• Der Cantilena-Chor brachte, so Pfarrer Simon Rapp, echte Ökumene in den Festgottesdienst. Foto: Gerd Kloos
  • Ein Bild aus den ersten Jahren des neuen Jahrtausends. Niemand ahnte, welch schwierige Tage der Pyramiden-Kirche noch bevorstehen. Foto: Gerd Kloos
  • Abordnungen der Schützengesellschaft Morgenstern, des Trachtenvereins D'Jaudesbergler und der Breitbrunner Feuerwehr sind bei einem Festgottesdienst unentbehrlich
  • Die Heilig-Geist-Kirche im Winterfrost. Die Temperaturschwankungen haben dem Leim in der Holzkonstruktion extrem zugesetzt. Foto: Gerd Kloos
  • Mit Pauke und Trompete wurde die festliche Messe, die Generalvikar Dr. Hacker zelegrierte, begleitet. Foto: Gerd Kloos
  • Über irdischen Dingen scheint die Breitbrunner Kirche zu schweben. Foto: Gerd Kloos
  • Ein Bild aus den ersten Jahren des neuen Jahrtausends. Niemand ahnte, welch schwere Krisen der Kirche noch bevorstehen. Foto: Gerd Kloos

Geburtstag mit Pauken und Trompeten

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Wenn die Segler Kurs auf Breitbrunn nehmen, dient ihnen ein Leuchtturm der Sakral-Architektur als Navigationspunkt: Die Heilig-Geist-Kirche ist seit 50 Jahren das Wahrzeichen der Seegemeinde. Am Sonntag ist die Paternoster-Pyramide nun 50 Jahre alt geworden. Den Geburtstag haben die Katholiken mit Pauken und Trompeten gefeiert.

Es war nichts weniger als eine Kulturrevolution in dem 1000-Einwohner-Nest, als der Architektenentwurf mit der Pyramidenidee die Gemeinde erschütterte. Die Gläubigen hatten sich bis 1971 in dem kleinen Johanneskircherl in furchtbar unbequemen Bänken dem Amen entgegenqequält. Jetzt sollte ein moderner Neubau Heimat der Breitbrunner Katholiken werden. Die Dorfkirche war schon 8 Jahrhunderte alt, da konnte man ja mal an was Neues denken. Zudem rüttelte die Moderne, auch ausgelöst durch das Zweite Vatikanische Konzil, an den Kirchentüren. Und Breitbrunn war auch aus dem alten Kirchenschiff herausgewachsen, immer mehr Kinder wollten getauft, gefirmt und später getraut werden.

Zudem fand sich die wohltätige Grundstückseigentümer-Familie Billig, die den Bauplatz an der Schulstraße großzügig der Heiligen Mutter Kirche widmete. Die Kirche schrieb einen Architektenwettbewerb aus, den der Weilheimer Architekt Theo Wieland mit seinem theologisch anspielungsreichen Pyramidenentwurf gewann. In einem ersten Plan aber war die neue Kirche zu einer 42 Meter hohen Kathedrale angewachsen und wurde erst nach Protesten auf 22 Meter Höhe eingedampft.

Es funkelte festlich beim Geburtstags-Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche

Von außen wirken die vier steilen, schwarzen Wände, in denen im Winter der Schnee mit Lawinengetöse abrutscht, eher düster, innen zitieren die holzverkleideten Wände bayerische Behaglichkeit.

Und genau diese Holzkonstruktion hätte beinahe die ganze Kirche in den Abgrund gerissen: Die Leimkonstruktion, eine Fehlkonstruktion der Siebziger Jahre, ging sprichwörtlich aus – demselben. Bei einem Feld-Gottedienst auf dem Königsberg verkündete Pfarrer Simon Rapp, dass die Pyramide deshalb gesperrt werden müsse. Niemand ahnte damals, dass die Gemeinde 3 Jahre lang obdachlos sein würde. Die kleine Johanneskirche wurde plötzlich zum Kirchenasyl.

Da traf es sich gut, dass der Mutter Kirche die Gottesdienst-Besucher immer mehr abhanden gekommen waren. Zu Beginn des neuen Jahrtausends versammelten sich jeden Sonntag noch Hunderte, oder sagen wir hundert Gläubige um den Tisch des Herrn. Als Pfarrer Rapp dann den Sonntagsgottesdienst auf den Samstag abend verlegte, war das Come-Together der Katholiken gesprengt: Nur noch 30, 40 meist ältere Bürger ließen Corona-konforme Abstände schon vor der Pandemie in der Kirche zu, die 340 Gläubige fassen könnte.

Was machen wir mit unserem Bau-Invaliden, fragten sich viele Gemeindemitglieder: Abreißen oder sanieren? hieß die Alternative. In einer sehr gut besuchten Gemeindeversammlung verkündeten dann Pfarrer Simon Rapp und Kirchenpfleger Christoph Welsch, dass eine Sanierung möglich sei, aber einen niedrigen sechsstelligen Betrag koste. Wenn die Gemeinde mindestens 70 000 Euro durch Spenden stemme, könnte sich das Bistum zu einer Sanierung entschließen. Die Gemeinderversammlung bildete dann auch gleich den Beginn für eine furiose Spenden-Rallye. Vor einigen hundert Besuchern meldeten sich Kirchenliebhaber, die spontan 1 000 Euro zusagten. In dieser Versammlung spürten die Breitbrunner, dass die Kirche 2000 Jahre Übung im Einsammeln von milden Gaben hat – die erforderliche Summe wurde schließlich übertroffen. Freigeister und Bildungsbürger hatten Goethes Faust auf den Lippen, als sie den Saal verließen.

Schließlich aber sind nahezu alle Breitbrunner glücklich darüber, dass der Ort seine Dominante behalten hat.

Auch der ehemalige Feuerwehr-Kommandant Rupert Müller, der die Fahne tragen durfte, freut sich über „seine“ Kirche

So blieb die Kirche im Dorf und hat im Zuge der physikalischen auch eine geistige Sanierung erfahren: In Heilig Geist weht nun nicht nur der Geist Gottes, sondern auch der Kultur: Die Kirche wurde Kulturkirche mit Konzerten, Lesungen und Comedy. Gottes Wege, heißt es in alten Schriften, sind unergründlich.

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