Die gute Nachricht zuerst: Am Mitterweg neben der katholischen Kirche entstehen auf Gemeindegrund 26 Wohnungen. Die Mieten für die schmucken, barrierefreien Räume sollen zwischen 10 und 12 Euro pro Quadratmeter betragen. Bürgermeister Schiller betonte bei der Vorstellung im Gemeinderat, dass nur Herrschinger Bürger als Mieter ausgewählt werden.

Das Architekturbüro 3+ aus Augsburg hat für die 3 Häuser Kosten von 9,4 Millionen Euro errechnet. Die Pläne fand der gesamte Gemeinderat ansprechend. Streit gab es zwischen der Grünen-Fraktion und der vereinigten Auto-Fraktion darüber, ob eine von der Gemeinde geförderte Wohnung 2 Auto-Stellplätze brauche. Gemeinderätin Anke Rasmussen kritisierte, dass das Verhältnis von Wohnungen und Abstellplätzen nicht stimme. Und Gemeinderätin Traudi Köhl mahnte an, dass man bei einem Gemeindeprojekt andere Schwerpunkte setzen müsse. Bei Wohnungen für Normalverdiener brauche man keine 2 Parkplätze.
Gegen die 6 Stimmen der grünen Fraktion setzte die Mehrheit des Gemeinderates den Bau einer Tiefgarage mit 44 Stellplätzen durch. Dieser Autobunker kostet nach Schätzungen der Architekten 2,5 Millionen Euro mehr – für Rasmussen Geld, das man sich sparen könne.
Die beiden Architekten Hubert Blasi und Norbert Kampfinger hatten den ersten Plan gründlich überarbeitet. Sie schlagen 3 Gebäude auf dem Gelände zwischen Mitterweg und Reineckestraße vor. Das Gemeinde-Grundstück ist 3 279 Quadratmeter groß und liegt wie ein Keil von West nach Ost neben der Kirche. 3 Varianten stellten die Planer den Gemeinderaten zur Auswahl:
• 3 Häuser militärisch streng in Nord-Süd-Anordnung und eines querstehend (Variante 1) mit Tiefgarage. Kosten für 1632 Quadratmeter Wohnfläche und 38 Stellplätze: 8,8 Millionen Euro.
• 1 Haus in Nord-Süd-Ausrichtung und zwei querstehende Häuser ohne Tiefgarage mit ebenerdigen Stellplätzen (Variante 2). Kosten für 1446 Quadratmeter Wohnfläche und 40 ebenerdige Stellplätze: 6,9 Millionen Euro.
• 1 Haus in leicht versetzter Anordnung am Mitterweg und 2 Häuser in West-Ost-Ausrichtung mit einer Tiefgarage (Variante 3). Kosten für 1795 Quadratmeter Wohnfläche und 44 Stellplätze: 9,4 Millionen Euro.
In den 3 Häusern sind 26 Wohnungen zwischen 40 und 90 Quadratmetern geplant.
Die Variante 1, von den Architekten selbst als „schlechter“ qualifiziert, spielte in der Diskussion keine Rolle. Die Redeschlacht entbrannte zwischen Grünen einerseits und CSU, BGH, FDP und SPD andererseits um die Zahl der Autostellplätze und um die Tiefgarage, von Architekt Christoph Welsch als „Betonsarg, den man in die Erde rammt“, bezeichnet.
Bauamtsleiter Guido Finster war anderer Ansicht: „Wir sollten die Herrschinger Stellplatzsatzung als Gemeinde einhalten.“ Diese Satzung aus dem Jahre 2015 sieht pro Wohnung bis 50 Quadratmeter einen Autostellplatz, von 50 bis 150 Quadratmeter 2 Plätze vor. Auch Bürgermeister Schiller sprach sich vehement für die satzungsmäßig vorgeschriebenen Stellplätze aus: „In dieser Gegend gibt es jetzt schon Parkplatzmangel.“
Rainer Guggenberger (BGH) meinte, die Variante 3 mit der Tiefgarage füge sich städtebaulich am besten ein, die Gemeinde müsse bei den Stellplätzen schließlich Vorbild sein. Roland Lübeck (CSU) sprach sich ebenfalls klar für Variante 3 aus: „Die Autos müssen von der Straße verschwinden.“ Christiane Gruber (BGH) warf sich auch für diesen Vorschlag in die Bresche: „Es geht ja auch um die Wohnqualität in diesen Häusern.“ In die gleiche Kerbe hieb Thomas Bader (CSU): „Wenn wir von privaten Bauherren die Einhaltung der Stellplatzsatzung verlangen, können wir als Gemeinde nicht mit schlechtem Beispiel vorangehen. Claudia von Hirschfeld (BGH) fragte, ob für kinderreiche Familien nicht auch 4-Zimmer-Wohnungen geplant werden sollten. Außerdem vermisste sie in den Entwürfen Plätze für die Fahrräder. Architekt Blasi aus der Öko-Musterstadt Augsburg beruhigte, dass man sogar an Lastenräder gedacht habe.
Nach der Stellplatz-Phalanx meldeten sich die Grünen zu Wort. Gerd Mulert räumte ein, dass es natürlich schöner sei, wenn die Auto im Untergrund verschwänden. Aber eine Tiefgarage verteuere das Projekt dramatisch. „Das können wir uns nicht leisten.“ Hans-Hermann Weinen (SPD) fragte besorgt, welcher Mietpreis denn noch haltbar sei. Bürgermeister Schiller antwortete, dass man nicht unter eine bestimmte Schwelle kommen dürfe, er sehe den Quadratmeterpreis bei etwa 10 Euro.
Architekt Christoph Welsch (Grüne) plädierte dafür, in einem neuen Entwurf eher mehr Wohnflächen als Stellflächen zu planen. „Wir müssen mit den Kosten runter.“ Architekt Blasi konterte, dass eine „Tiefgarage“ zwingend erforderlich sei.
Die grüne Gemeinderätin Traudi Köhl erinnerte daran, dass das Projekt unter der Überschrift „Schaffung von bezahlbarem Wohnraum“ läuft. Ein Normalverdiener habe in der Regel keine 2 Autos. Sie erinnerte daran, dass der Bahnhof schnell zu Fuß erreichbar sei.
Wolfgang Darchinger (Grüne) brachte einen Aspekt in die Debatte, der vorher nie aufgetaucht war. Eine massive Betonwanne für die Tiefgarage sei nicht klimagerecht. Er griff das Argument von Professor Schürmann auf, der das Herrschinger Gymnasium baut: Mit Beton müsse man „selbstkritischer“ umgehen, sagte er beim ersten Spatenstich am letzten Freitag.
Nachhaltigkeit und eine ökologische Energieversorgung spielten in der ganzen Debatte praktisch keine Rolle. Immerhin stimmte der Gemeinderat für die Barrierefreiheit in allen Wohnungen. 2 Wohneinheiten sollen sogar Rollstuhl-gerecht gestaltet werden.
Die Abstimmung ergab dann eine klare Mehrheit für die Variante 3 mit Tiefgarage. Allerdings müssen die Architekten noch einmal ran und im Haus 3 noch mehr Wohnraum rausquetschen. Der geänderte Plan soll dann im Bauauschuss verabschiedet werden.
Nicht berührt wurde die Frage, wo denn die katholischen Gottesdienstbesucher künftig parken sollen. Schließlich verlangt die Stellplatzsatzung von Kirchen einen Stellplatz pro 20 Sitzplätze in der Kirche.