Ein Raunen ging durchs Publikum, als der Gemeinderat mit den Stimmen der CSU, der SPD und des Bürgermeisters den laufenden Bürgerentscheid zu Altpapier machte. Wie herrsching.online schon am Montagabend berichtete, kassierte der Rat die Bürgerbefragung zu einer Baumschutzverordnung ohne weitere Diskussion. Für Empörung im Publikum sorgte aber die Exekution ohne Aussprache. Der SPD-Gemeinderat und Dritte Bürgermeister Wolfgang Schneider hatte beantragt, den Beschluss ohne Diskussion aufzuheben. Begründung: „Es ist schon soviel zu diesem Thema gesagt worden.“ Schneider fand mit seinem Vorschlag eine konservative Mehrheit im Rat. Sogar sein zweiter Antrag ging schneidig durchs Plenum: Die Gemeinde soll die Kosten für den gescheiterten Bürgerentscheid der Kommunalaufsicht in Rechnung stellen. Damit zeigt Herrsching mit dem Finger aufs Landratsamt, das zur Zeit etwa 100 Millionen Euro ins neue Herrschinger Gymnasium investiert.
Die rund 2500 Briefwahlstimmen, die schon in der Urne lagen, werden also nicht ausgezählt. Ungezählt sind auch die angefallenen Kosten für die ausgefallene Wahl – der Bürgermeister sprach in der Gemeinderatssitzung von 12000 Euro. Eine Bürgerin hatte übrigens nachgefragt, aus welchem Topf dieses Geld kommt. Der Bürgermeister erklärte, dass man für solche Fälle einen Posten im Haushalt bereithalte.
Rathaus-Geschäftsleiter Guido Finster hatte vor der Abstimmung ausgeführt, dass er die Fragestellung des Ratsbegehrens („Soll die Gemeinde Herrsching eine Baumschutzverordnung erlassen“) mit 2 Ämtern abgestimmt habe. Er habe persönlich mit dem Fachbereichsleiter Kommunalwesen, Holger Albertzarth, gesprochen. Sogar die Regierung von Oberbayern sei in die Prüfung eingebunden gewesen. Möglicherweise, so spekulierte Finster, wäre eine andere Fragestellung nicht zu beanstanden gewesen.
herrsching.online hatte am Mittwochmittag, als die Bürger noch nichts ahnend ihre rosaroten Briefwahlumschläge einwarfen, von rechtlichen Bedenken berichtet. „Die Baumschutzverordnung leitet sich vereinfacht gesagt aus dem Bundesnaturschutzgesetz ab und ist eine Aufgabe, die der Staat an die Kommunen übertragen hat. Man spricht vom „übertragenen Wirkungskreis”. Eine Kommune kann einen Bürgerentscheid aber nur für ihren eigenen Wirkungsbereich durchführen, also für das, was sie selbst und alleine entscheiden kann.“ Dazu gab es sogar ein Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg.
Das alles aber fand kein amtlicher Prüfer heraus, sondern ein fleißiger Bürger mit dem obskuren Namen „Peter Grono“. Und dieses Wissen teilte er Landrat Frey am vorletzten Sonntag mit. Damit setzte sich ein Zug in Bewegung, der den Bürgerentscheid überrollte. Der Leiter der Kommunalaufsicht in Starnberg, Albertzarth, drückt das etwas feiner aus: „Bürgerentscheiden ist immanent, dass diese in bestimmten Konstellationen – wie hier – zur Bewertung komplexer Rechtsfragen führen, die mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet sind. Die Klärung solcher komplexer Rechtsfragen ist keine Frage des täglichen Verwaltungsgeschäfts einer Gemeinde und des Landratsamts, sondern anlassbezogener umfassender und vertiefter juristischer Expertise. Genau ein solcher Fall liegt hier vor, da in Abhängigkeit bestimmter Fragekonstellationen unterschiedliche Bewertungen denkbar wären. Umso wichtiger ist es letztlich, dass die Bürgerinnen und Bürger, bevor diese abstimmen, die Tragweite ihrer Entscheidungen klar abschätzen können und letztlich keine Rechtsunsicherheiten im Vollzug eines Bürgerentscheides auftreten.“
Das ist juristisch schwere Kost, „Peter Grono“ drückt es so aus: „Ich habe einfach nach Baumschutzverordnung und Bürgerentscheid gegoogelt, weil ich mich gefragt habe, ob das rechtlich möglich sei, dazu einen Bürgerbescheid durchzuführen.“ Es ist so einfach, wenn man mal den Blick über den Tellerrand hebt – und in den Computer schaut.
