Die bayerische Staatsregierung hat alle Grünplanungs-Satzungen zwischen Main und Alpen in den Reißwolf gesteckt – das Wort Grün hat zur Zeit keinen guten Klang in der Staatskanzlei. Damit ist auch der Plan des Herrschinger Gemeinderates, Pflanzen und Bäume im Gemeindegebiet zu schützen, Altpapier. Am Montagabend ließ sich der Bauausschuss vom Experten für Verwaltungsrecht, Dr. Jürgen Busse, erklären, was nun das Zweite Modernisierungsgesetz noch an Grün-Schutz erlaubt.

Immerhin: Wieviel Kfz-Stellplätze ein Bauherr nachweisen muss, darf die Gemeinde weiter vorschreiben. Und asphaltierte Zubringer oder andere Versiegelungen auf dem Weg zur Garage bleiben ein No Go. Dafür darf ein Hausbesitzer künftig sein Dachgeschoss ohne Behördenmitsprache ausbauen – solange er von außen keine sichtbaren Veränderungen vornimmt. Und wenn er dort neue Wohnungen baut, muss er nicht einmal neue Parkplätze schaffen.
„Die Staatsregierung kam uns bei der Grünplanungsgestaltung mit ihrem Modernisierungsetz dazwischen“, bedauerte der Rechtsanwalt und Fachbuchautor Dr. Busse und ließ damit erkennen, dass er wohl kein Fan dieser Form von „Entbürokratisierung“ ist. Das Gesetz macht die kommunalen Satzungen für Freiflächen mit einem Federstrich zum Sondermüll. So müssen sich zum Beispiel München, Regensburg, Coburg, Landshut, Geretsried oder Vaterstetten von ihren grünen Ideen trennen.
Grünsatzung sollte Baumschutzverordnung ersetzen
Damit sind auch Herrschings Pläne, den Pflanzen und Bäumen „rechtlichen Dünger“ in Form einer Grünplanungssatzung zu spendieren, Makulatur. Wie herrsching.online im März des letzten Jahres ausführlich berichtete, hatten nach einer teilweise scharfen, mitunter konfusen Diskussion im Gemeinderat CSU, FDP, SPD und die Grünen-Gemeinderäte Schiller und Welsch beschlossen, das Kapitel Baumschutzverordnung auf dem kommunalen Kompost zu entsorgen. An die Stelle dieser von der Bürgerinitiative Pro Natur initiierten Verordnung sollte nun eine Grünplanungssatzung treten. Für die grüne Fraktion war der Abend im letzten März doppelt bitter: Sie musste sich von einem fundamental grünen Projekt verabschieden und zur Kenntnis nehmen, dass sie bei einigen Themen völlig zerstritten war. Die geplante Grünsatzung sollte der Baumschutzgruppe im Gemeinderat den Abschied von einer Baumschutzverordnung leichter machen.
Jetzt werden auch „angemessene“ Fahrradstellplätze gefordert
Dank des neue Modernisierungsgesetzes hat sich nun auch diese geplante Grünsatzung erledigt. Und wenn die Gemeinde nicht ganz eilig eine neue Stellplatzsatzung erlassen würde, dann könnte sie nach der neuen Bayerischen Bauordnung nicht einmal die Zahl der Parkplätze für Wohnungen und Gebäude bestimmen. Deshalb brachte die Verwaltung nun eilig eine leicht veränderte, also gesetzeskonforme „Satzung zur Regelung der Kfz-Stellplätze und der Versiegelung von Grundstücksflächen“ in den Bauausschuss ein. Dramatische Änderungen zu der noch bestehenden Regelung gibt es nicht.
• Bei Wohnungen bis zu 60 Quadratmetern muss der Bauwerber künftig nur einen Stellplatz für ein Auto nachweisen (der kann übrigens auch auf einem Nachbargrundstück liegen)
• Bei Wohnungen über 60 Quadratmeter werden zwei Parkplätze vorgeschrieben.
•Altenheime und ähnliche Einrichtungen brauchen einen Stellplatz je 15 Betten.
• Arztpraxen und andere publikumsintensive Einrichtungen brauchen einen Stellplatz für je 30 Quadratmeter Nutzfläche.
• Kirchen müssen einen Stellplatz für je 30 Sitzplätze ausweisen.
• Turnhallen brauchen einen Stellplatz für 50 Quadratmeter Hallenfläche.
• Gaststätten müssen einen Stellplatz für je zehn Quadratmeter Gastfläche zur Verfügung stellen.
Auf Drängen von Gemeinderätin Gruber, den Räten Mulert und Welsch wurde auch die Pflicht für Fahrradstellplätze in der neuen Satzung verankert. Die Formulierung ist allerdings schwammig: Es wird eine „angemessene Anzahl von Fahrradstellplätzen“ verlangt. Architekt Welsch hofft nun, dass die Bauplaner durch diese Bestimmungen künftig auch an Verwahrorte für die Öko-Vehikel denken.
Bebauungspläne könnten Bäume schützen
Es gäbe, das fügte Rechtsberater und Gesetzesinterpret Dr. Busse noch an, doch einen Weg, Baum und Strauch zu schützen, aber der ist so mühsam wie Walnüsse sammeln im hohen Gras: In Bebauungsplänen könnte man vorschreiben, wie die grüne Möblierung von Gärten und Freiflächen aussehen könnte. Da diese Bebauungspläne aber sehr kleinteilig sind und vielleicht 20 Häuser umfassen, müsste die Gemeinde viele Pläne erlassen – bei rund 5000 Grundstücken in Herrsching eine Herkulesaufgabe. Und mit den Mehrheitsverhältnissen im Gemeinderat vermutlich auch nicht machbar.
Außerdem, so merkte Bürgermeister Schiller an, habe das Landratsamt signalisiert, dass es keine Zeit und Kapazitäten habe, örtliche Satzungen zu kontrollieren. Und wo kein Kontrolleur, da auch kein Richter. Ein Architekt sagte einmal in einem vertraulichen Gespräch, wenn er einen Schwarzbau planen würde, dann würde er ihn jetzt realisieren, weil mit Kontrollen nicht zu rechnen sei.
Die Hinweise von Herrn Dr. Busse zum Baumschutz in Ehren. Der viel einfachere Weg wäre eine Baumschutzverordnung, die nach wie vor zulässig ist. Das ist natürlich auch Herrn Dr. Busse bekannt. Eine solche aber wird von Bürgermeister Schiller samt seiner Unterstützer im Gemeinderat, allen voran seitens CSU, mit undemokratischen Winkelzügen bekämpft.
Bäume, Sträucher, Wiesen, Blumenbeete sind bekanntlich die grössten Klima- Natur-Umwelt- und Artenschützer. Hier den Bürokratie-Abbaustift anzusetzen finde ich absolut kurzsichtig gedacht und grob fahrlässig gehandelt.
Bereits als Friedrich Merz äusserte, dass er „Windkrafträder nicht schön findet“ und sie deshalb wieder abbauen lassen will – nebenbei bemerkt stimmt er da mit Alice Weidel AfD auch überein – fragte ich mich, welchen Stellenwert das Wohl unserer Natur und Umwelt in der CSU/CDU wohl hat?
Ein alter Indianerspruch bringt es auf den Punkt. Er endet inhaltlich mit der Aussage, dass wir, wenn wir alles Grün zerstört haben, von Geld nicht runterbeissen können. Wie wahr!