So stellten sich die Architekten die neue vereinigte Klinik Herrsching-Seefeld vor. Da sich aber abzeichnet, dass Häuser mit nur 200 Betten keine Zukunft haben, soll ein Gutachten die Kliniklandschaft im Kreis neu ordnen. Da Herrsching an der Seefelder Straße noch Erweiterungsflächen bietet, könnte hier – theoretisch – eine größere Klinik entstehen.

Und so sah die Welt noch im April ’23 aus

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Artikel vom 23. April 2023 in herrsching.online über die Präsentation der Klinikplanung mit Landrat Frey und der Gemeinde Herrsching ///

Belle Vue auf Kassenkosten: Das neue Klinikum Westlicher Landkreis könnte ein städtebauliches Schmuckstück werden – und die Genesung zum Erlebnis machen. Am Mittwoch abend stellte Landrat Stefan Frey die Pläne für die fusionierte Klinik Herrsching-Seefeld in der Martinshalle vor. Das Publikum jedenfalls war begeistert vom Entwurf der Münchner Architekten Dewan Friedenberger. Im Herbst 2025 werden die Bagger an der Seefelder Straße anrücken, 2029 werden die ersten Patienten einen herrlichen Blick auf Ammer- oder Pilsensee genießen.

Die ersten Schritte nach OP, Infarktbehandlung oder HNO-Behandlung können die Patienten auf einem begrünten Dach machen. Auch ökologisch setzt das Haus Maßstäbe: Der Flächenverbrauch ist auf 10000 Quadratmeter begrenzt, auf dem Dach liefert eine PV-Anlage Strom, und Radfahrer wie Fußgänger erreichen die Klinik ohne Umwege über die Goethestraße. Vor dem Haus hält der Bus, und wer mit dem Auto aus Gilching, Weßling oder Seefeld kommt, muss sich nicht durchs Herrschinger Ortszentrum quälen.

Formal war Landrat Stefan Frey nicht einmal Hausherr bei der Präsentation in der Martinshalle. Herrschings Bürgermeister Christian Schiller hatte zur „frühzeitigen Bürgerbeteiligung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ geladen. 200 Besucherinnen und Zuhörer füllten die Mehrzweckhalle, viele davon Beschäftigte der beiden Kliniken Schindlbeck und Seefeld.

Landrat Frey wies in seinem Statement auf die politische Großwetterlage hin: Kleine Kliniken wie Schindlbeck und Seefeld hätten kaum noch eine Zukunft. „Die Pläne des Gesundheitsministers Lauterbach stellen die medizinische Versorgung auf den Kopf.“ Starnberg aber könne nicht darauf warten, was sich Berlin ausdenke – die Starnberger Klinik GmbH mit Starnberg, Schindlbeck, Seefeld und Penzberg habe schließlich Verantwortung für 2 000 Mitarbeiter. Trotzdem schielt der Kreis natürlich nach Berlin – Frey hofft für das Klinikum nicht nur auf die Zuschüsse des Freistaates, sondern auch auf Geld aus einem Bundesprogramm. Die Planer im Landratsamt jedenfalls stehen unter Zeitdruck: Die Krankenhauskommission in München tagt nur einmal im Jahr. Deshalb müssen die Pläne für die Genehmigung der Zuschüsse fristgerecht eingereicht werden.

Funktionsebenen und Stockwerke der Klinik

Auf die Funktionsebenen sind die Pflege-Pavillons elegant draufgesattelt. Planung und Zeichnung Dewan Friedenberger Architekten

An den Architekten von Dewan Friedenberger wird’s nicht scheitern: Martin Friedenberger ließ keinen Zweifel daran, dass das Projekt viel Freude mache. Der Bau füge sich als flacher, horizontal gegliederter Baukörper „ganz selbstverständlich“ in die Landschaft ein. Die Basis der Klinik bilden als zusammenhängende Flächen das Sockelgebäude und das Erdgeschoss. Im Sockelgeschoss finden die Notaufnahme, die Radiologie, Nuklearmedizin, Labor und Versorgungseinrichtungen Platz. Im angeschlossenen Erdgeschoss liegen das Medizinische Versorgungszentrum (Fachärzte-Praxen), Ambulanz- und Diagnosebereiche und die OP-Räume mit angrenzender Intensivstation. Auf Nachfrage teilte Klinik-Holdingchef Dr. Weiler mit, dass der Bereich über 7 Intensivbetten und 3 Überwachungsbetten verfüge. Alle Funktionsbereiche werden über einen zentralen Verkehrsweg, die sogenannte Magistrale, erreicht und sind über fünf großzügige Innenhöfe belichtet.