In der Gesamtbetrachung des Vorgangs ist auch noch eine Aussage eines Mitarbeiters der Gemeinde Herrsching in einem Bericht des Kreisboten vom 02.12.2023 von Interesse.
„Finster beschrieb auf Anfrage die rechtliche Absicherung des Verfahrens im Vorfeld. In Mails im Juli und auch noch im November sei die Zulässigkeit der Formulierung des Ratsbegehrens von der Aufsichtsbehörde bestätigt worden.“
Der CSU-Antrag zum Ratsbegehren trägt das Datum 21.08.2023. Über den Antrag wurde dann in der GR-Sitzung vom 25.09.2023 entschieden. Sollte tatsächlich bereits im Juli bei der Aufsichtsbehörde bezüglich der Zulässsigkeitder Formulierung des Ratsbegehrens nachgefragt worden sein, so wirft dies weitere Fragen auf.
GR Wolfgang Schneider (SPD) hat sich mal wieder (!) von Schiller vor den Karren spannen lassen, diesmal, um eine offene Diskussion zu verhindern – der Eindruck eines abgekarteten Spiels drängte sich nicht nur mir auf.
Das Desaster Bürgerentscheid so „klanglos“ in der Versenkung verschwinden zu lassen, bestenfalls noch den bösen Buben im Landratsamt zu suchen, ist eines Bürgermeisters samt Gemeinderat (von Bürgern gewählte Volksvertreter!) schlichtweg unwürdig. Als Kopf es Rathauses ist immer der Bürgermeister verantwortlich. Und – Menschen mit Format zeichnen sich dadurch aus, das sie zu ihren Fehler stehen!
Die Ausführungen von Herrn Albertzarth sind meiner Ansicht nach nicht juristisch schwere Kost sondern sinnlos. Die Frage der Zulässigkeit eines Bürger- oder Ratsbegehrens unter dem Gesichtspunkten eigener/übertragener Wirkungskreis zählt, so wird mir berichtet, zum kommunalrechtlichen kleinen Einmaleins. Und die Ausführungen unseres Herrn Finster haben mit der jetzigen Situation überhaupt nichts zu tun. Offenbar hat Herr Finster immer noch nicht erkannt, dass das rechtliche Problem nicht in der Fragestellung zum geplanten Bürgerentscheid lag, sondern in der Tatsache, dass das von Herrn Schiller, Herrn Bader u.a. initiierte Ratsbegehren von vorne herein rechtswidrig war. Gleichwohl hat Herr Schiller vollmundig verkündet, es sei alles rechtlich geprüft, was dann aber doch nicht der Fall war. Die Frage, wem die Kosten in Rechnung gestellt werden sollen, ist anders zu beantworten.
Hallo Herr Wirth,
ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass die Frage bzgl. der Übernahme der enstandene Kosten für ein sinnlos eingeleitetes Ratsbegehren anders zu beantworten ist. Da die Mehrheit des Gemeinderats (als Kontroll-, Prüf-und Enscheidungsorgan) mit Beschluss den Antrag der BGH, der Einschaltung einer rechtlichen Prüfung des Ratsbegehrens, abgelehnt hat, ist nicht das Landratsamt in der Verantwortung die Unkosten zu übernehmen. Es ist seitens des Gemeiderats ein netter Versuch, den „schwarzen Peter“ dem Landratsamt zuspielen zu wollen, um vor dem eigentlichen Unvermögen azulenken, obwohl bei der Abstimmug schon klar war, dass dies keine Aussicht auf Erfolg verspricht. Hat die Verwaltung vor der Abstimmung hier das Geprüft, ob es hier Aussicht auf Erfolg gibt? Vermutlich war es auch hier nur eine „politische Willensbekundung“ nach demMotto: „Man hat es ja wenigstens probiet“.
