Der Einsatzwagen der First Responder in Breitbrunn bekam sogar den kirchlichen Segen mit Blumengebinde. Foto: Gerd Kloos

Ersthelfer der Feuerwehr sind oft fünf Minuten früher beim Patienten

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Wenn’s brennt, raucht und kracht, ist eines sicher: Die Feuerwehr kommt. Weniger bekannt ist, dass die Männer in den roten Autos auch ausrücken, wenn bei Bürgerinnen und Bürgern das Herz stolpert, das Bein bricht oder eine Ohnmacht Lebensgefahr signalisiert: Diese schnelle Eingreiftruppe heißt bei der Freiwilligen Feuerwehr First Responder (Ersthelfer). Sie ist oft fünf Minuten schneller beim Patienten als die anderen Rettungsdienste. Was leisten die Frauen und Männer in Blau bei medizinischen Notfällen, wie gut sind sie ausgebildet, welche Ausrüstung bringen sie ans Krankenbett oder an den Unfallort? Der Kommandant der Breitbrunner Freiwilligen Feuerwehr, Florian Kleber, erklärt, was seine 16 Frauen und Männer der First Responder können und leisten. Übrigens: Im Gegensatz zum Roten Kreuz arbeiten die Feuerwehr-Ersthelfer unentgeltlich (Notfall-Nummer: 112).

Kommandant Florian Kleber: First Responder ist früher beim Patienten

herrsching.online: Mit dem englichen Begriff First Responder können viele Bürger nicht viel anfangen. Dabei leisten die Frauen und Männer der „Ersten Antwort“ wertvolle Hilfe. Was genau ist der Job der First Responder?

Kleber: Die First Responder-Einheit der Feuerwehr Breitbrunn besteht seit Oktober 2012. Seitdem wurden wir zu mehr als 650 Notarzt- und Notfalleinsätzen in Breitbrunn und Umgebung gerufen. Unser Ziel ist es, durch unsere personelle Stärke und Präsenz vor Ort im Notfall schnell qualifizierte Erste Hilfe zu leisten. Genau das ist der Job der First Responder – eine erste Antwort zu geben. Wir überbrücken die kritische Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes und sorgen für eine qualifizierte Erstversorgung. Dank einer kurzen Ausrückezeit und den kürzesten Anfahrtswegen im Ortsbereich sind wir nicht selten bereits fünf Minuten oder noch schneller vor dem ersteintreffenden Rettungsdienstfahrzeug am Patienten. Gerade bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand, wo jede Minute Gold wert ist, zählt schnelles Handeln.

herrsching.online: Wie werden die Feuerwehrleute, die Dienst im FR machen, ausgebildet? Und welche medizinischen Hilfsmittel und technischen Apparate haben die FR an Bord ihres Rettungswagens?

Kleber: Unsere First Responder absolvieren mindestens eine 80-stündige medizinische Grundausbildung. Die notwendigen Lehrgänge bietet die landkreiseigene Ausbildung der Kreisbrandinspektion an. Diese umfasst Maßnahmen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung, den Umgang mit einem Automatisierten Externen Defibrillator (AED) sowie die Versorgung von Verletzungen und akuten Erkrankungen. Zusätzlich gibt es regelmäßige Schulungen und praktische Übungen.

An Bord haben wir unter anderem: Automatisierten Externen Defibrillator (AED), medizinischen Sauerstoff, diverse Diagnosegeräte zum Messen der Vitalfunktionen, Verbandmaterial und Schienungsmaterial, Geräte und Material zum Freimachen und Sichern der Atemwege, Spineboard, ein Rettungsbrett und einiges mehr. 

herrsching.online: Was dürfen sie im Einsatz an medizinischer Hilfe leisten, und was ist dem Arzt vorbehalten?

Kleber: First Responder dürfen lebensrettende Sofortmaßnahmen durchführen, also Herz-Lungen-Wiederbelebung, Defibrillation, Wundversorgung und Stabilisierung von Patienten. Medikamente verabreichen oder invasive Maßnahmen sind uns nicht erlaubt – das bleibt dem Rettungsdienst oder Notarzt vorbehalten.

herrsching.online: Gibt es eigentlich gelegentlich eine Konkurrenzsituation zwischen den First Respondern und den Retttungsdiensten?

