Frauen nicht als frommes Kirchenvolk auf den Knien, sondern als Rebellinnen mit dem Megafon: 7 Thesen zur Kirchenreform haben die Aktivistinnen von Maria2.0 an die Kirchenpforten geklebt – oft zum Entsetzen der Pfarrer. Nach den Missbrauchs-Enthüllungen aber haben die Frauen von Maria2.0. wieder Hoffnung, dass verkrustete Strukturen aufbrechen. Herrschings Maria heißt Uli Spindler. Auch sie hat die 7 Thesen an die Kirchentür geheftet. Aber in Herrsching könnte sie damit offene Türen einrennen bei Pfarrer Simon Rapp. Am Mittwoch, 9. Februar, diskutiert er in der Heilig-Geist-Kirche in Breitbrunn mit Gläubigen über den neuen Weg (Beginn: 19.39 Uhr). Uli Spindler wird da sein und ein paar wichtige Fragen stellen. herrsching.online hatte vorher ein paar Fragen an Uli Spindler.
herrsching.online: Lohnt sich der Einsatz für Maria2.0 überhaupt noch?
Spindler: Ja, im Moment habe ich noch die Hoffnung, dass sich der Einsatz für und über Maria2.0 lohnt. Zumindest gewinnt man den Eindruck, dass die Anliegen von Maria2.0 gehört werden, dass die Medien auf Maria2.0 schauen und sogar auf Aktionen warten.
Viele Reformgedanken sind erst durch Maria2.0. salonfähig geworden
Wenn man inzwischen einige Bischöfe reden hört, hört man durchaus Sätze, die so auch von Maria2.0 stammen könnten. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass viele der heutigen Reformgedanken in der Kirche auch erst durch Maria 2.0 salonfähig gemacht worden sind. Die Beschlüsse der dritten Synodalversammlung vom letzten Wochenende sind eine ganz große Bestätigung, dass sich der Einsatz lohnt. Sie sind aber nur ein erstes Etappenziel.
Der Einsatz darf nicht nachlassen. Für die Reformkräfte in der Synodalversammlung ist die Unterstützung durch Reformgruppen wie Maria 2.0, die von der Basis kommen, enorm wichtig.
Ich, für meinen Teil habe in diesem Jahr mit Maria 2.0 eine tolle Erfahrung gemacht. Ich bin auf Menschen gestoßen, die für die jesuanische Botschaft brennen und sich sehr engagiert einsetzen. Es sind Leute, die tief im Glauben verwurzelt sind. Für mich ist es absolut bereichernd, mich mit ihnen einmal im Monat auf Bundesebene oder im Bistum Augsburg online zu treffen und auszutauschen. Es ist eine sehr offene und wertschätzende Gemeinschaft mit dem festen Willen, „Kirche zu leben“ und sie nicht zu verlassen.
Alle Menschen haben Zugang zu allen Ämtern
herrsching.online: Für was setzt sich Maria 2.0 ein?
Spindler: Maria2.0 hat die Punkte, für die sie sich einsetzen, in sieben Thesen zusammengefasst, die im Februar 2020 an weit mehr als 1000 Kirchentüren im gesamten Bundesgebiet aufgehängt wurden. Wir in der Pfarreiengemeinschaft Ammersee-Ost hatten an dieser Aktion erstmalig teilgenommen.
Das sind unsere Thesen, die wir an die Kirchentür geheftet haben:
• Alle Menschen haben Zugang zu allen Ämtern
• Macht wird geteilt, alle haben Teil am Sendungsauftrag
• Sexualisierte Gewalt umfassend aufklären, Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen und Ursachen konsequent bekämpfen
• Wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft
• Zölibatäre Lebensform sind keine Voraussetzung für die Ausübung eines Weiheamtes
• Wirtschaften nach christlichen Prinzipien, Kirche ist Verwalterin des ihr anvertrauten Vermögens; es gehört ihr nicht.
Wir sind eine Graswurzelbewegung
herrsching.online: Wie ist Maria2.0 organisiert?
Spindler: Maria2.0 ist eine Graswurzelbewegung, das heißt, es gibt keine Vereinsstruktur, es gibt nur eine lose Organisation, jeder kann mitmachen und sich einbringen. Arbeitsgruppen bilden sich auf freiwilliger Basis.
Es gibt monatliche (Online)-Treffen auf Bundes- als auch auf Bistums- und Pfarreien-Ebene, bei denen Informationen ausgetauscht und Aktionen geplant und koordiniert werden.
herrsching.online: Was hat Maria2.0 schon erreicht?
Spindler: Die Bewegung gibt es nun seit knapp 3 Jahren. Ich denke, dass Maria2.0 ordentlich Beachtung und Gehör gefunden hat. Die Aktionen, besonders bei der Deutschen Bischofskonferenz oder beim Missbrauchsgutachtens oder aber bei Aktionen wie dem „Thesenanschlag“ im Februar 2021 oder die Postkartenaktion im November 2021, werden wahrgenommen und diskutiert.
herrsching.online: Welche Aktionen haben Sie in Herrsching und Umgebung schon durchgezogen?
Spindler: Wir sind in Herrsching erstmals mit dem „Thesenanschlag“ im Februar 2021 als Maria2.0 aktiv gewesen und wurden dabei von der Presse und dem Fernsehen begleitet. Für die Aktion #liebegewinnt konnten wir in Herrsching leider kein Gehör finden, wir konnten nur die Fahne „meingottliebtjedenmenschen“ aufziehen. Wir haben den Segnungsgottesdienst in München, St. Benedikt, mit unterstützt.
Im November haben wir uns an der Postkarten–Aktion an den Papst beteiligt und nun haben wir im Rahmen der Weltsynode 2021 – 2023 den Aufruf zum Spaziergang „miteinander auf dem Weg konkret“ und Rückmeldung aufbereitet. Diese Aktion wird in der Pfarreiengemeinschaft unterstützt und wurde auch im Dekanat verteilt.
Im Juli zum Festtag von Maria-Magdalena, der Apostelin der Apostel, wurde ein Frauengottesdienst abgehalten.
Und regelmäßig am vierten Donnerstag im Monat lädt Maria2.0 und der KdfB zum Donnerstagsgebet (Schritt-für-Schritt-Gebet) zur Erneuerung der Kirche ein. Dieses Gebet wurde im Februar 2019 von einer Ordensschwester in der Schweiz ins Leben gerufen und wird seither weltweit gebetet.
Weitere Aktionen Vorort wie Mahnwachen, im Bistum in Augsburg zum Beispiel Friedensaktion, Flash-Mob) oder Teilnahme am Kirchentag in Stuttgart im Mai sind in Planung.
Thesen-Aktion als Ketzerei geschmäht
herrsching.online: Wie steht der Klerus im Kreis Starnberg zu Ihrer Bewegung – gibt es Unterstützung oder Widerstände?
Spindler: Bei Pfarrer Simon Rapp stoßen wir auf offene Ohren, er hat uns auch den fulminanten Start mit der „Thesen-Aktion“ durch das Öffnen der Kirchentüren ermöglicht.
Aber: Bei Pfarrer Simon Rapp ist eine Beschwerde über unsere „Thesen-Aktion“ als Ketzerei eingegangen, und ein Plakat wurde von der Kirchentüre gerissen. Ansonsten gab es keine negative Rückmeldung.
In Einzelgesprächen erfahren wir viel Zustimmung, allerdings auch sehr viel Frustration und wenig Hoffnung auf entscheidende Veränderungen. Somit hält sich auch das Engagement von vielen Sympathisanten sehr in Grenzen, und inspirierende Diskussionen bleiben aus.
