Nur CSU-Räte stimmen gegen Container-Fristverlängerung

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Ein klares Votum für die Menschlichkeit: Der Gemeinderat sprach am Montagabend eine Einladung an den Landrat aus. Wenn er um eine „Laufzeitverlängerung“ für die Flüchtlings-Container bitte, werde Herrsching nicht Nein sagen. Bürgermeister Schiller baute in seinen Beschluss-Vorschlag sogar eine Verlängerung der Verlängerung ein, wenn sich die „rechtlichen Rahmenbedingungen verändern und wenn sich der Bau des Klinikums verzögern sollte“.

Kommunalpolitische Beobachter hatten vor der Abstimmung eine harte Konfrontation zwischen dem „Container-Block“ aus BGH, Grünen und FDP und zwischen Bürgermeister samt CSU-Fraktion erwartet. Es kam ganz anders: 4 Mitglieder der CSU-Fraktion blieben bei ihrem harten Nein gegen eine Verlängerung, der Bürgermeister unterstützte den Antrag. Die Damen in der CSU-Fraktion stimmten für den Antrag.

Einen Ausweg aus der Konfrontation hatte vor der Abstimmung noch die CSU-Rätin Hannelore Doch gesucht: Sie sei mit einer Verlängerung einverstanden, wenn man die Container-Nachbelegung stoppe und den Bewohnern klar sage: Am 31. 12. 24 ist Schluss. Diese Bedingung fand aber keine Berücksichtigung bei der Abstimmung. Die Causa jedenfalls ist eine schmerzhafte Niederlage für die CSU. Und ein Sieg für den Helferkreis um Franz Bissinger und Dr. Traugott Schöfthaler sowie der Fraktionen von BGH, Grünen und FDP.

Die Fraktionssprecherin der Bürgergemeinschaft, Christiane Gruber, begründete den Antrag für den Antrag. Wie herrsching.online berichtete, hatte der Asyllhelferkreis die Verlängerung der Geländepacht an der Goethestraße bei der Gemeinde Herrsching angeregt. In dem Antrag, an dem der Leiter des Runden Tisches, Traugott Schöfthaler mitgewirkt hatte, heißt es wörtlich: „Der Gemeinderat verlängert den Pachtvertrag mit dem Landkreis zur Nutzung des Grundstücks um ein Jahr bis zum 31.12. 24.“ Und weiter: Die Suche nach neuen Unterkünften…werde (durch den angespannten Wohnungsmarkt; Red.) zusätzlich erschwert. Durch die neue Situation sei die „Abverteilung“ (der Container-Bewohner) in weit entfernte Gebiete trotz bester Absichten wahrscheinlicher geworden, und die Integrationserfolge seien damit gefährdet.

Gruber verwies in ihrem Statement auf die „grundlegenden Veränderungen durch den Krieg und durch den verzögerten Baubeginn des Krankenhauses im Jahre 2025. „Das hatten wir damals alles nicht auf dem Schirm.“ Der Landrat müsse nun einen Antrag auf Pachtverlängerung bei der Gemeinde stellen, und die Gemeinde könne nun ein Signal an den Landkreis senden.

Bürgermeister Christian Schiller wies darauf hin, dass sich der Gemeinderat in 3 Sitzungen mit dem Thema beschäftigt habe. Damals sei auch von einem Krankenhaus noch nicht die Rede gewesen. Schiller erwähnte, dass schon vor Jahren von „menschenunwürdigen Zuständen“ in den Containern die Rede war, daran habe sich nichts geändert. Weil nun neue Argumente vorlägen, stehe das Thema wieder auf der Tagesordnung des Gemeinderates.

Allerdings klang das am 27. Oktober noch anders. Vor einem Monat bat der Bürgermeister den Sprecher des Helferkreises, Franz Bissinger, „um Verständnis dafür, dass wir diesen Antrag (des Helferkreises; Red.) nicht auf die Tagesordnung nehmen“. Begründung: „Zwei wesentliche Diskussionsgrundlagen und Begründungen waren zum einen die Übererfüllung der Zuteilungsquoten von Asylbewerbern der Gemeinde Herrsching und zum anderen der Vertrauensschutz den direkten Nachbarn der Goethestraße 6a gegenüber.“

Als diese Mail das Rathaus verließ, war der Krieg allerdings schon 8 Monate alt, die Flüchtlingswelle rollte längst und die Wohnungsnot ist im November eher größer als kleiner geworden.

