Chef der Starnberger Krankenhaus-Holding, Dr. Thomas Weiler

„Wer sagt, dass ein Neubau teurer ist als eine Schindlbeck-Sanierung?”

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Wenn der Plan A nicht geht, brauchen wir einen Plan B, sagt der Chef der Krankenhaus-Holding in Starnberg. Dr. Thomas Weiler. Plan A hieße: Schindlbeck in Herrsching wird ausgebaut. Plan B meint: ein Neubau auf der grünen Wiese in Hechendorf. Nur: Viele Bürger glauben nicht mehr daran, dass der Landkreis, die Staatsregierung und die Krankenhaus-Holding Plan A ernsthaft verfolgen. Mit dieser Vermutung hat herrsching.online den Chef des Klinik-Verbundes konfrontiert. In welche Richtung die Entscheidung laufen könnte, sagt Weiler nicht ausdrücklich. Kann man aber zwischen den Zeilen eine Tendenz erkennen?

herrsching.online: Sie haben in Zeitungsinterviews die Erweiterung der Schindlbeck-Klinik als Option A bezeichnet. Nun legt der Landkreis nach dem Ratsbegehren in Seefeld richtig los, um die Planung für einen Neubau in Seefeld auf die Rampe zu schieben. Wie passen die demonstrative Aussage für eine A-Option Herrsching und die anlaufenden Grundstückverhandlungen in Seefeld zusammen? 

Die Entscheidung trifft das Gesundheitsministerium

Weiler: Die Aussage zu Herrsching basiert auf den schon seit Monaten bekannten Fakten und ist mitnichten neu. Das ist von Landrat Stefan Frey wie auch von mir stets so kommuniziert worden: Die Prio 1, oder Plan A, sieht die rechtliche Regelung bei der Krankenhausförderung vor, da in Herrsching bereits eine bestehende Klinik ist, die zudem noch Fördergelder bindet. Die Entscheidung pro oder contra Erweiterung, respektive Generalsanierung mit Erweiterung trifft am Ende das Ministerium anhand eines in Abstimmung befindlichen Raum- und Funktionsprogramms und den räumlichen, baulichen Gegebenheiten vor Ort und der Möglichkeit der Realisierung. Erst wenn die Entscheidung negativ ausfällt, ist der Standort Herrsching außen vor, beziehungsweise wenn er positiv ausfällt, ist der Gemeinderat gefragt, die dann notwendigen baulichen Maßnahmen durch Bebauungsplanänderungen eventuell doch zu ermöglichen. Bis das allerdings abgeschlossen ist, wird eine ganze Zeit vergehen. 

Deshalb ist es genau richtig, jetzt auch die Grundlagen für die Planung von Alternative B anzugehen.

Bis 2023 müssen die Unterlagen vorliegen

Denn der Zeitrahmen, um die Fördermittel für einen Neubau zu beantragen, ist äußerst knapp bemessen. Noch bis 2024 kann sich der Freistaat die Hälfte seiner gewährten Fördermittel aus dem Krankenhausstruktur-Fonds des Bundes zurückholen. Das Jahr 2024 ist mit entsprechenden Anträgen jedoch bereits voll. 2023 ist hingegen noch etwas Luft. Heißt für uns: Wir müssen bis spätestens Mitte 2023 dem Freistaat bescheidsfähige Unterlagen vorlegen, um die entsprechenden Fördermittel zu beantragen. Wenn wir also warten, bis das Ministerium die Prüfung des Standortes Schindlbeck Klinik durchgeführt hat und dann erst einsteigen, Plan B zu verfolgen, inklusive aller planungstechnischen Fragen, dann werden wir das zeitlich definitiv nicht mehr schaffen. Der Zeitplan ist ohnehin schon mehr als sportlich.

Hinzu kommt, dass wir große Gefahr laufen, die Finanzierung der Notfallversorgung in beiden Kliniken nicht mehr gesichert zu bekommen. Wir müssen jetzt schon mit erheblichen Einschränkungen und Benachteiligungen zurechtkommen. Grund hierfür ist  die Neuordnung der stationären Notfallversorgung durch den GBA-Beschluss aus dem Jahr 2018. Ab 2023 läuft die „fünfjährige Probezeit“ ab und es ist jetzt schon abzusehen, dass das Gesetz noch weiter verschärft wird. In beiden Kliniken behandeln wir durchschnittlich über 9000 Notfallpatienten pro Jahr. Das wäre dann nicht mehr gesichert.

Wer eine Wiese kauft, wird keine Blumen züchten

herrsching.online: Wenn man mit Bürgern spricht, hat sich der Eindruck schon festgesetzt: Seefeld wird’s. Die Bevölkerung spürt offenkundig, dass der Landkreis jetzt Fakten schaffen will. Ein Gesprächspartner meinte: Wer eine Wiese kauft, will keine Blumen züchten, sondern bauen.