Und dürfen Herr Schiller und seine treuen Gefolgsleute Bader und Schneider mit diesem undemokratischen Schauspiel ohne Folgen davonkommen?
Der Herr Bürgermeister und die Fraktionen CSU, SPD und FDP haben wieder einmal erkennbar aus den Augen verloren, dass sie von Bürgern und Bürgerinnen der Gemeinde Herrsching gewählt wurden und rechenschaftspflichtig sind. Die schwere Versäumnisse insbesondere unseres Bürgermeisters müssen umfassend aufgeklärt und der Öffentlichkeit kommuniziert t werden.
Fassungslos haben wir gestern der Gemeinderatssitzung beigewohnt Nachdem Christian Schiller anfangs zu dem heissen Thema „Bürgerbegehren aufheben“ eine rege Diskussion versprach, wusste er wohl bereits, wie jedenfalls stark anzunehmen ist, dass es zu dieser Diskussion nicht kommen würde? Denn er hatte ja noch den Joker Wolfgang Schneider im Ärmel. Alle Wortmeldungen seiner Rätinnen und Räte wohlwollend ignorierend, erlaubte er Wolfgang Schneider dann auch sofort mit seinem Antrag herauszurücken, der viele von uns vor den Kopf stiess.: Eine Abstimmung ohne Diskussion sollte es werden. Und das wurde dann auch freudig prompt vom Ratsherren in die Wege geleitet.
Wie schon seit Jahren blieb dabei wieder einmal die so notwendige Baumschutzverordnung auf der Strecke. Als ungeliebtes Kind hin und her gestossen sollte sie nun im Bauausschuss landen, nachdem der AK Umwelt anscheinend klamm heimlich wieder abgeschafft worden ist. Was sie da wohl zu suchen hat?
Gut nur, dass für derartige Pannen eines missglückten Ratsbegehrens, trotz äusserst klammer Kassen und notwendiger Kreditaufnahmen, eine stolze Summe von mindestens
€ 12000,00 , wie der
1.Bürgermeister auf Nachfrage mitteilte, verfügbar ist.
Jetzt ist also der Teilaspekt der gemeindlichen Grünplanung (eine hilfreiches Regelwerk zu Baumschutz im Ortsbereich) wieder da, wo es entschieden wird, im Gemeinderat. Die Gartenbauvereinsvorstaende und die anderen Buergergruppierungen können sich wieder ihren Mitgliedern zuwenden und Informationsveranstaltungen anbieten. Der Umweg die Baumschutzverordnung im Bauausschuss einzugliedern wurde abgewählt. Also, wie geht es weiter. Wird der Gemeinderat die alte nicht tragfähige Schutzordnung zur Abstimmungbringen oder wird eine von Pro Natur verbesserte Vorlage auf den Tisch kommen? Vielleicht wird der Bgm. aber auch mit der Verwaltung ein neues Regelwerk vorlegen. Wir werden sehen und hoffen, dass die Grundstücksbesitzer bis dahin keine gesunden und standfesten Bäume fällen werden. Die Gemeinde hält sich „freiwillig“ an diese geregelten Vorgaben, so wie es das Umweltreferat der Bayerischen Regierung vorsieht.
Keine Aufarbeitung, keine Diskussion,keine Einsicht…
12000 Euro Steuergelder versenkt ohne ein Wort des Bedauerns.
Das Gerangel, wie es mit der Beratung einer Baumschutzverordnung weitergeht : durchschaubar.
Der mit Hoffnungen verbundene AK Umwelt : in aller Stille abgeschafft .
Der Bauausschuss, in dem mehrheitlich Gegner einer Verordnung sitzen, das „probate „Mittel – entdeckt zur Endlagerung einer der vordringlichten Aufgaben heute, des Baumschutzes. Vielleicht darf er sich ja in Zukunft zusätzlich „Umweltausschuss“ nennen. Klingt schon viel besser…
Die Baumschutzverordnungsgegner fast am Ziel , obwohl es ja eigentlich mal eine demokratische Abstimmung im April im Gemeinderat gab pro Verordnung. Ist aber doch echt egal…
Chapeau vor soviel Chuzpe !
Und Fassungslosigkeit unter den Zuhörenden.
Vorhang geschlossen. Und alle Fragen auch.