Keim: „Eine Peinlichkeit, die nun auf den gesamten Gemeinderat negativ abfärbt“

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Es wird eine turbulente Gemeinderatssitzung am Montag (Beginnn 19 Uhr): Auf der Tagesordnung steht der Stopp des Bürgerentscheids, den die CSU-Fraktion beantragt hatte. Wie herrsching.online schon am Mittwochmittag berichtet hatte, stellte die Kommunalaufsicht des Landratsamtes überraschend fest, dass der Entscheid rechtswidrig oder zumindesten rechtlich fragwürdig ist. Der FDP-Gemeinderat Alexander Keim, der in der Sitzung im September mit der Mehrheit für den Bürgerentscheid gestimmt hatte, verlangt nun eine Erklärung der Starnberger Rechtsaufsicht. Keim hat herrsching.online eine Stellungnahme geschickt, in der viel Ärger und Zorn über die Verwaltung zum Ausdruck kommt. Keim wörtlich:

„Grundsätzlich unterstützt die FDP eine Bürgerbeteiligung bei großen Investitionen oder kontroversen Themen wie der Baumschutzverordnung. Ich habe immer klar gemacht, dass wir uns nur an der detaillierten Ausarbeitung einer neuen Verordnung beteiligen, wenn die Bevölkerung das wertschätzt und nicht der Eindruck entsteht, dass wir auf kommunaler Ebene nun auch der Regelungswut frönen und Eigentum und Besitz weiter beschneiden. Es gibt jetzt unterschiedliche Sichtweisen, wie der Ablauf der Dinge genau war und wer am Ende diese Steuergeldverschwendung zu verantworten hat. Mir tun sogar die Ortsverbände leid, die Spendengelder nutzen mussten, um ihren Informationsplichten nachzukommen.

Der Bürgermeister hat mir heute versichert, dass die Verwaltung mit sich von einer Woche auf die andere ändernden juristischen Einschätzungen von ein und derselben Behörde konfrontiert war. Sollte das stimmen, möchte ich eine Stellungnahme der zuständigen Stelle im Landratsamt hören in der Gemeinderatssitzung am Montag. Wir Gemeinderäte sind Laien und auf den Sachverstand von Verwaltungsinstanzen und -rechtlern angewiesen. Wenn wir nicht mal sowas mehr hinbekommen, ohne Fehler zu machen, haben wir ähnlich dystopische Zustände wie in Ländern, die wir jahrzehntelang bemitleidet haben und verspielen weiter das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie. Jetzt hilft nur Offenheit, Ehrlichkeit und vielleicht auch eine Entschuldigung, wenn hier jemand einen groben Fehler begangen hat, der uns bis zu 20.000 Euro kosten kann. Das Geld hätten viele lieber für ein naturnahes Upgrade der Spielplätze verwendet. Ich weiß nicht, wie ich das den Kindern erklären soll, was wir teilweise mit diesen Geldern anstellen. Auf jeden Fall ist dies nun eine Peinlichkeit, die nun auf den gesamten Gemeinderat negativ abfärbt, obwohl weder Befürworter noch Gegner der Baumschutzverordnung oder des Ratsbegehrens etwas dafür können.

18 Comments

  1. Hallo Herr Wirth,
    ich kann ihnen nur zustimmen, da der Gemeinderat, nach Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (GVBl. S. 796) BayRS 2020-1-1-I, Art. 30 Rechtsstellung; Aufgaben des Gemeinderats wie folgt verpflichtet ist:
    (3) Der Gemeinderat überwacht die gesamte Gemeindeverwaltung, insbesondere auch die Ausführung seiner Beschlüsse.
    Somit wird dem Gemeinderat auch automatisch eine Prüfverpflichtung der Sitzungsvorlagen übertragen. Letztendlich haftet jeder einzelne Gemeinderat für seine Entscheidungen. Aus diesem Grund gibt es auch die ein oder andere namentliche Abstimmung. Ich vermute aber, dass dem ein oder anderen Gemeinderat diese Verantwortung nicht bewusst ist.

    • Ich gebe ihnen absolut recht. Wir sind als Räte verpflichtet, der Verwaltung genau auf die Finger zu schauen. Allerdings tun wir dies mit bescheidenen Mitteln.

      Zu einer eingehenden rechtlichen Prüfung benötigt man verwaltungsrechtliche Expertise. In Rheinland-Pfalz muss die Verwaltung die Kosten übernehmen, wenn ein Gemeinderat einen Anwalt bezahlen muss. In Bayern leider (noch) nicht.

