Pro Natur gibt's jetzt auch als Verein mit Spendensiegel: Von links Kassenchef Karl-Heinz Wirth, die Erste Vorsitzende Karin Casaretto und der Zweite Vorsitzende Konrad Herz.

„Herrsching biegt in die falsche Richtung ab“

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• Pro Natur gründet neuen gemeinnützigen Verein

• Tritt die Gruppierung mit einer eigenen Liste bei der nächsten Wahl an?

• Vorstand will breite Konsenslösung bei grünen Themen

Wenn jemand ein Victory-Zeichen oder gar Jubel erwartet hatte, dann lag er gründlich falsch: Die Bürgerinitiative Pro Natur mit ihrem frisch gegründeten Verein gibt sich versöhnlich, als wär’s ein Bibelkreis: Nach der CSU-Pleite mit dem Bürgerentscheid hat Pro Natur nicht zur Attacke auf die Baumschutzgegner geblasen, sondern spricht von Konsenslösungen und harmonischen Kamingesprächen mit allen Gemeinderatsfraktionen in Herrsching.

„Die Sachthemen werden zu oft politisiert“, sagte der Zweite Vorsitzende des neuen Vereins Pro Natur Herrsching, Konrad Herz. Und die Vorsitzende Karin Casaretto sekundierte: „Wir wagen den Versuch, mit allen Partnern zu arbeiten.“

Der neue Verein „Pro Natur Herrsching“ hat, so Kassenwart Karl-Heinz Wirth, zuerst einmal die technische Funktion, als gemeinnützige Organisation Spenden zu sammeln und dafür steuermindernde Quittung ausstellen zu können. Wie der Verein neben der eher lose organisierten Bürgerinitiative gleichen Namens politisch agiert, wurde in der Pressekonferenz nicht präzisiert. Und in welcher Struktur der demokratische Willensbildungsprozess stattfindet, blieb auch im Ungefähren. Die sogenannten „Bruckerlteffen“ jeden zweiten Dienstag (zum Beispiel im Ritterstüberl der Post) sind offene Gesprächkreise, an denen alle Bürger teilnehmen dürfen.

Die Themen jedenfalls, die sich die Gruppierung für die Zukunft vorgenommen hat, sind dicke Bretter:

• Die Wiedereinführung einer Baumschutzverordnung und schützenswerte Bäume zu Naturdenkmälern zu erklären

• Klimaschutz und Klimaresilienz durch nachhaltige Wassermanagement und Förderung von Dach- und Fassadenbegrünungen; Herrsching soll Schwammstadt werden

• Flächendeckender Grünplan für Herrsching mit naturnaher Gestaltung öffentlicher Plätze; Wiederbelebung des Ortszentrums

• Wärmenetz in Herrsching

• Förderung der Geothermie (Gemeinde soll in die Finanzierung einsteigen)

Kritische Töne Richtung Rathaus gab es trotz aller Konsens-Beschwörungen: Der Landschaftsingenieur Konrad Herz, gelernter Gärtner, meinte, dass Herrsching „in die falsche Richtung abbiegt“, die Diskussion sei manchmal „irritierend“. Die Umweltbeauftragte im Rathaus sei sicher „open minded“, habe aber auch ihre Denkgrenzen. Hier setzte Vorstandsmitglied Karl-Heinz Wirth ein, der vermutet, dass die Umweltreferentin mit allen Themen zum Bürgermeister gehen müsse: „Allein darf sie nichts entscheiden.“ Wirth war jahrzehntelang internationaler Versicherungsmakler und ehrenamtlicher Richter am Handelsgericht. Jetzt, in Pension, müsse er sich nur noch mit uneinsichtigen Bürgermeistern herumschlagen.

Dass Pro Natur konkrete und damit sichtbare Arbeit fürs Grüne und fürs Klima leisten kann, hat die Bürgerinitiative mit ihrem Entwurf für eine neue Baumschutzverordnung (Autoren: Uli Spindler und Norbert Wittmann) bewiesen. Für die Pro-Baumschutz-Kampagne vor dem geplanten Bürgerentscheid investierte Pro Natur mehrere tausend Euro in Plakate und Flyer, verteilte sie flächendeckend in der Gemeinde und holte auch die Bürgergemeinschaft um Christiane Gruber und die Grünen um Rita Mulert ins Boot. Vor der Volksbank initiierte Pro Natur die Pflanzung von 4 neuen Bäumen. Und fürs neue Gymnasium plant die Gruppe einen grünen Coup, über den sich Herz noch nicht konkret auslassen wollte.

Wie man hört, gilt eine Beteiligung an der nächsten Kommunalwahl als nicht ausgeschlossen. Damit würde dann eine dritte bürgerliche Liste antreten, die Grünes im Schilde führt. Ambitionen in dieser Richtung werden der Vereinsvorsitzenden Karin Casaretto bereits nachgesagt.

6 Comments

  1. @ Bibelrunde:
    PAPST FRANZISKUS schreibt am 4. Oktober 23 in seinem 20- seitigen Apostolischen Schreiben:
    „… Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft und die globale Gemeinschaft. Die Auswirkungen des Klimawandels gehen zu Lasten der am meisten gefährdeten Menschen, sei es im eigenen Land oder auf der ganzen Welt. …
    So wissen wir, dass mit jedem Anstieg der globalen Temperatur um 0,5 Grad Celsius auch die Intensität und Häufigkeit von starken Regenfällen und Überschwemmungen in einigen Gebieten und schweren Dürren in anderen zunehmen; ebenso kommt es in einigen Regionen vermehrt zu extremer Hitze und andernorts zu starken Schneefällen. …
    Der Mangel an Informationen führt dazu, dass große Klimaprojektionen, die lange Zeiträume umfassen – wir sprechen von mindestens Jahrzehnten – mit Wettervorhersagen verwechselt werden, die höchstens ein paar Wochen umfassen können. Wenn wir über den Klimawandel sprechen, beziehen wir uns auf eine globale Wirklichkeit …
    Der bloße Umstand, die persönlichen, familiären und gemeinschaftlichen Gewohnheiten zu ändern, nährt die Besorgnis angesichts nicht wahrgenommener Verantwortung durch politische Akteure und die Empörung gegenüber dem Desinteresse der Mächtigen. Es ist also festzustellen, dass es durchaus hilft, große Transformationsprozesse in Gang zu setzen, die aus der Tiefe der Gesellschaft heraus wirken, …“

  2. Richtigstellung:

    Die Vositzenden von Pro NaturHerrsching haben weder gesagt noch geplant, „als eigene bürgerliche Liste“ bei den nächsten Kommunalwahlen anzutreten.
    Diese Aussage entspricht der freien Interpretation von herrschingOnline.

    Karin Casaretto, Konrad Herz, Karl-Heinz Wirth.

    • Das beruhigt mich. Danke, lieber Vorstand. Und… Bibelkreise agieren und diskutieren zwar meist sehr friedvoll, sind aber inhaltlich eher mit den religiösen Themen des Judentum und der Christenheit beschäftigt. Hat pro natur auch so etwas wie eine Satzung?

    • Liebe Frau Casaretto
      Es bedarf keiner Richtigstellung – die Information über die politischen Ambitionen wurde im Artikel nicht dem Vorstand zugeschrieben, sie stammt aus anderen, sehr zuverlässigen Quellen. Wir dürfen aber auf die geschätzte Kollegin vom Starnberger Merkur verweisen, die schrieb: „Und sie (Pro-Natur-Vorstände) machten keinen Hehl daraus, dass sich damit potenzielle Gemeinderäte in Position bringen.“
      Redaktion herrsching.online

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