Im ersten Obergeschoss sind 2 Pflegestationen mit jeweils 33 Betten geplant. Weitere 3 Pflegestationen sowie eine Komfortstation (für Privatpatienten) befinden sich im zweiten und dritten Obergeschoss. Von allen Bettenstationen aus sind Terrassen und begrünte Dachflächen für Patienten, Besucher und Personal nutzbar.

Jeder Architekt muss 2 tückische Vorgaben berücksichtigen: Die Grundflächenzahl und die Abstände zum Nachbargrundstück. Die Bauordnung, so der Herrschinger Architekt und Gemeinderat Johannes Puntsch, sehe vor, das die GRZ maximal 0,8 betragen dürfe. Das bedeutet: Höchstens 80 Prozent der Fläche dürfen bebaut werden. Die Klinik aber konsumiert 90 Prozent der Fläche – nach Ansicht der Planerin Ursula Burkart sei das im tolerablen Bereich. Die nötigen Abstände würden eingehalten.

Dann erhielten die Zuhörerinnen und Zuhörer Gelegenheit zu Nachfragen:

Klinik-Kapelle: Dekan Simon Rapp fragte schriftlich an, ob eine Kapelle im Plan berücksichtigt sei. Kliniken-Chef Dr. Weiler konnte beruhigen: Sie liegt sogar im Zentralbereich.

Hubschrauberlandeplatz: Den Anliegern war das Thema ein großes Anliegen – sie fürchteten verständlicherweise den Fluglärm. Auch hier gab’s Entwarnung. Herrsching erfüllt nicht die Anforderungen für einen Sani-Heliport. Wenn mal ein Hubschrauber landen muss, dann sucht er sich einen Platz in der Umgebung.

Privat-Patienten-Station: Dr. Regine Böckelmann fragte, ob es auch die berühmte Station mit den Goldenen Wasserhähnen gibt. Gibt es, sagt Weiler, aber nicht mit Goldenen Wasserhähnen.

Mitarbeiter-Wohnheime: Viel Beifall erntete SPD-Chef Werner Odemer mit der Frage nach Wohnheimen in Kliniknähe. Landrat Frey verwies auf die Wohnheime der Schindlbeck-Klinik. Außerdem beschäftige die fusionierte Klinik ja eher etwas weniger Personal als die beiden Einzelhäuser zusammen. Die Mitarbeiter hätten ja alle schon Wohnungen.

Was geschieht mit dem Schindlbeck-Gelände? Landrat Frey machte keinen Hehl daraus, dass ein Teil des freiwerdenden Schindlbeck-Geländes zur Finanzierung der neuen Klinik verwendet werden müsse. Sowohl Dr. Weiler als auch Frey appellierten an die Vermieter, Wohnraum für Klinikbedienstete anzubieten. Der Kreis könne auch die Mietverträge „mitgestalten“. „Beweisen Sie ein großes Herz“, sagte Frey.

Zufahrt von der Goethestraße im Süden der Klinik: Diese Zufahrt ist für die Feuerwehr, für Fußgänger und Radfahrer reserviert. Wer zu Fuß oder per Pedal zur Klinik kommt, kann also die Seefelder Straße vermeiden. Für alle Herrschinger eine sichere Abkürzung.

Wird es auch Drei-Bett-Zimmer geben? Nein, sagt Dr. Weiler, der bayerische Krankenhaus-Standard sieht nur Zwei-Bett- und für Privatpatienten Einbett-Zimmer vor.

Wann müssen die Container für die Geflüchteten an der Goethestraße weichen? Eine Dame aus dem Helferkreis erkundigte sich besorgt nach dem Schicksal der Geflüchteten. Niemand wolle, dass die Asylbewerber, Geduldeten und anerkannten Flüchtlnge über Bayern verteilt werden, wenn die Container der Klinik weichen müssen. Die Verantwortlichen machten deutlich, dass spätestens ein halbes Jahr vor Baubeginn die Container abgebaut werden. Und Baubeginn sei voraussichtlich im September 2025. Wie herrsching.online berichtete, hat der Gemeinderat die Laufzeit der Container auf Ende 2024 verlängert.

Das prominent besetzte Podium in der Martinshalle: Von links Kreis-Kliniken-Chef Dr. Thomas Weiler, daneben Projektplaner Hartl, Architekt Martin Friedenberger und Landrat Stefan Frey. Am Mikro Bürgermeister Schiller

Parkplätze an der Klinik: Es wird etwa 50 Besucherparkplätze an der Zufahrt zur Klinik am Nordrand des Geländes geben. Die Tiefgarage bietet 300 Parkplätze.

