Freut den Hund und den Geldbeutel: eine Wärmepumpe. Was sie kostet, verrät die Energieberaterin im Landratsamt

„Gas ist nicht mehr salonfähig“

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In Herrsching gibt es zur Zeit einen Telefonanschluss, der noch schwerer zu erreichen ist als der vom Impfzentrum vor einem Jahr: Die Energiegenossenschaft Fünfseenland berät Hunderte von Bürgern, die Wärmepumpen und Fotovoltaikanlagen ans und aufs Haus bauen lassen wollen. Der Vorstandsvorsitzende Gerd Mulert hat in seinen Beratungsgesprächen – die übrigens kostenlos sind – eine sehr gute und eine schlechte Nachricht: Eine teure Batterie zur Fotovoltaikanlage braucht kein Mensch, aber er braucht Handwerker. Und die sind zur Zeit sehr sehr beschäftigt.

herrsching.online: Welche Art von Heizung favorisieren die Herrschinger jetzt?

Mulert: Es hat sich glücklicherweise in den Köpfen festgesetzt, dass alle Heizungen, die mit fossiler Energie betrieben werden, nicht mehr zeitgemäß sind. Neben Öl ist jetzt auch Gas nicht mehr salonfähig. 

herrsching.online: Gas steht nun ja auch politisch auf dem Index der verbotenen Energien.

Mulert: Alle wussten, dass wir vom russischen Gas abhängig sind, aber das haben nur wenige verinnerlicht. Die Leute haben sich damit beruhigt, dass die Gas- oder Ölheizung ja noch funktioniert. Und die Heizungsbaufirmen haben gute Geschäftsbeziehungen zu  den Branchengrößen. Den Umgang mit  der alten Technik mögen sie, sie haben das gelernt, und eine Gas- oder Ölheizung bauen sie in kürzester Zeit ein. Ein Innovationsdruck war ja nicht da. Nur wenige haben sich Gedanken darüber gemacht, dass es sich um eine fossile Energie handelt, die extrem umweltschädlich ist.

herrsching.online: Macht eigentlich eine Wärmepumpe, die ja für die Pumpen Strom braucht, ohne eine eigene Fotovoltaikanlage auf dem Dach Sinn?

Mulert: Wenn das Haus im Wald steht und viele Bäume das Dach überragen, würde ich auf eine Fotovoltaikanlage verzichten. Aber viele Leute sagen ohne genaueres Wissen, dass sich eine Fotovoltaikanlage gar nicht lohne. Ich frage dann zurück: Woher wissen Sie das? Ja, ich habe ein Dach, das von Osten nach Westen reicht, ich habe einen Baum, der das Dach verschattet. Diese Ausreden sind komplett falsch.

herrsching.online: Was ist daran falsch?

Mulert: Ein Ost-West-Dach ist oft besser als ein reines Süddach, weil solche Dächer am Vor- und am Nachmittag Sonne haben. Bei einem Süddach hat die Anlage eine Produktionsspitze um die Mittagszeit, aber soviel Strom kann ich gar nicht selber verbrauchen. Ein Baum verursacht Schatten, das stimmt schon, aber  mit Optimierern kann man trotz eines Teilschattens, bei dem früher eine Anlage in die Knie gegangen ist,  hervorragende Stromproduktionswerte erzielen.

herrsching.online: Was kostet eine Fotovoltaikanlage, die 3000 Kilowattstunden bringt und damit den Strombedarf einer kleinen Familie deckt?

Mulert: Das ist eine kleine Anlage, die 3 kW Spitzenleistung hat. Die Faustformel ergibt pro kW etwa 1500 Euro Kosten. Eine Anlage, die 5500 kWh bringt, kostet pro kW aber nicht 1500, sondern etwa 1300 Euro. Wir liegen bei den Kosten für eine Fotovoltaik-Anlage immer unter 20 000, meist sogar unter 10 000 Euro.

herrsching.online: Lohnt sich ein Speichermedium, also eine Batterie im Keller, die nicht verbrauchten Strom bunkern kann?

Mulert: Nein, das rechnet sich nicht. Man liest häufig, dass sich eine Anlage nur mit Speicher lohne. Das ist aber falsch. Wir haben jetzt schon in vielen Haushalten ein Elektroauto und eine Wärmepumpe, eine Waschmaschine sowieso. Die nehmen den selbstproduzierten Strom sehr gerne auf. Eine Batterie, die natürlich auch einen CO2-Rucksack hat, kriegt dann überhaupt nichts zu tun, weil die Maschinen den Strom schon verbraucht haben. Sollten doch mal Stromüberschüsse ins Netz eingespeist werden, bekommt man ja Geld zurück. In Deutschland muss alles so perfekt sein, ohne das Kosten-Nutzenverhältnis zu berücksichtigen. Leute, die es nicht so dicke haben, könnten von der Anschaffung einer Fotovoltaikanlage abgeschreckt werden, wenn die Batteriespeicher die Kosten hochtreiben. Also die klare Antwort: Eine Fotovoltaikanlage gehört auf jedes Dach.

herrsching.online: Wieviele Bürger hat die Energiegenossenschaft überzeugen können, eine Wärmepumpe installieren zu lassen?

Mulert: Darüber führen wir keine Statistiken. Aber an vielen Rückmeldungen merken wir, dass unsere Beratung Früchte trägt. Die Leute kommen nach einem oder zwei Jahren und berichten, dass sie mit ihrer neuen Wärmepumpe oder der Fotovoltaikanlage total glücklich seien.

herrsching.online: Haben die Handwerker überhaupt noch Kapazitäten frei?

Mulert: Bei mir häufen sich die Informationen, dass Handwerker-Termine für die Installation von  Fotovoltaikanlagen erst wieder 2023 frei seien.

herrsching.online: Trotzdem wird Herrsching irgendwann einmal im Ranking der Öko-Stromproduzenten nicht mehr an letzter Stelle im Landkreis stehen…

Mulert. Ja, das ist zwar Zukunftsmusik, aber das wird so kommen. Ich darf zum Schluss noch mal versichern, dass wir trotz großem Andrang alle Anrufer beraten, jeder und jede kommt dran und wird am Ende wissen, welche Schritte zu einer persönlichen Energiewende zu gehen sind.

Die Telefonnummer der Energiegenossenschaft Fünfseenland: 08152-9997264, gerd.mulert@eg-5-seen.de

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