In den Nachbargemeinden hat sich bisher nur in Frieding eine weitere Ortsgruppe mit jungen Frauen gebildet, allerdings stößt diese Gruppe auch auf wenig Interesse und Unterstützung durch den Pfarrer.
Alles Feministinnen?
herrsching.online: Maria2.0 Frauenbewegung – Feministinnen?
Spindler: Maria2.0 wurde zwar in Münster von Frauen eines Bibelkreises ins Leben gerufen, nachdem sie in ihrer Runde über einen Bericht zur Missbrauchsaufarbeitung diskutiert hatten. Sie wollten nicht mehr länger tatenlos zusehen, wie die allseits beteuerte Reformbereitschaft und die Abschaffung bestehender männerbündischer Machtstrukturen ohne Aussicht auf Veränderung blieb.
Die Graswurzelbewegung steht aber ganz ausdrücklich für alle Menschen offen. Es befinden sich auch ganz engagierte Männer und Kleriker unter den Unterstützern.
Die Bewegung ist keine feministische Bewegung. Bei der Forderung, dass auch Frauen für das Weiheamt zugelassen werden sollen, geht es um das Thema „Gleiche Würde – gleiche Rechte“, ein Grundrecht, das in der UN Carta und im Grundgesetz verankert ist und von der katholischen Kirche ignoriert wird.
… wenn Frauen streiken würden
Es gibt überhaupt keine Rechtfertigung für den Ausschluss der Frauen vom Weiheamt.
Es ist eine groteske Situation, dass Ordensschwestern, die große Klöster leiten, keine Messe zelebrieren dürfen und einen männlichen Geistlichen dafür benötigen.
Ebenso ist es bizarr, dass die Messen hauptsächlich noch von Frauen besucht werden, alle möglichen Dienste und Aktivitäten in der Kirche wie Putzen, Blumenschmuck, Kommunion- und Firmvorbereitung, Seniorenbetreuung, Bibelkreise, Gemeindedienste und so weiter überwiegend von Frauen geleistet werden. Aber wenn sich eine Frau für das Priesteramt berufen fühlt, darf sie dieser Berufung nicht nachkommen. Wie sähe es in den Kirchen aus, wenn alle Frauen streiken würden und zwei Wochen lang keine Kirche mehr betreten würden?
herrsching.online: Sind auch gleichgesinnte Männer willkommen?
Spindler: Männer sind sehr herzlich willkommen. In der Pfarreiengemeinschaft haben wir einen männlichen Vertreter, im Bistum Augsburg drei und eben hat sich ein weiterer Herr aus Burgau gemeldet und möchte sich einbringen. Prominentester Kleriker in den Reihen von Maria2.0 ist Pfarrvikar Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe in München- Perlach.
herrsching.online: Wieviele Mitstreiterinnen haben Sie in Herrsching und Umgebung?
Spindler: In der Pfarreiengemeinschaft Ammersee-Ost haben wir 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Verteiler
Weitere Informationen oder Kontaktaufnahme zu Maria2.0 gibt es im Internet unter:
www.pg-ammersee-ost.de „Maria2.0“ (im Aufbau)
www.mariazweipunktnull.de
oder per Mail unter Maria2.0-augsburg@email.de
Hallo liebe Christen, da ich schon bei einigen Andachten und Treffen dabei war, denke ich dass wir Uli Spindler weiterhin aktiv, online und in Präsenz unterstützen sollten. Noch sind wir wenige, „aber wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen sind, da bin ich mitten unter ihnen. “ Frauen haben in unserem Staat die freie Berufswahl und damit das Grundrecht als Priesterin und Pfarrerin zu arbeiten. Nur in der katholischen Kirche ist das noch nicht möglich, Faber wir sind mit den deutschen Bischöfen auf dem synodalen Weg. Auch ich komme am Mittwoch in die Hl. Geist-Kirche in Breitbrunn und freue mich auf euch.