      • Ich stimme Ihnen da zu, Herr Keim. Die Problematik ist mir bekannt. Zur Wahrheit gehört dann aber auch, dass der Antrag von Frau Gruber, die Sache von der Kommunalaufsicht prüfen zu lassen, auch von Ihnen abgelehnt wurde. Diese rechtliche Prüfung hätte nichts gekostet.

      • Hallo Herr Keim,
        wer hat die Kosten für die damalige rechtliche Beratung durch Herrn Dr. Busse bei dem geplanten Bürgerbegehren gegen das Gymnasium in Mühlfeld übernommen? Doch nicht der Gemeinderat in persona, sondern die Gemeideverwaltung mit unseren Steuergeldern.
        Warum hat die Mehrheit des Gemeinderats nicht darauf bestanden, dass ein Rechtsanwalt beim Ratsbegehren einzuschalten ist, um rechtliche Sicherheit zu haben (analog Gymnasium)? Dies wäre sicherlich kostengünstiger gewesen, als die von Ihnen zitierten 20.000.-€, die in den Sand gesetzt wurden.
        Stellen Sie Sich vor, das Ratsbegehren wäre durchgeführt worden, und ein Rechtsanwalt hätte die Zulässgkeit des durchgeführten Ratsbegehren danach in Frage gestellt und Recht bekommen. Dann wäre der finazielle Schaden höher und die Peinlickeit noch größer.

  2. Bringen wir es doch einfach auf den Punkt. Der Gemeinderat hatte über ein vom Bürgermeister und der CSU initiiertes Ratsbegehren zu entscheiden.
    Es war zwingende Aufgabe des Gemeinderates eingehend zu prüfen, ob das Ratsbegehren überhaupt zulässig ist. Offensichtlich mangels eigener Fachkompetenz lassen sich dann 12 Mitglieder des Gemeinderates von Herrn Schiller über den Tisch ziehen, der behauptete, es sei alles geprüft. Inwieweit sich die CSU nur weggeduckt hat, um den bekannten Wünschen von Herrn Schiller nachzukommen, sei dahingestellt. Herr Schiller und 12 Gemeinderäte sind verantwortlich für dieses Fiasko. Es reicht nicht aus jetzt zu erklären, man hätte auf die Bedenken anderer Gemeinderatsmitglieder eingehen sollen. Jedes Gemeinderatsmitglied oder zumindest jede Fraktion hatte die Verpflichtung, vor einer Abstimmung Rechtssicherheit zu schaffen und nicht blind Herrn Schiller nachzulaufen, der sich immer öfter nicht an Spielregeln hält und seine ihm gesetzlich zugedachte Rolle als Bürgermeister gerne aus den Augen verliert.

  3. Maximale Versiegelung wurde im Bauantrag meines Nachbarn durch die Gemeinde gestattet. Dies hatte zur Folge, das am letzten Donnerstag und Freitag drei völlig gesunde und alt gewachsene Bäume gefällt wurden.
    Bei dieser Nachbarschaft sind auch meine Bäume sehr lästig. So wurde im Zuge der Fällung meine Eiche bis zu seiner Grundstücksgrenze eingekürzt. Hier gibt es so gar keine Einsicht für die Natur und Notwendigkeit für eine Nachpflanzug. Es gibt, wenn das neue Gebäude steht auch kein Platz mehr für neue Bäume auf dem Grundstück. Herr Keim, sie argumentieren mit einer Einsicht der Bevölkerung und die sehe ich bei vielen und einigen so gar nicht. Besonders nicht in der Panoramastraße, denn seit fast alle gesunden Bäume aus dem Biotop gefällt wurden, ist die Tür geöffnet das dies auch in allen anderen Grundstücken genauso passieren kann.
    Die Gemeinde hat leider in diesem Bereich ihre Vorbildfunktion so ziemlich zerstört. So bin ich sehr gespannt wie die Promenade in drei Jahren aussehen wird, ob hier dann auch noch Bäume stehen? Ich appelliere an die Einsicht das wir eine Baumschutzverordnung dringend benötigen. Die meisten Bürger, die am Wochenmarkt einkaufen gehen und wir von ProNatur befragt habe, sind genau dieser Meinung.
    Der Baum hat eine Lebensberechtigung und der Gemeinderat hat dafür zu sorgen das dies umgesetzt wird.

