Nikolai Holzach (rechts) vor seinem Reliefbild „Der Clochard" im Gespräch mit Catharina Geiselhardt und Heinz Hellerer vom Herrschinger Kulturverein. Foto: Gerd Kloos

Ein Mann für alle Bühnen

3 mins read

Ein neuer Mann im Herrschinger Kulturleben, der gleich auf mehreren Bühnen steht: Nikolai Holzach ist Künstler, Wirt und „Impresario“. Dem Herrschinger Bildungspublikum hat er nun im Kurparkschlösschen einen umfassenden Einblick in sein Kunstschaffen eröffnet. Daneben betreibt er das Cafe Sonrisa, das sein Freund „Chichan” Christian Ramirez Carrillo in der Bahnhofstraße als Kulturcafe installiert hatte (Ramirez starb letztes Jahr an einem Herzinfarkt). Holzach gilt als spannender Künstler, weil er seine oft sozialkritischen Themen nicht nur auf die Leinwand bringt, sondern sich auch in Skulpturen und Installationen auszudrücken versteht. Bei der Vernissage beleuchtete die Expertin für die Bildenden Künste im Kulturverein Herrsching, Catharia Geiselhardt, die thematische und kreative Vielfalt des Künstlers, der eigentlich in keine Schublade passt: Im Hochparterre standen Plastiken, im Hauptraum zeigte Holzach Gemälde und hybride Werke zwischen Skulptur, Relief und Gemälde („Der Clochard Carlos Catastrophe“), im intimen Obergeschoss standen Werke aus der Blauen Phase, die wie Traumgebilde wirken. Für diese Bilder verwendet Holzach eine ungewöhnliche Technik, auf die Geiselhardt in dem Eröffnungsinterview besonders einging.

Die Bilder entstehen in einer blauen Grundierung, die noch flüssig und bearbeitbar ist. Weil die Zeitspanne bis zum Austrocknen der Farbe sehr kurz ist, werden zufällige Assoziationen, spontane Einfälle, aufflackernde Gestalten und Gesichter verarbeitet. „Diese Technik ermöglicht es, das Unterbewusstein anzuzapfen und alles Rationale auszuschalten. So kann ich auch eine Stimmung, die in der Gesellschaft herrscht, ungefiltert einfließen lassen“, sagte Holzach im Gespräch mit der Kunsthistorikerin Geiselhardt. Sie konfrontierte Holzach auch mit dem Begriff des Culture Clash, des Zusammenpralls verschiedener Kultur. Holzach sprach lieber von einer Vermischung der Kulturen, die eine neue Vielfalt entstehen lasse. 7 Arbeiten aus dieser Reihe stellte Holzach im Kurparkschlösschen aus, unter anderem eine dunkelhäutige Frau mit einer Tellerlippe, auf der eine CD liegt. Oder Mona Lisa im muslimischen Niqab – provokative Bilder mit Sprengkraft.

Das Werk „Der Clochard Carlos Catastrophe“ zog die meisten Blicke der Ausstellungsbesucherinnen auf sich: Es ist Gemälde, Relief und Installation in einem, zeigt Kopf und Bauch in 3-D und ist umrahmt mit einer Art Stacheldraht. Es übt auf den Betrachter eine verwirrende Faszination aus, der bürgerliche Blick auf eine völlig unbürgerliche Existenz bringt ästhetische und soziale Gewissheiten zum Einsturz. Holzach war diesem Clochard tatsächlich begegnet, er soll einmal sehr reich gewesen sein und den Rest seines Lebens unter den Seine-Brücken verbracht haben.

Die 2-tägige Ausstellung hatte nach Angaben des Kulturvereins 800 Besucherinnen angelockt und darf damit als Erfolg gewertet werden.

Aktuellste Meldungen

Bargeld unerwünscht

Die papierlose, digitale Zukunft hat schon begonnen – radikaler als es viele Bürgerinnen und Bürger mögen: