Warum ist Herrsching kein Klima-Pionier, Herr Mulert?

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In einer halben Generationsspanne will Herrsching sauber sein: Aus Kaminen und Autos soll kein CO2 mehr kommen. Aber wie soll das funktionieren, wenn man nicht so richtig damit anfängt, die Wende einzuleiten? herrsching.online hat den Kreis- und Gemeinderat Gerd Mulert (Grüne) um Rat gefragt. 

herrsching.online: Herrschinger Energiewende in 15 Jahren –wie soll das denn funktionieren?

Mulert: Wie wollen wir die Energiewende in den nächsten 15 Jahren schaffen – tatsächlich eine schwierige Frage.  Wir müssen uns auf allen Ebenen anstrengen.  Wir müssen bei den einzelnen Haushalten anfangen, wo nur eine Person im Haushalt wohnt. Aber auch bei den großen Themen muss man anpacken – es geht um Nahwärmenetze, Fotovoltaikanlagen im großen Stil, Heizungen spielen eine große Rolle, und die Mobilität ist natürlich ein wichtiger Faktor. 

herrsching.online: Was macht die Gemeinde?

Mulert: Schon eine ganze Menge.  Jedes Jahr wird ein Gebäude der Gemeinde energetisch saniert. Kürzlich hat der Gemeinderat private Immobilienbesitzer aufgerufen, Fotovoltaikanlagen auf die Dächer zu setzen oder Freiflächen für bodennahe Anlagen zur Verfügung zu stellen.  In der Summe reicht das natürlich noch nicht. 

herrsching.online: Das Echo aus der Gemeinderverwaltung war nicht sehr enthusiastisch. 

Mulert: Wir müssen uns fragen: Haben wir Flächen für solche Freiflächenanlagen? Allerdings unterliegen sie vielen Verordnungen. Man kann nicht einfach in seinem Garten Module aufstellen, auch ein Landwirt  kann das nicht ohne Genehmigungen machen. Eine Fläche für solche Anlagen sollte größer als einen Hektar sein. Wir haben eine Fläche auf Herrschinger Gemeindegebiet, über die schon diskutiert wurde. Ich bin dafür, dass man sich die noch mal genauer ansieht und nicht sofort sagt: Das geht nicht, da haben wir dieses und jenes Problem. Und wenn es ein Problem gibt, muss man das halt konstruktiv lösen. 

herrsching.online: Würgen Vorschriften die Klimaziele ab?

Mulert: Ich kann die Vorschriften nicht ändern. Das mit den sperrigen Vorschriftgen müssen wir in Berlin lösen. Fotovoltaikanlagen auf Dächern sind übrigens genehmigungsfrei, nur bei Denkmal-geschützten Gebäuden muss das Denkmalschutzamt gefragt werden. Aber für alles gibt es Experten, die das lösen. An den Vorschriften scheitert es nicht –  wenn es scheitert, dann am fehlenden Wunsch und Drive, Dinge umzusetzen. 

herrsching.online: Wie motiviert man Bürger für den Klimaschutz?

Mulert: Auch nicht nur mit einem Argument. Es gibt aber ein wichtiges Argument: dieWirtschaftlichkeit. Sind also Fotovoltaikanlagen wirtschaftlich? Ja, solche Anlagen sind wirtschaftlich. Wenn jemand Geld anlegen und damit eine Rendite erwirtschaften möchte, dann bietet sich eine FA-Anlage an. 

herrsching.online: Warum ist Herrsching kein Klima-Pionier?

Mulert: Keine einfache Frage. Ich führe das darauf zurück, dass wir in Herrsching wahnsinnig viele Ablenkungen haben. Wir haben München vor der Haustür, wir haben die Berge, wir haben den See. Sich aber ums eigene Dach oder um eine umweltschonende Mobilität zu kümmern, kommt dann vielleicht zu kurz. In anderen Regionen wie in Niederbayern oder im Allgäu hat jedes Haus eine eigene Fotovoltaikanlage. Da gehört es einfach zum guten Ton. In Herrsching  denkt man vielleicht: Ich muss es nicht, also mach ichs auch nicht. Vielleicht ist das Einkommensniveau höher und die Leute denken, ich verdien ich mein Geld halt mit anderen Dingen. 

herrsching.online: Was macht eigentlich Eure Energie-Genossenschaft Fünf-Seen-Land?

Mulert: Unsere  Energie-Genossenschaft Fünf-Seen-Land gibt es jetzt seit zehn Jahren. Vorgänger ist der Verein Energiewende des Landkreises Starnberg. Wir haben weit über 500 Mitglieder, davon viele aus Herrsching. Einige Gemeinden des Kreises sind auch dabei. Wir greifen alles auf, was der Energiewende im Landkreis dient. Wir sehen uns auch als verlängerte Werkbank der Kommunen. Wir betreiben also Dinge, die eine Kommune auch machen könnte, wenn sie wollte, wenn sie die Ressourcen hat. Die Fotovoltaikanlage auf dem Rathaus gehört zum Beispiel der Energiegenossenschaft. Zusammengefasst kümmern wir uns um die Energiewende der Kommunen, der Bürgerinnen und Bürger und der Gewerbetreibenden, und wir kümmern uns um Mobilität. Wir haben ein sehr schönes Nahwärme-Konzept in Seefeld; wir haben ein Car-Sharing-Projekt in Pöcking, das jetzt läuft, damit nicht jeder sein eigenes Auto haben muss. 

herrsching.online: Mit welchen Fragen kommen die Herrschingerinnen und Herrschinger zur Genossenschaft?

Mulert: Viele fragen sich: Wie kann ich mit meinem Haus zur Energiewende beitragen? Die 15 bis 20 Jahre alte Heizung steht dann in der Diskussion. Wir beraten die Leute im Büro der Genossenschaft in der Seestraße sehr detailliert –  das kann dann schon mal eine Stunde dauern. Das verstehen wir als Erstberatung, sprechen über die wichtigsten Eckepunkte, geben schließlich Tipps und Hinweise und machen dann auch eine Erstplanung für die Belegung mit Fotovoltaik-Modulen auf dem Hausdach. Wir versuchen, die Leute an die Hand zu nehmen, dass sie was die Pläne umsetzen können. 

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