Weiler: Landrat Stefan Frey und ich haben das Vorgehen stets klar und öffentlich kommuniziert, im Gemeinderat in Seefeld wie auch in der Bürgerversammlung in Seefeld, wie auch in unseren schriftlichen Stellungnahmen. Daran hat sich nichts geändert. Alle Vorbereitungsarbeiten in Seefeld zielen darauf ab, zügig eine Alternative B realisieren zu können, sollte es in Herrsching mit Alternative A nicht klappen. 

herrsching.online: Ein Klinikneubau wäre ökologisch fragwürdiger als eine Klinikerweiterung. Wie wichtig nimmt die Öffentliche Hand eigentlich die CO2-Problematik beim Bauen?

Wer sagt, das eine Sanierung ökologischer ist als ein Neubau?

Weiler: Wer sagt denn, dass eine Generalsanierung mit entsprechender Erweiterung und Ausbau tatsächlich ökologisch günstiger ist? Eine Realisierung am Standort der Schindlbeck-Klinik, würde mit ganz erheblichen Eingriffen in den Bestand einhergehen. Und diese Umsetzung muss bei laufendem Betrieb möglich sein.  

Die Starnberger Kliniken sind EMAS zertifiziert. EMAS steht für Eco-Management and Audit Scheme. Es ist das umfassendste Umweltmanagement- und Umweltauditsystem zur Verbesserung der Umweltleistung von Unternehmen und Organisationen. EMAS ist ein von der Europäischen Gemeinschaft 1993 entwickeltes Instrument für Unternehmen, die ihre Umweltleistungen verbessern wollen. 2019 haben die Kliniken Starnberg, Penzberg und Seefeld erfolgreich die Organisationszertifizierung bestanden. Zudem beteiligen sich die Kliniken Starnberg und Penzberg seit vielen Jahren beim Ökoprofit. Der schonende Umgang mit Ressourcen wie Energie, Wasser und Rohstoffen spielt somit natürlich auch bei der Zusammenlegung der beiden Klinikstandorte eine Rolle – unabhängig von Erweiterung oder Neubau.

herrsching.online: Die Kosten für einen Neubau sind vermutlich höher als bei einer Erweiterung. Verführt der Staatszuschuss von 70 oder mehr Prozent dazu, nicht mehr so scharf zu rechnen?

Es muss eine gemeinsame Notaufnahme und eine gemeinsame Intensivstation geben

Weiler: Wer sagt denn, dass ein Neubau kostenaufwendiger sei, als eine Generalsanierung mit entsprechender Erweiterung? Ich habe diese Aussage tatsächlich schon einige Male gelesen. Auch hier auf Herrsching online. Auch, dass die Umsetzung „einfach“ möglich sei. Mir war aber bisher nicht bewusst, dass einer von den Personen, die solche Aussagen treffen, schon einmal ein Krankenhaus mit 200 Betten und mehreren Fachabteilungen gebaut haben oder im laufenden Betrieb ein Generalsanierung und Erweiterung eines solchen Krankenhauses verantwortlich begleitet haben. Wie schon gesagt, sollte eine Realisierung am Standort der Schindlbeck-Klinik kommen, wird es dort erhebliche Eingriffe in den Bestand geben müssen. Es geht eben nicht um eine bloße Erweiterung. Wir spielen ja auch nicht Tetris und schauen, was müssen wir noch hinbauen und wo ist grade noch etwas Platz, wo man es hin bauen kann. Der Raum muss dem Prozess folgen und nicht umgekehrt, sonst steigt das Ministerium auch erst gar nicht mit einer Förderung ein. Das bedeutet, wenn wir wie jetzt die Notaufnahme für die Innere Medizin zur Seeseite hin haben, können wir nicht die Notaufnahme der Chirurgischen Abteilung im östlichen Teil des Grundstücks bauen, nur weil dort grade noch Platz ist, aber bei der jetzigen Notaufnahme keine Erweiterung mehr möglich ist. Es muss zum Schuss eine gemeinsame Notaufnahme geben, eine gemeinsame Intensivstation, OPs mit Aufwachraum, die nicht weit weg von der Intensivstation gelegen sein dürfen, um lange gefährliche Transporte zu vermeiden. Die Zufahrt zur Notaufnahme, die Zufahrt zur Tiefgarage, all das muss doch mit berücksichtig werden. Und das sind nur ein paar wenige Beispiele, was alles unabdinglich zu berücksichtigen ist. Und klar ist auch. Wir brauchen zur Umsetzung aller Erweiterungs- oder Neubaupläne staatliche Fördermittel. Dafür sind diese ja auch da.

herrsching.online: Wie stark mischt sich die Staatsregierung in die Standortwahl ein?

Wenn Plan A nicht geht, brauchen wir Plan B

Weiler: Das Ministerium hat in seinem Feststellungsbescheid  Seefelder  oder Herrschinger Flur festgelegt, da dort die beiden bestehenden Standorte sind, wobei die Prüfung der Erweiterung Herrschings, wie erwähnt, auf jeden Fall zu erfolgen hat. Das Ministerium untersucht keine Standortalternativen. Diese Alternativen müssen wir dann anbieten. Und genau hierum geht es. Wenn Plan A nicht geht, brauchen wir unbedingt einen Plan B.

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