  4. Hallo Alexander, du argumentiert dafür, dass die Ablehnung einer Baumschutzverordnung und damit eines wichtigen Beitrags der privaten Gartenbesitzer für ein Einbremsen des Klimawandel zu teuer ist. Ich denke, dass die Folgen eines ungebremsten Klimawandels dem Staat noch viel teurer kommt. Übrigens habe ich ein gutes Beispiel für das schnelle Faellen gesunder Bäume um einen direkten Seeblick vom Wohnzimmer aus zu erhalten. Das Beispiel gebe ich dir bei der Podiumsdiskussion am 30.11.2023. Ganz zu schweigen von der Steigerung des Haus-und Grundstückswertes, den eine baumfreie Immobilie speziell in Breitbrunn und Herrsching hat. In anderen Kommunen ohne See dagegen sind Wohngebiete mit Baeumen mehr Wert. Wenn der Staat nun verallgemeinernd nur dazu da ist, die reichen und wohlhabenden Bürger noch reicher zu machen, dann fände ich das schade. Ich denke, wir brauchen Regeln gegen ein völlig ungebremstes, profitgieriges Abholzen gesunder alter Bäume und eine Unterstützung für die Baumbesitzer, die auf eigene Kosten mit Baumpflege einen konstruktiven Beitrag für das Gemeinwohl erbringen. Auch waere es die private und notwendige Ergaenzung des gemeindlichen Gruenplanes der Abteilung von Frau Kalz, die ja auch nur die kranken und nicht standfesten Charakterbaueme faellen lässt.

    • Nachtrag: Ich weiß, dass er Grundgedanke der FDP der Liberalismus ist, besonders das Ideal der Freiheit des Einzelnen vor staatlicher Gewalt ist das Ziel. Diesem Ideal liegt aber ein eher negativer Freiheitsgedanke zu Grunde, der in Richtung Ordnungsregeln für die Menschen im Staat positiv umgedeutet werden koennte. Vor etwa 30 Jahren war die FDP noch sozialer und pragmatischer an allen Bürgern dran und nicht nur die Partei der besser verdienenden Bevölkerung.

  5. Liebe Heidi

    natürlich kommt keine Gesellschaft ohne Regeln aus, aber es muss eine Kosten-Nutzen-Abwägung stattfinden und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Jede neue Verordnung führt auch zu Kosten und Bürokratie. Wir sollten anfangen, neue Verordnungen nur zu erlassen, wenn wir dafür bestehende zurücknehmen. Warum sage ich das?

    Unsere Staatsquote ist in den letzten 5 Jahren um 5% gestiegen und liegt aktuell bei knapp 52%. Das heißt wir geben einen Großteil der Wirtschaftsleistung dafür aus, dass der Staat seine Aufgaben und Pflichten erfüllen kann. Dennoch nimmt die Zufriedenheit der Bevölkerung ab.

    Eine demokratische Gesellschaft muss Streit und Diskurs aushalten können. Du glaubst doch nicht, dass sich jeder Grundstücksbesitzer einfach so mit einer Regelung und ggf. den Entscheidungen eines Gremiums einfach so abgibt?

  6. Lieber Alexander Keim, lieber Fraktionsvorsitzende pder FDP, gerne möchte ich jetzt nur auf Deine Bemerkung zur „Regelungswut“ antworten. Der Gartenbauverein Breitbrunn, ein gemeinnütziger Verein mit privaten Gartenbesitzern, bemüht sich seit drei Jahren im Austausch mit Herrn Erhardt von der unteren Naturschutzbehörde, um naturnahe Gärtnern zum Zwecke eines Beitrages gegen die negativen Folgen des Klimawandels. Wir zertifizieren in diesem Rahmen eine vorbildliche Gartengestaltung, deren wesentliche Komponente die Pflege und der Erhalt des Baumbestandes ist. In meiner ehemaligen Funktion als Gartenbauvorsitzende musste ich mir in den letzten 5 Jahren viele Gespräche zu Nachbarstreit zu Bäume anhören. Ich bin aufgrund dieser Erfahrungen der Meinung, dass es eine falsch verstandene Freiheit ist „wenn jeder in seinem Garten macht, was er will“. Fehlende Regelwerke gefährden unser friedliches Zusammenleben, führen oft vor den Richter und loesen selten die sachlichen Probleme. Und, lieber Alex, bedenke, im Straßenverkehr, im Sport, in der Schule, usw. Ueberall gibt es Regelwerke – warum nicht in der Grünplanung. REGELN helfen uns! Ich bin der festen Überzeugung, dass wir sie in einem demokratischen Gemeinwesen brauchen und dass sie uns Menschen im Zusammenleben helfen können. Danke, dass du als Gemeinderat ehrenamtlich für unser aller Wohl arbeitest.

