Ein ungewohntes Bild für die neuen Gemeinderäte: Zum ersten Mal nach dem Coronaausbruch tagte der Gemeinderat wieder im Sitzungssaal des Rathauses. Weil's richtig eng war, trugen in der Sitzung alle Mitglieder Masken. Die Aufnahme entstand vor Sitzungsbeginn

Ratlose Räte

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Ein Kommentar von Gerd Kloos

Der Satz von Jens Spahn: „Wir werden uns alle nach der Pandemie viel verzeihen müssen“ hat nun auch Herrsching erreicht. Verzeihen ist ein urchristlicher Sozialgrundsatz, der ein friedliches Weiterleben nach einem Konflikt erlaubt.

Aber Verzeihen heißt ja nicht Vergessen. Wer einfach vergisst, dass Herrschings Gemeinderat die Christian Morgenstern Schule allein ließ bei der Corona-Prophylaxe, der lernt aus den Fehlern der Vergangenheit nichts.

In mindestens 16 Klassenräumen ist eine effektive Stoßlüftung, wie sie Virologen fordern, nicht möglich. Hat da irgendjemand Alarm geschlagen? Hat der Gemeinderat das Thema zum Herzensanliegen gemacht? Nur zweimal hat sich der Rat mit  Luftfiltern und Lufttauschern in der gemeindeeigenen Schule befasst.

Erst die Zweite Bürgermeisterin Christina Reich leitete mit einem beherzten Alleingang eine Wende ein, nachdem der Gemeinderat Alexander Keim in der März-Sitzung als einsamer Rufer in der Wüste verbal verprügelt worden war. Wir schlagen ihn als Kandidaten  für einen Zivilcourage-Preis vor. Vielleicht ist es ja auch nur Masochismus.

Wer Fehler durch gnädiges Vergessen entsorgt, wird nichts lernen. Das Beispiel für diese Behauptung lieferte der Gemeinderat in der letzten Sitzung. Es wird – vielleicht sogar im ganzen nächsten Schuljahr – keine technischen Anlagen zur Luftwäsche geben. Eine Mehrheit der Räte lehnte es ab, Luftfilter so lange zu leasen, bis endlich die Lufttauscher eingebaut werden können. Und der Vorschlag der grünen Lüftungs-Fundis, neue Fenster einzubauen, die den Namen Fenster verdienen, fand ebenfalls keine Mehrheit. (Kleiner Tipp: Da würde die Wertschöpfung sogar beim örtlichen Handwerk bleiben.)

Ein ratloser Bürger könnte nun den Eindruck gewinnen: Der Gemeinderat wiederholt mit stoischer Ruhe die Fehler des Frühjahrs.

Der  Einwurf des Bürgermeisters, die Kinder seien im Bus und  auf dem Schulweg in stetem Aerosol-Austausch, ist sicher richtig. Aber bei Inzidenzen von 191 bei 6- bis 11-Jährigen und von 202 bei 12- bis 15-Jährigen müsste man alle technischen Möglichkeiten  bereitstellen, den Virentausch zu erschweren.

Da fällt einem nur ein Rat ein: Kinder, vertraut nicht den Erwachsenen, vertraut der Medizin. Ein Piks, und die Politik wird zum Pillepalle (O-Ton Merkel).

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