Unsere Frau in Berlin: Carmen Wegge setzt sich für eine betriebsbezogene Impfpflicht ein

„Die ersten Tage in Berlin waren aufregend“

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Nach den ersten 100 Tagen im Amt wollte herrsching.online von der jungen Bundestags-Abgeordneten Carmen Wegge wissen: Noch voller Aufbruchstimmung oder schon desillusioniert? Und wie schafft man als junge Mutter die häufigen Trennungen? Wegge will in Berlin die Interessen der jungen Generation vertreten – schließlich ist sie prominentes Juso-Mitglied und eine von 49 SPD-Abgeordneten unter 35.

herrsching.online: Wie geht’s denn der Familie mit Ihrem neuen, reiseintensiven Amt als Bundestagsabgeordnete? Vermissen Sie Ihre 10 Monate alte Tochter in Berlin?

Wegge: In Berlin ist sie nicht dabei. Man hat Termine von 7 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts. Da bleibt nicht viel Zeit für andere Gedanken. Letzte Woche war meine Kleine in der Kita-Eingewöhnung, und da hat sie sich das RSV-Virus, eine Atemwegsinfektion, geholt. Da fühlt man sich als Mutter dann schon ein bisschen hilflos. Man sitzt in Berlin und kann von der Ferne aus nicht helfen. Aber ich habe einen tollen Mann, der schafft das auch ohne mich…

herrsching.online: ..der hat die Scheidung noch nicht eingereicht… ?

Wegge: … nein nein, alles gut. Wenn ich dann wieder zu Hause bin, verbringe ich die ganze Zeit mit meiner Tochter.

herrsching.online: Wie waren die ersten Tage in Berlin als frischgebackene Abgeordnete?

Wegge:  Die ersten Tage in Berlin waren ganz schön aufregend, aber auch sehr schön. Ich habe viele bekannte Gesichter im Bundestag getroffen. Das ist ein gutes Gefühl, und man ist nicht so alleine.  Die Fraktion ist ziemlich jung geworden. Wir haben 49 Abgeordnete unter 35 Jahren, da haben manche schon von einer Sperrminorität gesprochen. Ich verrate da nicht zuviel, wenn ich Ihnen erzähle, dass wir uns als junge Menschen in der Fraktion auch organisieren. Wir erleben gerade einen historischen Momemt, und den wollen wir nicht verstreichen lassen.

herrsching.online: Wie empfanden Sie die Debatte im Bundestag zum neuen Infektionsschutzgesetz? Hat ja die halbe Nation verfolgt, und viele Ihrer Wählerinnen und Wähler haben Sie beim Kameraschwenk auf die Abgeordneten auch gesucht.

Wegge: Als Juristin war das für mich schon mit Bauchschmerzen verbunden. Die Union in der neuen, ungewohnten Oppositionsrolle hat da falsche Tatsachen vorgespiegelt. Jetzt entscheiden die Parlamente wieder mit. Und in einer Demokratie gehört es zu den essentiellen Dingen, dass die Parlamente über Grundrechtseinschränkungen mitentscheiden. Ich fand das ziemlich schwierig, dass das Niveau der Debatte ein bisschen niedrig war von Seiten der Union.

herrsching.online: Sitzen Sie auch in irgendeinem Ampel-Unterhändler-Ausschuss?

Wegge: Nein, nicht offiziell, aber wir haben Begleitgruppen gebildet, in denen wir die Themen, die in den Ausschüssen besprochen wurden, vorberaten haben. Da war ich in einige Gruppen involviert.

herrsching.online: Haben Sie den Eindruck, Sie persönlich könnten etwas bewirken, oder ist man als Parlamentsneuling nur Stimmvieh auf den hinteren  Bänken?

Wegge: Ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass ich etwas bewirken kann.Und nicht nur deshalb, weil wir uns als Jusos zusammengetan haben. Den erfahrenen Fraktionsmitgliedern ist schon klar geworden, dass man uns nicht übergehen kann. Schließlich sind wir ja mehr Neue als Alte, wir sind 104 neue Abgeordnete in der Fraktion und nur 102, die schon vorher im Bundestag saßen. Deshalb kann man uns nicht ignorieren. Heute zum Beispiel diskutieren wir in der Fraktion über die betriebsbezogene Impfpflicht. Jeder kann sich in dieser Debatte zu Wort melden. Also ganz deprimiert bin ich nicht.

herrsching.online: Wenn wir schon beim Thema sind: Sind Sie persönlich für eine Impfpflicht?

Wegge: Der SPD-Parteitag in Oberbayen hat sich für die allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Ich glaube auch, dass Impfen der einzige Weg aus diesem Kreislauf aus Lockdown und „Dann geht’s uns allen wieder gut“ herausführt. Ich werde mich in der Fraktion für die betriebsbezogene Impfpflicht aussprechen. Sowas haben wir ja auch schon in Deutschland. Bei der allgemeinen Impfpflicht wäre mir wichtig, dass sie tatsächlich auch umsetzbar ist. Das sehe ich im Augenblick noch nicht. Ich weiß auch nicht, ob es verfassungsmäßig möglich wäre. Meine Haltung als Juristin ist, dass ich verfassungswidrige Gesetze nicht mitttragen möchte. Aber ich bin klar für eine betriebsbezogene Impfpflicht.

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