Kleber: Nein, ganz im Gegenteil. Wir arbeiten eng mit dem Rettungsdienst zusammen und verstehen uns als Ergänzung. Unser Ziel ist es, die Zeitspanne zwischen dem Notruf und der medizinischen Erstversorgung so kurz wie möglich zu halten. Wenn der Rettungsdienst eintrifft, übergeben wir die Patienten und unterstützen, wenn nötig.

herrsching.online: Welche Dienste werden bei einem medizinischen Notfall von der Leitstelle zuerst alarmiert?

Kleber: Die Alarmierung im Rettungsdienst erfolgt auf Grundlage der Alarmierungsbekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums. Die Notrufabfragen der Leitstellendisponenten münden in spezifische Alarmstichwörter, denen die entsprechenden Einsatzmittel und Anforderungen zugeordnet sind – daraus ergeben sich die benötigten Rettungsmittel. Im Regelfall werden zum Notarzt mit Rettungswagen auch der First Responder alarmiert. Je nach Verfügbarkeit und Anfahrtsdauer von Arzt und Rettungswagen wird der First Responder aber auch bei einfacheren Notfällen hinzugezogen, um so eine schnelle und gezielte Erstversorgung sicherzustellen.

herrsching.online: Ist der Einsatz der Feuerwehr eigentlich unentgeltlich – im Gegensatz zu den Rettungsdiensten?

Kleber: Ja, der Einsatz der First Responder erfolgt unentgeltlich und ehrenamtlich. Wir finanzieren uns überwiegend aus Spendengeldern, die über den gemeinnützigen Feuerwehrverein verwaltet werden. Zudem ist die Gemeinde Herrsching ein großer Unterstützer, der diesen Dienst maßgeblich fördert und sich für die Etablierung dieser wichtigen Einrichtung einsetzt und diesen Dienst mitträgt. Immerhin nutzen wir Fahrzeug und Infrastruktur der gemeindlichen Einrichtung Feuerwehr. Die Erfolgsgeschichte der First Responder Einheit begann bereits 1999 in Herrsching, die den Dienst als eine der ersten im Landkreis aufgenommen haben.

herrsching.online: In der Statistik der meisten Feuerwehren nehmen die Einsätze der FR-Teams den größten Raum ein. Hat sich der Dienst der First Responder als die zentrale Aufgabe einer Feuerwehr entwickelt?

Kleber: Nein, die zentralen Aufgaben der Feuerwehren sind weiterhin der abwehrende Brandschutz sowie die technische Hilfeleistung. Der First Responder-Dienst ist eine wertvolle Ergänzung zum Rettungsdienst, aber nicht dessen Ersatz. Wir nutzen die vorhandene Infrastruktur – sowohl in Bezug auf Mannschaft als auch auf Gerät – um unsere Hilfeleistung auf die notfallmedizinische Erstversorgung auszuweiten.

Tatsächlich sind die Einsatzzahlen beim First Responder deutlich höher als die der klassischen Feuerwehreinsätze. Allerdings ist der personelle und materielle Aufwand für einen FR-Einsatz vergleichsweise gering. In der Regel wird ein Einsatz von zwei Feuerwehrleuten übernommen und dauert im Durchschnitt gut 30 Minuten. Dagegen erfordern Feuerwehreinsätze – insbesondere größere Hilfeleistungseinsätze wie Hochwasser oder auch Brände – einen erheblich höheren Personal- und Zeitaufwand. Nicht zuletzt bringen diese Einsätze auch eine große Beanspruchung von Material mit sich, sowohl im Einsatz als auch in der anschließenden Wartung und Pflege.

herrsching.online: Über den Erfolg eines Einsatzes entscheidet in der Regel die Zeit. Sind die Feuerwehrleute im FR-Einsatz immer einsatzbereit?

Kleber: Unsere Ausrüstung ist rund um die Uhr einsatzbereit, und wir üben kontinuierlich Einsatztaktik sowie die richtige Interpretation von Symptomen, um im Notfall schnelle und gezielte Maßnahmen einleiten zu können. Unser First Responder-Team besteht aus 16 ausgebildeten Frauen und Männern, die neben ihren beruflichen und privaten Verpflichtungen auch anderen Aufgaben nachgehen. Daher kann es vorkommen, dass ein Alarm – etwa aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Arbeit – nicht übernommen werden kann. Im Gegensatz dazu steht die reguläre Feuerwehr, die mit knapp 50 aktiven Einsatzkräften immer einsatzfähig ist. Da wir den Rettungsdienst an keiner Stelle ersetzen, ist die schnelle Hilfe durch den Rettungsdienst aber sichergestellt. 

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