Die CSU-Gemeinderätin Hannelore Doch verwies in ihrem „Vermittlungsangebot“ darauf, dass die Wohnungsnot nach einer einjährigen Verlängerung auch nicht kleiner ist. Sie sei aber mit einer Verlängerung einverstanden, wenn man die Container-Nachbelegung stoppe und den Bewohnern klar sage: Am 31. 12. 24 ist Schluss. „Das müssen die Asylhelfer den Flüchtlingen klar sagen.“

Rainer Guggenberger von der BGH verwies darauf, dass man die eine oder andere Familie in den letzten Jahren in anderen Wohnungen untergebracht habe. „Es ist viel geschehen.“ Seine Fraktionskollegin Claudia von Hirschfeld meinte, dass es jetzt fahrlässig wäre, die Zahl der Unterkünfte durch den Abbau der Container zu deckeln: „Die Container sind besser als wieder die Turnhallen zu belegen.“

Wolfgang Schneider (SPD) wiederholte seine Forderungen ans Landratsamt: Es sei wichtig, dem Landrat zu signalisieren, dass jetzt Wohnraum geschaffen werden müsse. Schon in der denkwürdigen Gemeinderatssitzung vom 22. März 2021 meinte er in Richtung Landrat: „Wir müssen eine Task force einrichten, die sich um Wohnungen kümmert. Schließlich sollen die Container nur eine Übergangslösung bilden.“ Schneider verwies damals auf lange leerstehende Wohnungen, Ferienwohnungen und zweckentfremdeten Wohnraum. 

In der Sitzung am Montagabend ging er einen Schritt weiter: Man müsse alternative Standorte für die Container finden. Seine Forderung nach Schaffung von Wohnraum wiederholte er noch einmal.

Die grüne Gemeinderätin Traudi Köhl schob die Information ein, dass der Runde Tisch Wohnen ja seit geraumer Zeit nach alternativen Grundstücken suche. „Denn die Flüchtlingsströme werden ja nicht kleiner.“ Sie habe eben erst erfahren, dass man sich im Nachbarkreis Fürstenfeldbruck schon wieder mit dem Gedanken befasse, Turnhallen als Unterkünfte einzurichten.

Bürgermeister Schiller erinnerte noch einmal daran, dass man den Anwohnern in der Goethestraße 6a versprochen habe: „2020 sind die Container weg.“ Man müsse schließlich auch auf diese Bürger Rücksicht nehmen. Die Asyl-Siedlung könne keine Dauereinrichtung sein. Dann formulierte er einen Beschlussvorschlag: Herrsching sei für eine Verlängerung offen. Und wenn sich die rechtliche Situation verändern und der Bau der Klinik verzögern sollte, könne man über eine weitere Verlängerung verhandeln.

Dieser Vorschlag fand eine breite Mehrheit: Grüne, SPD, BGH und FDP stimmten für die Pachtverlängerung. 4 CSU-Räte votierten gegen eine Verlängerung, die CSU-Gemeinderätin Dr. Tanja Kodisch-Kraft hob die Hand für die Verlängerung.

4 Comments

  1. Allen Mitgliedern des Herrschinger Gemeinderats die für eine Pachtverlägerung gestimmt haben gebührt Respekt. Der Grund für die plötzliche Zustimmung des Bürgermeisters und seinen „vorausschauenden“ Beschluss-Vorschlag sogar eine Verlängerung der Verlängerung zu genehmigen, wenn sich die „rechtlichen Rahmenbedingungen verändern und wenn sich der Bau des Klinikums verzögern sollte” wird ein paar Tage später klar. Wegen Geldmangels verschiebt der Landkreis Starnberg einige große Bauprojekte, darunter den Bau der Klinik. Dies wurde am Dienstag durch den Landrat im Haushaltsausschuss verkündet. Man kann davon ausgehen, dass die von der Verschiebung betroffenen Gemeinden (Starnberg, Tutzing, Herrsching) bereits im Vorfeld informiert wurden.

  2. Wie erfreulich diese Entscheidung unseres 1.Bürgermeisters und fast des gesammten Gemeinderats gestern! Und so ganz ohne heftiges Ringen! Überparteilich in Harmonie! Einfach toll und dankenswert! Bitte weiter so!

    • Durch die Verlängerung hat der Gemeinderat und der Helferkreis die nötige Zeit für neue Gespräche und Ideen wie die Zukunft für die Flüchtlingsfamilien bei uns aussehen kann. In Breitbrunn haben wir auch bis auf weiteres das „Josefshaus“. Dass das richtige Helfen oft nicht einfach ist, das wissen wir alle – aber wir müssen es weiter versuchen. Danke an den Herrschinger Gemeinderat und Bürgermeister Schiller. Heidi Körner

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