Nach dem Volksbegehren „Rettet die Bienen” hat der Bayerische Landtag ein Artenschutzgesetz beschlossen. Aber wie geht’s unseren fleißigen Honigsammlern wirklich? Ein Anruf bei einem Funktionär des Landesverbandes der Imker, Jan Kolditz. Hat das Gesetz schon Wirkung gezeigt?
herrsching.online: Wie geht es den Bienen nach dem Volksbegehren?
Kolditz: So schnell wirken politische Anstrengungen nicht. Zur Zeit geht es den Bienen aber nicht so gut, weil wir ein sehr kaltes Frühjahr hatten. Es war im April und Mai außergewöhnlich kalt. Leider waren, als es warm wurde, die großen Blühflächen, auf denen die Bienen Honig sammeln, größtenteils verblüht. Deshalb war die Frühjahrsernte für die Imker nicht berauschend.
herrsching.online: Wo lauern – außer der Frühjahrskälte – die aktuell größten Feinde der Bienen?
Kolditz: Der größte Feind der Bienen ist die Varroa-Milbe , die aus Asien eingeschleppt worden ist. Unsere Honigbiene hat leider wenig Chancen, sich gegen diesen Eindringling zur Wehr zu setzen. Und das zweite, große Problem sind die fehlenden Blühflächen. Wenn Löwenzahn und Raps verblüht sind, ist leider an Blüten nur noch wenig zu holen. Es sei denn, der Imker hat das Glück großer ökologischer Flächen für seine Bienen.
herrsching.online: Sind die Imker das ökologische Frühwarnsystem?
Kolditz: Wir sind sehr nah dran an der Natur und merken als Imker zuerst, dass sich an der Bio-Diversität etwas verändert hat.
herrsching.online: Was kann der Einzelne machen, um den Bienen zu helfen – außer natürlich, beim Volksbegehren mit Ja gestimmt zu haben?
Kolditz: Je mehr die Leute regionale Bio-Lebensmittel kaufen, desto mehr tun sie für den ökologischen Landbau. Man muss halt bereit sein, ein bisschen mehr Geld auszugeben.
herrsching.online: Und dann ärgern Sie die Bienenvölker auch noch mit ihrer Schwärmerei. Das macht Ihnen als Imker zusätzlichen Stress?
Kolditz: Die Imker halten ein Haustier, das ist eine gezüchtete Biene. Uns sind natürlich Bienen lieber, die nicht so stark schwärmen. Das heißt natürlich nicht, dass man die Bienen genetisch so verändern will, dass sie das Schwärmen komplett verloren haben. Aber klar, ich möchte einen Hund haben, der nicht beißt und eine Biene, die nicht sticht und möglichst wenig schwärmt. Natürlich wünschen wir uns, dass sich Bienen vermehren, die möglichst wenig schwärmen. Aber ganz lässt es sich nicht vemeiden, dass Bienenvölker zu schwärmen beginnen.
herrsching.online: Wieviele Völker haben Sie schon verloren beim Schwärmen?
Kolditz: Es macht sich ja nur ein Teil des Volkes auf die Reise. Ein Volk teilt sich ja, und die alte Königin fliegt mit einem Großteil des Volkes aus. Die kurz vor dem Schlupf befindliche junge Königin bleibt beim Restvolk und gründet mit ihm und der Brut ein neues Volk. Dieses Jahr hatte ich vier Schwärme, drei Völker habe ich wieder gefunden, eines ist abhanden gekommen. Wenn man den Schwarm nicht einfangen kann, dann nistet er sich möglicherweise an einer Stelle ein, an der man ganz gewiss keinen Bienenschwarm haben will. Das könnte dann auch mal ein Rollladenkasten sein. Oder ein hohler Baum. Dann schlägt aber mit hoher Sicherheit die Varroa-Milbe zu. Dadurch werden andere Imker und Bienenstöcke sehr stark in Mitleidenschaft gezogen.
herrsching.online: Wo kann ein Beobachter melden, dass er einen Bienenschwarm entdeckt hat?
Kolditz: Es gibt eine Schwarmfangbörse, wo man seinen Fund melden kann. Noch besser, man macht die Adresse vom nächsten Imkerverein oder vom benachbarten Imker ausfindig. Die Feuerwehr kommt heute nicht mehr.
herrsching.online: Wem gehört eigentlich ein schwärmendes Volk juristisch?
Kolditz: Es gehört solange dem Imker, so lange er das Volk verfolgt. Wenn er den Verlust gar nicht bemerkt und sich folglich nicht darum kümmert, gehört es dem Imker, der es gefunden hat. Schwierig wird es dann, wenn sich Völker verschiedener Besitzer vereinigen. Dann muss das vereinigte Bienenvolk aufgeteilt werden.
herrsching.online: Ist Schwarm-Zeit Stress-Zeit für Imker?
Kolditz: Ja, da fallen viele Arbeiten gleichzeitig an. Ich kontrolliere meine Völker und versuche, das Schwärmen zu verhindern. Oder ich kann einen Schwarm vorwegnehmen und die reisewillige Königin mit dem Volk in einen anderen Kasten stecken. Einmal pro Woche muss ich die Schwarmkontrolle vornehmen. Gleichzeitig kümmert man sich um die Königinnenzucht und die Honigernte.
herrsching.online: Klingt nach Teilzeitjob…
Kolditz: Je nachdem wieviele Völker man hat. Drei Völker im Garten sind nicht viel Aufwand. Bei 20 Völkern und mehr wird’s deutlich mehr Arbeit. Und ab 70 Völkern wird’s ein Beruf.
herrsching.online: Wieviele Völker haben Sie?
Kolditz: Das darf nicht nicht sagen (lacht). Zur Zeit habe ich 20 Völker. Ich hätte mir, wie gesagt, dieses Jahr deutlich mehr Honig gewünscht.
herrsching.online: Wenn man Ihnen zuhört, kommt man richtig ins Schwärmen…