  7. Die sogenannte Peinlichkeit wird, wenn überhaupt, nur auf diejenigen Gemeinderätinnen und Räte abfärben, die ihre Hand für dieses Ratsbegehren hoch gehoben haben. Trotz der Mahnungen von Claudia von Hirschfeld und Christine Gruber. Ihre Aufforderungen, die Kommunalaufsicht über die Rechtmässigkeit dieses Begehrens zu befragen, wurde ja in der Sitzung abgelehnt. Und das Ratsbegehren auch mit den beiden Stimmen der FDP durchgeboxt, wie wir wissen. Nur die gesammten Mitglieder der Grünen und BGH widersetzten sich diesem Begehren, so wie auch ein Mitglied der SPD. Aber alle ihre reich- und stichhaltigen Gegenargumente nützten nichts, wie wir ja leider auch erleben mussten.
    Nun ist das Ganze teuer schief gegangen.
    Hoffen wir nur, dass eine neue Baumschutzverordnung durch diese Bruchlandung neuen Aufwind bekommt!

    • Es haben übrigens alle Gemeinderäte für das Ratsbegehren gestimmt. Dagegen zu stimmen war gar keine Option. Ich weiß nicht, wie oft ich das klar stellen muss bis dieser Narrativ aufhört die Runde zu machen.

        • Hier empfiehlt sich ein Blick in das Protokoll der GR-Sitzung vom 25.09.2023. Es wurde namentlich abgestimmt! 12 GR haben dem Ratsbegehren zugestimmt, 10 GR haben das Ratsbegehren abgelehnt. Ebenso haben 10 GR dem Antrag von Tinsi Gruber zugestimmt, das geplante Ratsbegehren zunächst durch die Kommunalaufsicht prüfen zu lassen. Dieser Antrag wurde mit 12 Gegenstimmen abgelehnt.

  8. Es ist mir unverständlich, wie man zu der Aussage kommen kann, diese sog „Peinlichkeit“ färbe auf den gesamten Gemeinderat ab.
    In Wahrheit färbt sie nur auf diejenigen Gemeinderät*innen von CSU, FDP und SPD ab, denen es trotz Mahnungen von Gemeinderatskolleg*innen, man solle vor dem Beschluss doch erst die Kommunalaufsicht befragen, nicht schnell genug gehen konnte, das Ratsbegehren durchzuboxen.
    Diese Art von Schnelligkeit wäre jetzt dringend bei der Ausarbeitung einer guten Baumschutzverordnung für Herrsching gefragt.

    • Nicht jeder steckt so im Detail wie Du und besucht regelmäßig die Sitzungen. Natürlich hätten wir besser auf Claudia‘s Bedenken eingehen sollen. Aber es war ja wohl so, dass die Verwaltung sich trotzdem rückversichern wollte, aber zunächst nur eine oberflächliche Prüfung stattgefunden hat.

  9. Die Gemeinderätin Claudia von Hirschfeld (BGH) ist meines Wissens Richterin von Beruf. Sie hatte gravierende Zweifel an der kommunalrechtlichen Zulässigkeit des Ratsbegehrens. Der Antrag der BGH zur Aufschiebung der Antags und einer nochmaligen rechtlichen Überprüfung wurde von den Befürwortern des Ratsbegehrens abgelehnt. – Obwohl eine Menge Zeit und Geld auf dem Spiel standen, die nun sinnlos vergeudet wurden. Man hatte es offensichtlich eilig, das Ratsbegehren mit knapper Mehrheit durchzubringen. Ich frage mich warum?

  10. Die von Herrn Keim zitierten 20.000.-€ wurden einfach in den Sand gesetzt! Dieses Geld wird sicherlich im Haushalt für 2024, der demnächst vom gleichen Gemeinderat verabschiedet wird, vermutlich durch Einsparungen bei den Zuschüssen für die örtlichen Vereine kompensiert. Die Vereine, die ehrenamtliche Tätigkeiten in Herrsching nachkommen, werden sich sicherlich darüber freuen.
    Wieso hat die Gemeinde Herrsching, nicht wie bei dem geplanten Bürgerbegehren gegen das Gymnasium in Mühlfeld einen Rechtsbeistand hinzugezogen? Herr Dr. Busse, als Kreistagsmitglied damals beratend, hätte sicherlich hier helfen können?

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