Wann gehen in Herrschings Kellern die Gas- und Ölflammen aus, wann kommt die Wärme per Rohrpost ins Haus? Die Erdwärme-Herrsching-Gesellschaft (EWH) verspricht schon für 2028 schätzungsweise 118 Grad warmes Wasser aus dem Untergrund. Aber wer bezahlt das Nahwärmenetz, das die Förderstelle mit Herrschings Haushalten verbindet? Die Managerin der EWH, Sophie Birner, hofft auch auf Beteiligung der Gemeinde und der Bürger. In vier bis fünf Jahren könnten dann schon Gebäude im Gewerbegebiet mit heißem Wasser aus der Tiefe beheizt werden. herrsching.online fragte nach, was denn ein Anschluss an das Nahwärmenetz kosten könnte.

herrsching.online: Sie haben bei Ihrer Geothermie-Präsentation im Dezember schon für 2028 Wärme aus der Tiefe in Aussicht gestellt. Wie sehen denn die nächsten Schritte aus?
Birner: Der erste und wichtigste Schritt ist die Sicherstellung der sogenannten Fündigkeit des Projekts. Wie vorgestellt, soll der Bohrplatz 2025 erstellt werden, sodass wir mit ersten Ergebnissen der sogenannten Projektfündigkeit Anfang 2026 rechnen können. Konkret geht es dabei um die entscheidenden Parameter: Wassermenge und Wassertemperatur. Diese beiden Parameter bestimmen, wie viel Energie zur Verfügung steht und infolge wieviel Wärmeenergie wir mit dem Geothermal Power Spot für Herrsching und Umgebung bereitstellen können. Liegen diese Ergebnisse vor, werden die Planungen für das Nahwärmenetz weiter konkretisiert.
herrsching.online: Die erste Nahwärme wird ja wohl das Gewerbegebiet erschließen, schließlich sind die Entfernungen von der Förderanlage zu den Gebäuden nicht groß. Außerdem ist hier durch die Gewerbebauten der Energiebedarf hoch.
Birner: Zum aktuellen Zeitpunkt sieht der Plan vor, dass Herrsching schrittweise – wie richtigerweise von Ihnen erkannt ausgehend vom Gewerbegebiet – mit Energie aus Tiefengeothermie 2028 versorgt werden soll. Diesbezüglich haben bereits erste Gespräche zwischen unserem Ingenieurbüro für die Planung des Nahwärmenetzes und potentiellen Verbrauchern stattgefunden. Ziel dieser Gespräche war es, das Interesse an einer Energieversorgung aus Tiefengeothermie mittels Nahwärmenetz anzufragen und Informationen über die derzeitige Heizsituation zu sammeln.
herrsching.online: Wie tief liegen denn die Rohre für die Nahwärme im Erdbereich? Wird das in Herrsching viele Baustellen mit gesperrten Straßen mit sich bringen?
Birner: Die Verlegung der Nahwärmenetzleitungen erfolgt in einer Tiefe von etwa 1,2 bis 1,5 Metern, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen. Dabei legen wir großen Wert darauf, die Bauarbeiten so zu gestalten, dass Beeinträchtigungen für die Anwohnerinnen und Anwohner, die Infrastruktur sowie den Verkehr so gering wie möglich gehalten werden. Wir planen, die Verlegung in Abschnitten durchzuführen, um Bauzeiten zu minimieren und den Zugang zu betroffenen Bereichen weitgehend aufrechtzuerhalten. Ein zentraler Aspekt des Projekts liegt folglich in einer sozial verträglichen Umsetzung.
herrsching.online: Viele Bürger befürchten, dass man sich als Bezieher von Nahwärme dem Lieferanten ausliefert – man kann ja mangels Alternativen den Vertragspartner nicht wechseln. Was sagen Sie zu diesem Argument?
Birner: Eine häufig gestellte Frage betrifft die Kosten für eine Wärmeversorgung aus Tiefengeothermie. Hierzu möchte ich sagen, dass wir uns der marktwirtschaftlichen Realität bewusst sind: Erfahrungsgemäß entscheiden sich nur rund zehn Prozent der Menschen aus rein ökologischen Gründen für eine Versorgung aus regenerativen Energiequellen wie Tiefengeothermie. Die überwiegende Mehrheit wird verständlicherweise auf den Geldbeutel schauen. Daher ist es für unser Projekt unerlässlich, wettbewerbsfähige Preise anzubieten. Zudem gibt es bereits staatliche Fördergelder für Bürger, die sich für einen Anschluss an ein Nahwärmenetz entscheiden. Wir bauen darauf, dass es diese Förderprogramme auch 2028 noch geben wird. Natürlich werden wir hierzu rechtzeitig proaktiv informieren.
herrsching.online: Es gibt ja schon funktioniernde Wärmenetze in Bayern. In München beispielsweise kostet ein Fernwärmeanschluss bis zu 30 kW 3789,40 Euro.
Birner: Wer bereits schon heute eine grobe Orientierung benötigt, kann sich bei erfolgreichen Projekten wie unter anderem Pullach, Grünwald und München informieren. Hier werden bereits ganze Orte und Stadtteile erfolgreich mit Energie aus Tiefengeothermie beheizt. Preise finden sich online auf den entsprechenden Websiten der Anbieter.
Wir haben der Gemeinde Herrsching bereits zugesagt, unsere erhobenen Daten mit der Gemeinde zu teilen, und stehen hierzu bereits im Austausch mit Frau Schleich, verantwortlich für den Bereich Energie in der Gemeinde Herrsching. Wir sind davon überzeugt, dass Tiefengeothermie ein wichtiger Schritt in Richtung einer regenerativen und nachhaltigen Energiezukunft für Herrsching ist.
herrsching.online: Der Bürgermeister sprach davon, dass sich die Gemeinde ein Nahwärmenetz im Augenblick nicht leisten könne. Wörtlich sagte er: „Momentan wüsste ich nicht, wie wir das finanzieren sollten. Aber bis dahin gibt es vielleicht Möglichkeiten.“ Wer bezahlt denn das Nahwärmenetz, oder besser: Wer finanziert das Netz vor – der Netzbetreiber, die Gemeinde oder der Wärmeabnehmer, sprich der Hausbesitzer über den Anschluss?
Birner: Laut aktueller Planung finanziert die Erdwärme Herrsching GmbH & Co. KG die Kosten für die Umsetzung des geplanten Nahwärmenetzes. Gleichzeitig begrüßt das Team ausdrücklich Vorschläge und Ideen, bei denen die Gemeinde, Dritte oder auch Bürgerbeteiligungen aktiv zur Realisierung des Nahwärmenetzes beitragen oder sich an der Umsetzung beteiligen möchten. Unser Ziel ist es, eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung für die Menschen in Herrsching und Umgebung zu schaffen. Daher prüfen wir alle Ansätze, die zu einer erfolgreichen Umsetzung des Nahwärmenetzes beitragen können.