Wenn es nach den Vorschlägen des Planungsbüros gegangen wäre, hätten auf Häuser im Bebauungsplan 12 zusätzliche 2 Meter draufgesattelt werden dürfen. Dieser B-Plan gilt aber nur für Häuser westlich (also unterhalb) der Schönbichlstraße. Für Häuser wie das abgebildete, das östlich der Schönbichlstraße liegt, gilt kein Bebauungsplan, sondern der berüchtigte Paragraf 34: Was dem Nachbarn genehmigt wurde, muss auch anderen Bauwerbern erlaubt werden

Schönbichl: Häuser wachsen nur um 50 Zentimeter

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Wohnraumschaffung oder Geschenk für Immobilienmillionäre? Am Montagabend diskutierte der Bauausschuss lebhaft über neue Bauvorschriften im Bereich Schönbichl- bis zur Mühlfelder Straße. Zwischen den CSU-Räten um Thomas Bader und Grünen samt BGH um Christoph Welsch ging es um Zentimeter: Sollte man an der Schönbichlstraße künftig um 2 Meter höher bauen dürfen oder nur um 50 Zentimeter? Der Sitzungsleiter, Dritter Bürgermeister Wolfgang Schneider, ließ das über eine Abstimmung klären: Mit seiner Stimme gab es eine hauchdünne Mehrheit für eine „maßvolle Erhöhung“ um 50 Zentimeter. Der Bebauungsplan 12 wird also in seiner neuen Fassung kein zusätzliches Stockwerk erlauben.

Im Bereich zwischen Schönbichl-, Nikolaus-, Panorama- und Mühlfelder Straße hat der Bauausschuss dagegen das „Baufenster“ erweitert. Dort darf künftig etwas mehr Grundstücksfläche versiegelt werden. Entschiedenen Widerstand gegen die Liberalisierung der Grünplanung hat Gemeinderätin Christiane Gruber geleistet. Im geänderten Bebauungsplan soll, so versprach die Verwaltung, an den grünen Grundsätzen nicht gerüttelt werden.

Christoph Welsch (Grüne): „Widerspricht meinem Gerechtigkeitsgefühl“. Foto: Gerd Kloos

In den Bebauungsplänen 11 und 12 will der Bauausschuss „eine maßvolle Verdichtung“ ermöglichen. Dies jedenfalls beschloss der Ausschuss im Jahre 2021. Die Räte hatten vor 2 Jahren angedeutet, dass sie sich im Hangbereich der Schönbichlstraße „eine Erhöhung der Geschossigkeit und Wandhöhe“ vorstellen können, während im ebenen Bereich zur Mühlfelder Straße hin „eher eine Erweiterungsmöglichkeit in der Fläche zugelassen werden sollte“.

Mit den Detailplanungen beschäftigte sich dann das Planungsbüro AGL. Planerin Maja Niemayer berichtete dem Bauausschuss über ihre Vorstellungen von „maßvoller Verdichtung“ und löste damit eine lebhafte Debatte mit einem Schlagabtausch zwischen der CSU und Grünen/BGH aus.

Nach ihren Vorstellungen wird die „Wohneinheiten-Beschränkung“ (bisher sind 2 Wohneinheiten auf dem Grundstück erlaubt) aufgehoben. Alle Nebenanlagen und Wintergärten, bislang offensichtlich im Graubereich errichtet, werden legalisiert. Und in der Schönbichlstraße, dem Bogenhausen Herrschings, sollten Wand- und Firsthöhe gleich um 2 Meter angehoben werden – so könnte man ein ganzes Stockwerk draufsatteln.

BGH-Sprecherin Christiane Gruber kämpfte für die Grünplanung im Bebauungsplan Schönbichlstraße

Als Maja Niemayer die Grünplanung ansprach und eine Liberalisierung angedeutete, grätschte BGH-Fraktionssprecherin Christiane Gruber dazwischen: Es mache keinen Sinn, auf eine Grünplanung zu verzichten, beide Bereiche des Bebauungsplans funktionierten doch gut. Das Grün dürfe bei einer Bau-Verdichtung nicht leiden. Gerd Mulert (Grüne) sprang ihr bei: „Die Grünordnung ist die einzige Möglichkeit, Bäume zu schützen.“ Christoph Welsch, von Beruf Architekt und bei dem Thema hellwach und meinungsstark, bekräftigte: „Bäume haben dank eines guten Bebauungsplans einen ganz anderen Schutzstatus.“ Dann nahm er sich gleich das vom Planungsbüro vorgeschlagene Höhenwachstum vor: Eine Wand- und Firsthöhe um gleich 2 Meter sei nicht tragbar. Er könne sich eine Erhöhung um 50 Zentimeter vorstellen, das sei durch die neuen Dämmungsvorschriften ohnehin sinnvoll. CSU-Rat Thomas Bader widersprach: „50 Zentimeter mehr Höhe bringen einem Bauwerber gar nichts.“

CSU-Rat Thomas Bader: „50 Zentimeter mehr Höhe bringen dem Bauherrn nichts.“

Für den westlicheren Teil (B-Plan 11) unterhalb der Schönbichl- zur Mühlfelder Straße hin plant das Büro AGL eine „Erweiterung des Baufensters“ . Als Baufenster bezeichnet man den Teil eines Grundstücks, der bebaut werden darf. Der Teufel liegt aber auch hier im Detail. Bau-Experte Welsch sagte Streitereien voraus, wenn ein Häuslebauer oder Hausbesitzer mit Erweiterungsabsichten das ganze Erweiterungspotenzial für sich beanspruche und der Nachbar auf dem Grundstück leer ausginge. Er plädierte auch dafür, dass bei der „moderaten Erweiterung“ des Baufensters „keine Bäume flöten gehen“.

