„Wir waren am Samstag 12 Stunden im Einsatz“, berichtete der Breitbrunner Feuerwehrkommandant Florian Kleber vom herausforderndsten Einsatz dieses Jahres: Am Rauscher Fußweg, am Oberen Stocketweg und in der Ploetzstraße bedrohte das Oberflächenwasser vom Rauscher Berg und das sonst so harmlose Fendlbächlein die Kellerräume in Lochschwab. Aus einigen Häusern musste die Feuerwehr Wasser an die Oberfläche pumpen. „Vermutlich werden einige Urlauber zum Beispiel auch im Neubruch in Breitbrunn unangenehme Überraschungen nach ihrer Rückkehr erleben“, vermutet Kommandant Kleber, der Dauerregen mit 60 Liter am Samstag wird die Wehren wohl auch noch die kommende Woche über beschäftigen. Der Pegel des Ammersees stieg am Sonntag auf 533,64 Meter an – damit lag der Wasserspiegel immerhin 65 Zentimeter über dem langjährigen Mittelstand.
Das Kienbächlein, das meist verträumt zum Ammersee plätschert, war am Samstag nicht mehr wiederzuerkennen: Eine braune Brühe schoss förmlich durch das schmale Bachbett Richtung Seewinkel. In der Mündung stellten sich sogar kleine Wasserwalzen auf. Die Hechendorfer Straße und der Obere Stocketweg waren gesperrt, weil die Feuerwehr Breitbrunn das Wasser des Fendlbachs vorsorglich abpumpte und umleitete. Der Ammersee lag am Samstag immer noch weit unter dem Jahrhunderthochwasserpegel von 1999. Vor 25 Jahren standen Kurpark, Promenade und seenahe Straßen unter Wasser – der Seepegel stand bei 534,98 Meter. Inzwischen aber beträgt die Differenz nur noch 1,34 Meter zwischen dem Allzeit-Hochwasserpegel und dem aktuellen Wasserspiegel.
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim hatte am Freitag mitgeteilt, dass die Hochwasser-Meldestufen trotz ergiebiger Regenmengen vermutlich nicht erreicht würden. Trotzdem, so meldete das Landratsamt, hatte die Katastrophenschutzbehörde im Landratsamt alle Gemeinden, die Stadt Starnberg und alle Hilfsorganisationen vorgewarnt. Die Feuerwehren, THW, Rettungsdienst, Wasserwacht und DLRG „könnten im Bedarfsfall eingreifen“.
Zwischen Freitag, 17 Uhr, und Samstag, 14 Uhr fielen in Herrsching 60 Liter Regen auf den Quadratmeter – das meiste Wasser kam am Freitag gegen 23 Uhr über die Seegemeinde. Das Wasserwirtschaftsamt wies darauf hin, dass aufgrund der Niederschläge der vergangenen Wochen die Böden weitestgehend gesättigt seien. Man gehe trotzdem davon aus, dass die Meldestufen voraussichtlich aber nicht erreicht würden. Durch lokale Verstärkung der Niederschläge könnten aber selbst kleine Gewässer ohne Meldestufen über die Ufer treten.
Die Ursachen für eine Hochwassergefährdung von Herrsching liegen nicht nur in der Topografie, sondern in der Geologie. Gemeindearchivarin Dr. Friederike Hellerer weiß aus wissenschaftlichen Quellen und eigener Anschauung: „In unseren Voralpen-Moränen gibt es wasserundurchlässige Tonschichten, die dem Sickerwasser den weiteren Weg ins Erdreich versperren.“ Frei übersetzt: Es ist so, als schwitze das Erdreich die Wassermassen aus. 2016 geriet zum Beispiel der Fendlbach, der in Rausch entspringt, zum Hochwasser-Spender, Lochschwabs Keller verwandelten sich in Aquarien. Friederike Hellerer sah mit eigenen Augen, wie in Rausch das Wasser förmlich aus dem Acker schoss, als habe jemand einen Springbrunnen angestellt. „In Breitbrunn und Wartaweil hatte es nur getröpfelt, über Rausch und Lochschwab hatten sich die Himmelsschleusen geöffnet”, erzählte Hellerer.
In Herrsching wurde in jüngster Vergangenheit ein Frühwarnsystem aufgebaut, das Starkregenereignisse registriert und rechtzeitig warnen soll. So gibt es beispielsweise am Fendlbach einen Sensor, der die Wassermenge misst.