Welche Fachrichtungen bietet die Klinik? Die bisherigen Fachabteilungen von Schindlbeck und Seefeld, also eine Internistische Abteilung, die Chirurgie, dazu kommt die HNO-Abteilung aus Starnberg nach Herrsching. Die Schlaganfall-Versorgung wird in Starnberg beheimatet sein. Die geriatrische Fachabteilung wird der Inneren in Herrsching angegliedert bleiben.

Verkehrssituation und Radweg von Seefeld nach Herrsching: Ein Thema, das viele Zuhörer bewegt und sowohl Landrat Frey wie Seefelds Bürgermeister Klaus Kögel sichtlich in Wallung brachte. Das Straßenbauamt, so Frey, halte einen Radweg von Seefeld zum Ortsrand von Herrsching wegen der Topografie für nicht machbar. Und der bahnbegleitende Weg von Hechendorf zum Herrschinger Bahnhof werde von den Naturschutzbehörden kritisch gesehen, weil Radfahrer die Vögel aufscheuchten. Frey sichtlich wütend: „Mit welchem Scheiß wir uns herumschlagen müssen, wenn wir Radwege planen.“ Und Bürgermeister Kögel in Richtung Straßenbauamt: „In Südtirol zimmern sie Radwege in die Berge“, und in Oberbayern könne man keinen Radweg in einen Hang bauen.

Verbindungsstraße von der Klinik ins Gewerbegebiet: Ein Bürger fragte, warum das Gewerbegebiet nicht an die Seefelder Straße angebunden werden könne, damit sich der Verkehr zur Klinik nicht durch den Ort quälen müsse. Bürgermeister Schiller meinte: „Da sprechen Sie mir aus dem Herzen. Leider haben wir die benötigten Grundstücke nicht im Besitz der Gemeinde.“

2 Comments

  1. Als Anwohner der Lessingstraße wäre auch die Planung einer Direktverbindung zum Johanniter Heim gegenüber von Vorteil. Die Lärmbelästigung durch die Krankenwagen die immer durch den ganzen Ort müssen ist unerträglich.

  2. Wer entscheidet denn genau was ein Städte bauliches „Schmuckstück“ ist?
    Diese Webseite, die Planer, oder der Bürgermeister und sein Landrat selbst?
    Was Herrsching in den letzten Jahren treibt, läßt mich erschaudern.
    Zwei Großbaustellen, beide an jeweils einer der großen Ortsein-bzw. Ortsausfahrten. Dazu noch die Kienbach Sanierung mitten drinnen.
    Es wird einem Angst und Bange, angesichts dessen, was die Verantwortlichen hier veranstalten.
    Jedenfalls können wir uns über viele Jahre auf Superstaus wie in Starnberg im kleinen Herrsching freuen und neben unzähligen Baumfällungen und Abgrabungen von wertvollem Moor, auch darauf alle Ewigkeit, sehr Klima freundlich, Schüler vom Bahnhof hin und her zu karren und den selben Stress wie Tutzing am Ufer zu haben, weil das große Schmuckstück nahe des Bahnhofs landen muss und die neue Schule dafür am anderen Ende des Ortes.
    Man kann sich wirklich nur noch wundern und fragen, was läuft hier so grundlegend falsch?
    Herrsching ist ein kleiner Ort, noch dazu in einer der schönsten Regionen Deutschlands. Nun soll er für übertrieben ehrgeizige und übertrieben riesige Vorstellungen von ein paar Leuten derart künstlich aufgeblasen werden. Entgegen jeder Vernunft und der Lebensqualität der Bewohner.
    Und alle schreien Juhu?!
    Das Nächste was nun kommt ist die Forderung nach einer Umgehungsstrasse, dann werden wir, wie Weẞling und Starnberg 20 Jahre streiten, weil der nächste Wald noch mehr Beton weichen soll. Vermutlich der unter Schutz stehende am Widdersberg, der ganz aktuell schon für noch mehr Bauland angegriffen wird.
    Und wofür das Ganze?
    Prestige für die Verantwortlichen, immer mehr Einnahmen für Landkreis und die Gemeinde?
    Wobei ich zweiteres in Frage stelle, denn das was da blüht, kann auch ein nettes Seeufer mit paar Meter Badestrand samt Biertischen und sehr vielen feiernden Teenagern und teuren Lokalen langfristig nicht mehr ausbügeln.
    Das ist nicht, was ich mir guter Politik für diesen Ort vorstelle. Das ist der Irrsinn, der seit Jahrzehnten allerorts unsere Lebensgrundlagen zerstört.

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