Immer wieder Schönbichl: Die Straße hoch über dem Ortskern Herrschings wird immer öfter zur Kampfzone für Baujuristen. Jüngstes Beispiel: Das Landratsamt will nun ein Mehrfamilienhaus genehmigen, das 13 Quadratmeter mehr Grundfläche hat als vergleichbare Häuser in der Nachbarschaft. Eine größere Grundfläche bis zu 15 Quadratmeter sei „städtebaulich nicht wahrnehmbar“, ließ das Landratsamt wissen. Dass es um die Schönbichlstraße soviel Trouble gibt, ist nach Ansicht des Landratsamtes auch ein Versäumnis der Gemeinde Herrsching: Es fehle eine entsprechende Bauleitplanung.
Die Crux an der Sache: Ein neuer Bauherr kann sich nun auf diesen Präzedenzfall beziehen und seinerseits weitere 15 Qadratmeter Grundfläche draufsatteln. Eine gummiartige Bestimmung im bayerischen Baurecht macht’s möglich: Wenn es keinen Bebauungsplan für die Gegend gibt, gilt Paragraf 34: Ein Bauvorhaben ist zulässig, wenn es sich „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“. So werden nicht nur Bausünden reproduziert, sie werden auch noch größer. Deshalb stimmten Christiane Gruber und Rainer Guggenberger (BGH) sowie die Grünen Gerd Mulert und Anke Rasmussen gegen das Bauvorhaben, alle CSU-Räte, FDP-Mann Johnannes Puntsch, Grünen-Gemeinderat Wolfgang Darchinger und Bürgermeister Schiller stimmten für eine Genehmigung.
Weil Ober Unter sticht, war das Votum des Bauausschusses aber nur eine Randnotiz: Die Baujuristen in Starnberg können das verweigerte „gemeindliche Einvernehmen“ ersetzen und einen Haken an das dreigeschossige Haus mit Tiefgarage machen. Die Gemeinde ist sozusagen nur ein vorgeschalteter Filter, was dann in Beton gegossen werden darf, entscheiden nichtgewählte Baujuristen.
Der Bauwerber für das Mehrfamilienhaus an der südlichen Schönbichlstraße hatte sich im letzten Jahr eine Abfuhr im Bauausschuss eingehandelt, weil der Bauplan eine Viergeschossigkeit und 264 Quadratmeter Grundfläche vorsah. Er nahm dann das Terrassengeschoss aus dem Plan, das Haus wurde dreigeschossig. Aber das half ihm auch nichts, weil er bei der Grundfläche übers Ziel hinaus schoss. Verwaltung und Bauausschuss befanden damals: „Bauplanungsrechtlich nicht zulässig.“
Aber es gibt ja noch die Baujuristen in Starnberg, die zwar auch der Meinung waren, ein viertes Geschoss sei zuviel. Die Erweiterung der Grundfläche beurteilten sie nachsichtig: „Wir sehen keine städtebaulichen Spannungen, die in das Gebiet getragen werden.“ BGH-Rätin Christiane Gruber sah das ganz anders. Das sei alles andere als schön. Das Landratsamt dagegen gnädig: Bei der Grundfläche komme es nicht auf mathematische Berechnungen an, sondern auf die von außen wahrnehmbare Wirkung.
Dann gaben die Juristen aber der Gemeinde noch eins mit: Die Gemeinde habe ihre städtebauliche Zielvorstellung nicht mit einer entsprechenden Bauleitplanung formuliert. Es schwant dem Landratsamt noch weiterer Ärger mit dem Gebiet: Es werde ein „hoher Verwaltungsaufwand auf die Gemeinde und die Baugenehmigungsbehörde zukommen, sofern es das Ansinnen ist, die weitere Entwicklung über den Paragrafen 34 steuern zu wollen“.