Schließlilch wurde es so unübersichtlich in der Gemengelage der Themen, dass Gerd Mulert aufstöhnte: „Ich sehe mich nicht in der Lage, jetzt eine Entscheidung zu treffen.“ Immerhin kam es bei der Abstimmung über zusätzliche Baurechte zu einem Abstimmungsergebnis: Alle außer den beiden BGH-Räten Gruber und Guggenberger sagten: Ja, wollen wir.

Bei der Abstimmung über die Höhenerweiterung an der Schönbichlstraße aber setzte sich das Team „Maßvoll“ durch. Mit 5 gegen 4 Stimmen beschloss die Koalition aus Grünen, BGH und Wolfgang Schneider, dass nur 50 Zentimeter draufgesattelt werden dürfen. Das heißt in Zahlen: Bei der Wandhöhe von bisher 3,5 Meter ab Boden oder 5,5 Meter ab Straße und 6,50 beziehungsweise 8,50 Meter bei der Firsthöhe darf es künftig noch ein halber Meter mehr sein.

Bebauungsplan 11 (unterer Bildrand: Mühlfelder, oberer Bildrand Schönbichlstraße) Hier hat der Bauausschuss eine Vergrößerung der Baufläche (Baufenster) erlaubt
Bebaungsplan 12 Südliche Schönbichlstraße (oberer Bildrand: Schönbichlstraße): Hier soll eine maßvolle Erhöhung der Wand- und Firsthöhe um 50 Zentimeter erlaubt werden

3 Comments

  1. Das voranstehend abgebildete Gebäude liegt nicht im Bereich eines der diskutierten Bebauungspläne, sondern im Gebiet östlich der Schönbichlstraße, in dem nach Paragraf 34 gebaut werden kann.
    Aber man kann – im Vergleich – sehr deutlich sehen, was passiert, wenn es keinen Bebauungsplan gibt. Viel Geld und schlechter Geschmack bilden eben manchmal eine unheilige Allianz.
    Immerhin bin ich sehr froh, dass die maßvolle Variante – wenn auch knapp – im Bauausschuss Zustimmung gefunden hat. Es hätte schlimmer kommen können.
    Die Abschaffung gleich ganzer Bebauungspläne hat ja bereits an mehreren Stellen in Herrsching stattgefunden. Der Vergleich der Gebiete östlich und westlich der Schönbichlstraße sollte ein warnendes Beispiel sein.

  2. Gibt es denn keine Möglichkeit zu verhindern, dass anstatt Luxusbunker , bezahlbarer Wohnraum für Herrschinger gebaut wird???Früher habe ich mich an den Häusern von Herrn Renken gestört in der Schönbichlstr. Im Vergleich zu den „Lofts“ links und rechts davon finde ich sie mittlerweile moderat und sozial verträglicher.
    Ganz besonders wichtig ist meines Erachtens, dass der Moränenhang nicht bis oben hin bebaut werden darf. Einige Rodungen in diesem sensiblen Bereich, könnten auf eine geplante Bebauung hinweisen…..

  3. Nach meiner Kenntnis handelt es sich bei dem auf dem Foto dargestellten Gebäude um die Hausnummer 71, östlich der Schömbichlstraße. Für diesen Bereich existiert nach Auskunft/Information unter dem nachfolgenden Link des Landratsamtes Starnberg: https://geolis.lk-starnberg.de/GeoLISmapapps/resources/apps/Bebauungsplaene/index.html?lang=de KEIN RECHTSKRÄFTIGER Bebauungsplan. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der komplett östlich der Schönbichlstraße bebaute Bereich zusätzlich im Lanschaftsschutzgebiet „Westlicher Teil des Landkreises Starnberg“ sich befindet, und dort ein Bebauungsplan aufgrund der mir aktuellen Rechtssprechung – Konflikt Bauecht im LSG – nicht möglich ist. Ich erinnere nur als ehemaliger Gemeinderat an die Worte von Herrn Kreisbaumeister Dr. Kühnel in einer GR-Sitzung, der damals bei einer kleinen Änderung des bestehenden Bebauungsplanes Wartaweil hier aus diesem Grund abgeraten hat.
    Vermutlich bezieht sich die im Artikel aufgeführte Diskussion um den Bebauungsplan Nr. 12 „Mühlfelder Straße, Schützenweg, Schönbichlstraße, Panoramastraße“.

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