Die gute Nachricht: Für den neuen Fuß- und Radfahrerweg zwischen Oberem Stocketweg und Kindergarten wurden keine Flächen versiegelt. Trotzdem kritisieren Fachleute die Ökobilanz, weil 15 Bäume gefällt werden mussten. Außerdem bemängeln Baufachleute, dass der Kiesweg keine deutliche Wölbung aufweist – Starkregen fließe nicht zur Seite, sondern verursache Rinnen in der Struktur

Konstruktionsfehler am Fahrradweg?

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Der Fahrrad- und Fußweg zwischen dem Oberen Stocketweg und dem neuen Kinderhaus am Fendlbach ist fast fertig: Ein 3,50 Meter breiter Kiesstreifen quetscht sich nun zwischen Privathäusern und der Polizeiinspektion Richtung Kindergarten durch. Für den Weg wurden 15 gesunde Bäume gefällt. Diese Rodung haben viele Baumfreunde dem Bauausschuss des Gemeinderates noch nicht verziehen, da melden sich schon Fachleute zu Wort, die fachliche Mängel an der Konstruktion des Weges kritisieren.

Die Kritik richtet sich nicht gegen das Belagmaterial („wassergebundene Decke“) – im Gegenteil: Splitt und Kies sind sehr angenehm zu begehen, weil das Material weich und wasserdurchlässig ist. Der Weg muss aber eine Wölbung bilden, damit das Wasser zur Seite ablaufen kann. Das Gefälle  sollte von der Wegmitte zum linken und rechten Rand etwa 2 Prozent betragen.

Nachteilig ist die gelegentliche Auswaschung bei starken Regenfällen und ein später eintretender Bewuchs mit Gräsern und Kräutern, die Natur sorgt für eine nachträgliche Begrünung.

Beim Aufbau des Weges beginnt man mit dem Einbau der Randbefestigung. Die besteht in der Regel aus einzeiligen Pflasterreihen, die man in einen Betongurt verlegt. Anschließend werden die Schichten des Weges einzeln aufgetragen und sorgfältig verdichtet. Bei bindigen Böden beginnt der Aufbau im Idealfall mit einer 10 Zentimeter starken Frostschutzschicht aus Kiessand. Darüber folgen 20 Zentimeter grober Schotter , 7 Zentimeter grober Splitt und etwa 3 Zentimeter Kalksteingrus als eigentliches Bindemittel. Diese Schicht wird nass eingebaut oder trocken aufgetragen, befeuchtet und anschließend verdichtet. Den Abschluss bildet ein Überwurf mit feinem Splitt. 

Das Problem bei dem neuen Weg ist offenkundig die fehlende Wölbung. Bei starkem Regen läuft das Wasser damit nicht zur Seite ab, sondern folgt dem Gefälle des Weges – mit Folgen für die Struktur. Durch Starkregen verursachte Rinnen könnten dünne Fahrradreifen durchaus „irritieren“.

Irritierend ist auch die Sichtschutzwand zu den Privathäusern: Wo früher herrliche Bäume standen, grüßt jetzt ödes Grau.

Nach dem Beschluss des Bauausschusses äußerten selbst Gemeinderäte Kritik an der mächtigen Breite des Weges: Ein Rat, selbst kein Angehöriger des Ausschusses, meinte nach dem Echo aus der Bürgerschaft: „Ein schmaler Fußweg hätte genügt.“ Und ein anderer Rat war tatsächlich ratlos, warum er für den Radweg gestimmt hat.

