13 Kinder hatte er mit seiner zweiten Frau, sieben aus der ersten Ehe.

herrsching.online: Lassen Sie uns über die Markus Passion sprechen, in der Sie den Sopranpart in Breitbrunn singen. Warum Markus, und warum der heute fast vergessene Keiser, und nicht Bach?

Boning: Da müssten Sie den Andechser Dirigenten Anton Ludwig Pfell fragen, der das Werk ausgewählt hat. Aber die Markus Passion ist sehr bekannt, weil sie Johann Sebastian Bach zweimal aufgeführt hat. Deshalb hat sie in der Notenbibliothek einen so prominenten Platz eingenommen. Für den jungen Bach in Weimar war die Markus Passion ein Lehrstück für seine eigenen Kompositionen. Das ist ja schon eine Ansage, wenn Bach von dem Stück begeistert war.

herrsching.online: Stellt die Keiser-Passion andere Anforderungen als eine Bach-Passion?

Boning: Ähnlichkeiten zwischen Keisers Markus Passion und der Matthäus- und Johannes-Passion von Bach zeigen sich vor allem im formalen Aufbau und in der Instrumentation. Die Matthäus- und die Johannes-Passion werden ja oft gespielt, die Markus Passion ist etwas Besonderes, da sie seltener zu hören ist. 

herrsching.online: Besonders ist auch der Raum in der Heilig-Geist-Kirche in Breitbrunn. Wie gefällt Ihnen die Akustik?

Boning: Die Kirche ist für Konzerte super geeignet. Die Akustik passt zu dem Stück.

herrsching.online: Wieviel Zeit bleibt Ihnen für Ihre künstlerische Arbeit neben der fünfköpfigen Familie?

Boning: Im letzten Herbst und vor Weihnachten hatte ich sehr viele Auftritte, im Januar war dann wieder etwas weniger los. Diese Woche habe ich zwei Konzerte. Anschließend kommt die Markus Passion, und dann bereite ich mich schon auf die Carmina Burana vor, die ich in Rosenheim singen darf. Ich habe den Sopranpart schon einmal gesungen, aber man muss sich das immer wieder in die Kehle kriegen. Ich muss mich halt sehr disziplinieren in der wenigen Zeit, die ich zur Verfügung habe. Beim Vorbereiten hilft mir ein Korrepetitor.

herrsching.online: Wieviele Projekte laufen parallel?

Boning: Vier, fünf Projekte im Augenblick.

herrsching.online: Die haben Sie alle drauf? Könnten Sie die notfalls ohne Noten singen?

Boning: Ich finde es sehr schön, wenn ich frei bin und die Sachen auswendig kann. Das hat auch den Vorteil, dass man mit allen Lichtverhältnissen klar kommt. Wenn die Beleuchtung zu schlecht ist, könnte es vorteilhaft sein, wenn man die Stücke auswendig kann. Es ist auch schön, wenn man mal rausschauen kann zum Dirigenten, zum Publikum. Je freier ich bin, desto mehr kann ich das Konzert auch genießen.  Den Freischütz singe ich nun zum zehnten Mal, da brauche ich keine Noten mehr.

herrsching.online: Noch einmal zurück zu Ihrer Doppelrolle als Künstlerin und Mutter. Wie kriegt man das unfallfrei geregelt?

Boning: Ja, ich habe wirklich sehr viel zu organisieren, aber mir macht es auch Spaß. Ich schreib mir alles, was anliegt, ganz Old School in ein Notizbuch, in dem ich alles notiere, was organisiert werden muss. Zum Beispiel: Matschhose nicht vergessen…  So kann ich alles durchstrukturieren: Wann müssen die Kinder abgeholt werden, was wird dann gegessen und so weiter. Aber ich habe ja nicht jeden Tag einen Auftritt, und solche Tage sind wieder viel entspannter.

herrsching.online: Wie stark werden Sie von Ihrem Mann unterstützt?

Boning: Der ist ja auch oft unterwegs. Aber wenn er da ist, unterstützen wir uns gegenseitig. Der kann alles auch so zuverlässig erledigen wie ich. Aber er sollte sich auch mal aufschreiben, wenn die Matschhose gefragt ist. Er hat leider kein so schlaues Notizbuch wie ich.

herrsching.online: Auf welches Projekt in diesem Jahr freuen Sie sich besonders – außer der Markus Passion?

Boning: Die Carmina Burana in Rosenheim. Ich schätze Carl Orff sehr. Und im Sommer bin ich wieder in Österreich und mit Österreich verbinden mich viele Erinnerungen. Ich habe ja in Salzburg am Mozarteum studiert, deshalb liebe ich Salzburg im Besonderen und Österreich im Allgmeinen sehr. Und die Königin der Nacht aus der Zauberflöte übe ich natürlich immer wieder..

herrsching.online: … die Königin können Sie auch nachts um drei singen, wenn man Sie da wecken würde?

Boning. Ich hoffe, dass mich niemand nachts um drei weckt, außer den Kindern natürlich. Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, nicht krank zu werden, Gott sei Dank bin ich ausgesprochen robust. 

herrsching.online: Wie pflegt man den die Stimme?

Boning: Jeden Tag mache ich Stimmübungen, die Atmung wird trainiert, auch Dehnen und Stretchen sind wichtig. Ansonsten gilt, was für alle Menschen wichtig ist: Gesund ernähren und viel schlafen, auch wenn der Schlaf schon mal zu kurz kommt.  Dann trinke ich halt einen Kaffee mehr – wie zum Beispiel heute. Irgendwie geht’s immer. Und Singen ist ja nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Leidenschaft.

Nachtrag zum Interview: Manchmal muss auch die gut organisierte Künstlerin und Mutter improvisieren: Bei einem Auftritt in München stellte sie entsetzt fest, dass die Schnürung ihres Auftrittskleides fehlte („vielleicht haben sie die Kinder zum Spielen gebraucht“). Andere wären in die Ohnmacht geflüchtet, Boning wusste sich zu helfen: Sie zog einen schwarzen Schnürsenkel aus ihrem Sneaker und fädelte ihn in die Kleiderösen ein – Auftritt gerettet, Schuh funktionell eingeschränkt.

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