Architekt zu Schindlbeck: Renovierung ist sehr oft nachhaltiger als ein Neubau

4 mins read

Die Nachbarn wollen es wissen: Die Seefelder und Hechendorfer stimmen am 27. Juni darüber ab, ob ein 200-Betten-Krankenhaus östlich des Friedhofs errichtet werden soll. Sagen die Bürger Ja, könnte es das Aus für die Schindlbeck-Klinik in Herrsching bedeuten. Denn Regierung und Kreis favorisieren ein zentrales Klinikum im westlichen Landkreis. Schön für die Hechendorfer, schön für Baufirmen und Eigentümer der 25 000-Quadratmeter-Blumenwiese. Schlecht für Herrsching, schlecht für eine dezentrale Krankenhaus-Versorgung – und besonders tragisch für die Natur. Der Flächenfraß geht weiter. Der Breitbrunner Architekt und Gemeinderat Christoph Welsch vermutet hinter den Plänen des Landkreises auch handfeste finanzielle Interessen.  

herrsching.online: Der Plan der Seefelder Verwaltung, einen Neubau in das Landschaftsschutzgebiet Eichenallee zu pflanzen, hat eine Protestwelle ausgelöst. Jetzt gibt es Pläne, die Klinik in eine herrliche Wiese in Hechendorf zu setzen. Denkt eigentlich jemand von den Planern an ökologische Aspekte?

Christoph Welsch: Bei vielen Bauprojekten spielt der Schutz unserer Landschaft generell nicht die Rolle, die er in meinen Augen spielen sollte. Der Flächenverbrauch durch Verwandlung von Naturraum in bebaute Umgebung widerspricht an sich einem verantwortungsvollem, nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt.

herrsching.online: Ein Neubau ist angeblich unumgänglich, weil die Klinik mindestens 200 Betten haben muss, um bezuschusst zu werden. Fördert die Staatsregierung mit ihren eigenen Richtlinien nicht den Flächenfraß, den inzwischen alle bekämpfen wollen?

Christoph Welsch: Leider fördert die Staatsregierung einen Klinikneubau wesentlich umfangreicher als Investitionen in den bestehenden Klinikstandorten. Ferner ergibt sich aus dem Freiwerden der ehemaligen Klinikgrundstücke insbesondere in Herrsching in unmittelbarere Seenähe ein erheblicher finanzieller Gewinn. Aus diesen Gründen wird eine wirtschaftliche Betrachtung immer für einen Neubau auf der grünen Wiese sprechen.

herrsching.online: Die Idee, die Schindlbeck-Klinik aufzustocken, ist wohl ernsthaft nie diskutiert worden. Auch die Herrschinger Kommunalpolitik scheint daran nicht ernstlich interessiert zu sein. Warum will man in Herrsching den Klinikstandort nicht erhalten?

Christoph Welsch: Ich denke, eine große Mehrheit des Gemeinderates und der Herrschinger Bürger würden den Erhalt der Schindelbeck-Klinik in Herrsching begrüßen. Allerdings ist eine Erweiterung des Standortes in Herrsching – wie eine vom Träger beauftragte Machbarkeitsstudie ergeben hat – problematisch. Neben den bautechnischen Schwierigkeiten bei der Errichtung mehrere Untergeschosse erscheint mir auch die verkehrstechnische Anbindung einer Klinik mit 200 Betten an dieser Stelle nicht optimal lösbar.

herrsching.online: Bauen kommt immer mehr in den Fokus der Ökologen. Inzwischen gibt es viele Fachleute, die eine Aufstockung beziehungsweise eine Renovierung jedem Neubau vorziehen. Wie stehen Sie als grüner Gemeinderat und Architekt zu solchen Meinungen?

Christoph Welsch: Die Nutzung bestehender Gebäude, sei es als Umnutzung oder Renovierung, ist sehr oft nachhaltiger als ein Neubau.  Allerdings ist im Rahmen der Vorplanung ein gründlicher Abwägungsprozess unter Berücksichtigung aller Aspekte erforderlich, um eine klare Aussage treffen zu können. Oft wird allerdings unterschätzt, welch enormer Energie- und Ressourcenverbrauch durch eine Neubaumaßnahme gegeben sind.

herrsching.online: Selbst wenn eine Schindlbeck-Erweiterung mehr kosten würde – wäre der ökologische Nutzen diese Mehrausgaben wert?

Christoph Welsch: Ökologische Aspekte sollten beim Bauen immer berücksichtigt werden, auch wenn Mehrkosten damit verbunden sind. Ob die Erweiterung in Herrsching eine sinnvolle Option darstellt, muss durch eine kompetente Planung untersucht werden. Ich persönlich könnte mir auch die Beibehaltung der beiden Standorte in Herrsching und Seefeld vorstellen. Insbesondere die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass dezentrale Strukturen durchaus auch Vorteile bieten können.

Aktuellste Meldungen

Seeblick im Rathaus

Einen verheißungsvollen Ausblick auf den Sommer bietet uns der Künstler Michael Wörle mit seiner Ausstellung „5-SeeBlick“

Anzeige