Der Rad- und Fußweg über den neuen Kiesweg ist deutlich länger als die Route an der Staatsstraße entlang

Kritiker bezweifeln, dass der Aufwand für den Verbindungweg gerechtfertigt ist. Als Zubringer funktioniert der Pedalpfad eher nicht, weil er deutlich länger ist als die Strecke an der Staatsstraße (auf der es nun auch einen Schutzstreifen für Radfahrer gibt). Für Jogger- und Spaziergänger umgeht die neue Kiesbahn tatsächlich ein Stückchen hässliche Staatsstraße, wie der grüne Gemeinderat Gerd Mulert anmerkt. Spaziergänger aus Lochschwab aber brauchen keine 3,50 breite Radroute, auf der sie sich wegen der Radfahrer ohnehin nicht sicher fühlen. Sie wären mit einem schmalen Weg, den Bäume beschatten und bewachen, gut bedient worden.

13 Comments

  1. Vielen Dank für die ausführliche Berichterstattung und vorgebrachten Kritikpunkte. Bezüglich der Wegbreite möchte ich zu bedenken geben, dass immer mehr Eltern Ihre Kinder mit Lastenrädern zu den Einrichtungen fahren. Auf den Staatsstraßen ist dafür der Schutzstreifen zu schmal und man hält vor allem beim Bergauf fahren den Verkehr auf. Insofern prognostiziere ich, dass viele Lastenradler gerne den neuen Weg benutzen werden, um weniger durch Drängler gestresst zu werden. In diesem Fall ist die Breite von 3,50m ideal, da dann Fußgänger und Radfahrer in friedlicher Koexistenz den Weg benutzen können. Der Fußweg zwischen Bahnhof- und Kienbachstraße ist dafür beispielsweise viel zu schmal. Alle anderen Kritikpunkte sollten natürlich von der Verwaltung und der zuständigen abnehmenden Behörde berücksichtigt werden.

  2. Nicht fachgerechte „Fahrradwege“ gibt es in Herrsching zur Genüge. Falsches Material, fehlende Pflege und fehlerhafte Ausführung sind leider die Regel. Dies gilt aber auch für den restlichen, auf dem Papier, fahrradfreundlichen Landkreis. Liebe Frau Greimel, ich kann ihnen nur zustimmen, man sollte Fachleute ran lassen.

  3. Ich verstehe diese Ratlosigkeit der Gemeinderäte in diesem Fall schon. Oft ist bei der Bauplanung viel Vorstellungskraft notwendig um sich die praktische Ausführung durch die Bauleute vorzustellen. Vielleicht muss wirklich mehr darauf geachtet werden, ob beim Bauauftrag auch die richtigen Firmen beteiligt sind. Das obige Beispiel ist in der Tat vollständig misslungen.

    • Der Fehler beginnt doch schon viel früher, nämlich mit der Planung einer überdimensionierten Trasse zum Kinderhaus und den dazu ausgeführten Fällungen. Schlecht gemachter Belag läßt sich korrigieren, die Bäume sind unwiederbringlich weg.

      • Hallo Frau Voit, die Bäume sind weg und keine Nachpflanzung oder Ersatzpflanzung vorgesehen? Ich weiß tatsächlich nicht wie der Gemeinderat das geplant hat. Jedenfalls haben die privaten Besitzer mit Sichtschutzmauern reagiert und für Vielfalt gesorgt. Mal grau und mal braun, mal aus Holz usw. Hoffentlich wird die zukünftige Promenadengestaltung besser?

  4. Was derzeit im Rathaus abläuft, kann einen nur sprachlos zurücklassen. Korrekturen bei der nächsten Wahl sind dringend angesagt.

  5. Plötzlich sind Gemeinderäte ratlos, warum sie damals im Bauausschuss für den „Fendlbach-Highway“ gestimmt haben?!?!
    Hier zur Erinnerung ein Auszug aus einem Interview der SZ mit der 2. Bürgermeisterin vom 02.02.2023: „Alle 15 Bäume, die im Weg waren, mussten gefällt werden. Das habe ein von der Gemeinde beauftragter unabhängiger Baumgutachter festgestellt und das sei in der letzten Bauausschusssitzung beschlossen worden.Die Fällung war alternativlos. Uns blieb nichts anderes übrig, sagte Reich. Der Weg müsse nämlich gesetzlichen Anforderungen entsprechen, barrierefrei und beleuchtet sein sowie eine Mindestbreite von 3,50 Meter aufweisen.“
    Dass die Baumfällungen alternativlos waren, darf bezweifelt werden. Und bezüglich der erforderlichen Mindestbreiten von gemeinsamen Geh- und Radwegen genügt manchmal ein Blick in die entsprechenden Verwaltungsvorschriften.

