Manche Kunden kommen in Herrsching ohne Impfausweis in Geschäfte/Restaurant hat noch nie etwas von 2 G gehört/
Die Dame hat nicht den Farbfilm vergessen, sondern ihr Handy. Kaum zu glauben, aber sie kann ihren Impfausweis nicht zeigen. Damit ist ihre Stippvisite im Fotogeschäft Wilke in Herrsching beendet, Inhaber Gerald Reichmann bittet sie höflich, den Laden zu verlassen. „Das ist mir heute schon zum vierten Mal passiert“, wundert sich der Fotomeister.

Kein Zweifel, 2 G ist eine Zumutung für den Einzelhandel, für die Wirte, und für die Kunden: Das Handy ist der Schlüssel zur Konsumwelt: ohne Handy kein Hemd, ohne App kein Appetit. Aber die Pandemie ist ja ohnehin eine kollektive Zumutung, gegen die nur kollektive Disziplin hilft.
Die Umsätze in vielen Geschäften sind Corona-infiziert, und wenn ein Kunde mal Geld ausgeben will, fehlen oft die Waren: Bei Foto Wilke jedenfalls klingelt die Ladenkasse seltener als früher. Inhaber Reichmann wundert sich aber nicht nur über die komischen Zeiten, sondern auch über manch amtliche Regel. So gilt beim Kauf einer Kamera 2 G, für ein Passbild dagegen nicht. Grund: Passbilder gehören zum „täglichen“ Bedarf. Da steht dann schon mal ein Kunde nicht geprüft an der zweiten Kasse, an der ersten Kasse musste sich der Kamerakunde ausweisen.
Ganz optimistisch klingt die Vorsitzende des Herrschinger Gewerbevereins „Wir in der Region“ (WiR). „Die Leute kommen rein und zeigen von sich aus den elektronischen Impfausweis“, hat sie beobachtet. Einige allerdings betreten – scheinbar oder anscheinend – den Laden an der Mühlfelder Straße, als wären sie vor einer Stunde aus Nordkorea gelandet. Von 2 G hatten sie noch nichts gehört. „Wenn Stammkunden nicht mehr in den Laden dürfen, weil sie keine App oder kein gelbes Büchlein vorweisen können, blutet einem schon das Herz“, sagt Huber. Deshalb sei sie am Abend auch „so kaputt, dass sie das C-Wort nicht mehr hören kann“. Für Kunden ohne Impfnachweise gibt es aber immer noch ein legales Schlupfloch: Die Kunden bestellen telefonisch und holen die Ware an der Tür ab.
Aber wann Kunden in den Laden kommen, das sei inzwischen nicht mehr vorhersehbar. „Früher wusste man, wann es Stoßzeiten im Laden gibt, heute sind plötzlich Leute da und dann ist wieder Flaute“, meint Gabi Huber.

Längst ist sie zu einer Expertin behördlicher Anordnungen geworden, wahrscheinlich kennt sie sich in den Verästelung der Ministerialerlasse besser aus als die Polizei. Die lässt sich übrigens nicht oder noch noch nicht sehen in den Geschäften: „Ich habe noch nie von Kontrollen in Herrsching gehört“, erzählt die Gewerbevereins-Chefin. Die Polizei oder das Landratsamt hätte in Herrsching vermutlich aber wenig zu beanstanden.
Es sei denn, sie würden in einem Restaurant mit exotischer Speisekarte kontrollieren. Gäste hatten verwundert gefragt, warum sie hier nicht mit Fragen nach dem Impfausweis behelligt wurden. Der Ober meinte frank und maskenfrei, davon habe er noch nichts gehört.