    • Mit Spannung erwarte ich die Antwort auf meine Anfrage beim Bürgermeister, was dieser Unfug den Steuerzahler gekostet hat.

      • Die alte Kostenschätzung lag bei EUR 50.000,00. Der Bau ist derzeit noch nicht beendet. Ich werde die endgültigen Kosten abfragen. EUR 75.000,00 wären sicher keine Überraschung. Leider haftet die Rathausspitze für diese Verschwendung von Steuermitteln nicht persönlich!

  6. Soll diese an Ödnis nicht zu überbietende Zuwegung , ausgerechnet zu einem Kinderhaus, die Kleinen schon mal drauf einstimmen, was die Erwachsenen so mit der Natur und ihrer Zukunft anstellen? Vielleicht kann ‚herrsching online‘ nochmal den kleinen Film mit Rita Mulert vom Fendlbach hervorkramen zur Erinnerung, wie ökologisch vielfältig Flora und Fauna dort vor dem Kahlschlag waren. Eventuell brächte das doch einige Verantwortliche zum Nachdenken – auf ein wirkliches Umdenken allerdings wage ich nicht zu hoffen, denn dieser Weg ist nur Ausdruck des allgemeinen Umgangs mit Natur in Herrsching. Der massivste Eingriff durch die Fällungen des Wasserwirtschaftsamt am Kienbach steht erst noch bevor und ist vom Gemeinderat bereits abgesegnet…

  7. Wie traurig das Foto!! Genau so traurig sieht es in unseren Herzen aus. Müssen wir doch täglich fürchten, dass wieder ein Stück prachtvolle Natur der grauen tristen Versiegelung für irgendwelche Projekte weichen muss!
    Uns Einheimischen bleibt dabei nur zu resignieren. Und unsere gesundheitlichen Schäden durch den ständigen Lärm und die Abgase der unentwegt aktiven Riesenbaufahrzeuge tapfer zu ertragen. Die jetzt sogar auch noch verbotenerweise, aber von der Gemeinde trotzdem genehmigt, in einem Landschaftsschutzgebiet und Aussenbereich die Natur weiter zerstören dürfen.

    • Hallo Frau Greimel, liebe Eva, deinen Beitrag zu schönen Kieswegen unterstützte ich gerne. Es ist tatsächlich auffällig, dass es zwei Promenadenwege in Herrsching gibt. Der eine Weg ist geteert1 und der andere gekiest. Es handelt sich wohl um verschiedene Zuständigkeiten. Oder? Vielleicht kann da der Gemeinderat mal nachfragen. Eine Promenade muss doch nicht geteert werden und die privaten Grundstücksbesitzer an dergeteerten Promenade koennten ja mal ihre Gestaltungswuensche schriftlich einreichen, bevor es an die Baumfaellungen geht.

  8. Die einzig wirklich schönen Kies- und Wanderwege findet man im Kurpark in Herrsching. Das ist sehr professionell und von Fachleuten durchgeführt!
    Viele Kieswege werden immer nur aufgeschüttet und sowohl Radfahrer, als auch Fußgänger tun sich sehr schwer damit.
    Dieser Weg auf dem Foto….ohne Kommentar. Warum lässt man nicht Fachleute ran? Alles eine Frage des Geldes, wer soll das bezahlen?

    Auf den meisten Waldwegen wird darauf geachtet, dass die Wölbung und der Untergrund stimmt. Dann fließt auch das Regenwasser ab.

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