Fast ein Staatsakt: Beim Einpflanzen von 3 neuen Bäumen vor der Volksbank erlebte die Bahnhofstraße einen Auflauf, als würde die halbe Sahara aufgeforstet. Stolz verweist ein Schild darauf, dass „dieser Baum eine Spende von Pro Natur“ sei. Gag am Rande: Pro Natur hat mit der Baumspende eigentlich garnichts zu tun: Die Pflanzung hat der Landschaftsingenieur Konrad Herz organisiert, die Bäume hat ein großes Gartenbau-Unternehmen bezahlt, die Gemeinde hat die Auswahl der Bäume besorgt, und die Gemeindekasse bezahlte die Pflanzaktion. Die Schildchen an den Jungbäumen („Dieser Baum ist eine Spende von Pro Natur“) könnte man also als kleine Schenkungspiraterie bezeichnen.

Auch Bürgermeister Schiller gab dem jungen Gehölz die Ehre. Er bedankte sich für die Hopfenbuchen und den Feldahornbaum die künftig die Schaufenster der Bank beschatten. Die Gemeinde Herrsching, versprach der Bürgermeister, werde in diesem Jahr über 100 Bäume pflanzen.

Die Pflanzaktion hatten die Damen von Pro Natur mit viel Symbolik aufgeladen: Kinder des Kindergartens Kunterbunt verkörperten die Zukunft, der Alphorn- und Waldhorn-Musiker Ludwig Himpsel steuerte fröhliche Töne bei, und die ehemalige Bürgermeisterin Christine Hollacher hielt eine schöne Rede.

Sie erwähnte auch die Unterschriftenaktion für eine Baumschutzverordnung – kein Stichwort, das im Rathaus Verzückung auslöst. Bürgermeister Schiller ging in seiner Begrüßung auf die Erfahrungen mit der alten Baumschutzverordnung ein und bezeichnete sie als „verfehltes Instrument“ zum Baumschutz. Aber man werde den Entwurf der Verordnung, ausgearbeitet von Pro Natur, im Gemeinderat diskutieren.
Das ist allerdings nicht die vollständige Wahrheit: Der Gemeinderat muss das Regelwerk für einen neuen Baumschutz beraten, weil über ein Prozent der Herrschinger einen Bürgerantrag unterschrieben haben.
Dass eine Verordnung sehr wohl pro Baumschutz wirken kann, belegt die BUND-Diplom-Ingenieurin Angela Burkhardt-Keller mit einem Beispiel aus München: „Rund 500 Bäume können in München pro Jahr durch die Baumschutzverordnung erhalten werden. Darüber hinaus wird Geld, das durch Ausgleichszahlungen für gefällte Bäume eingenommen wird, in die Pflege und Neupflanzung von Bäumen investiert.“
Schiller ging in seiner Rede auch darauf ein, dass nur wenige bayerische Gemeinden eine Baumschutzverordnung erlassen haben – es sind, Stand 2019, genau 94 von 2 056 Kommunen. Dazu Burkhardt-Keller im herrsching.online-Interview: „Regelungen, die das Eigentum betreffen, sind unpopulär. Das scheuen die Politikerinnen und Politiker. Dabei tragen sie Verantwortung für das ästhetische Bild, den Klima- und Artenschutz in ihrer Gemeinde.“

Weil’s grad der Jahrestag des Kriegsausbruchs war, durften die Kinder des Kindergartens Kunterbunt kleine Friedenstauben aus Papier an einen Baum hängen, organisiert von Regula Fey.
Und nun zu den Hauptdarstellern, den Bäumen: Die Gewöhnliche Hopfenbuche (Ostrya Carpinifolia) ist ein langsam wachsender Baum, der in den ersten Jahren eine kegelförmige Krone formt. Sie kann eine Breite von gut 12 Metern erreichen. Sie verlangt einen warmen, geschützten Standort und gedeiht auf allen, sogar auf sehr trockenen Bodenarten. Sie wird nur 14 bis 16 Meter hoch.
Der Acer Campestre (Feldahorn) ist mit Wuchshöhen von 15 Metern gesegnet; in Einzelfällen wird er aber auch höher als 20 Meter und kann einen Stammumfang von über einem Meter erreichen. Der Feldahorn kann 150 bis 200 Jahre alt werden.
Im Publikum bei der Pflanzung sah man die Opernsägerin Teresa Boning, den evanglischen Pfarrer Ulrich Haberl, Grünen-Vorständin Rita Mulert, SDP-Chef Werner Odemer, die Erste Vorständin des Trägervereins Kindergarten Kunterbunt, Tina Drexler und SPD-Vorstandsmitglied Ingeborg Donhauser. Von der Volks- und Raiffeisenbank, vor deren Haustür die Bäume nun gedeihen sollen, machte sich niemand bemerkbar.
Im Nachhinein gesehen wäre es sicher besser gewesen, den Text der Schilder anders zu formulieren (etwa :“eine Spende initiiert von einem Mitglied von Pro Natur..)
Im Nachhinein wäre es sicher besser gewesen, nicht im Übereifer die Pflanzfirma zwei Stunden aufzuhalten und eventuell Zusatzkosten zu verursachen. Der Eindruck, der entstehen konnte, dass es nur um schöne Bilder ging, wäre natürlich verheerend.
Insgesamt möchte ich aber doch um Verständnis für die Pro Natur Mitglieder werben und bitten, deren Freude zu verstehen, endlich mal einer Baumpflanzung beizuwohnen und nicht immer nur Baumfällungen und sich dafür ein buntes Programm mit Musik und Gesang auszudenken. Ganz losgelöst, den Hauptdarstellern, den Bäumen, wird das alles eh egal sein. Sie wachsen hoffentlich unter Mithilfe der Baumpat*innen gut an und erfreuen zum Bahnhof eilende Menschen an einer Stelle, wo vorher öde Leere war.
„Großes Kino“ und eine gute Portion Selbstbeweihräucherung – die Berichterstattung über die „Baum-Spende-Aktion“
von Pro Natur Herrsching hat die Fakten doch etwas zurecht gerückt. Vielen Dank dafür !
Und besonderen Dank an die tatsächlichen Spender der Bäume !
Die Bürgerinitiative hat mit der Baumpflanzung sehr wohl was zu tun. Konrad Herz, der eigentlich gar nicht genannt werden wollte, ist Mitglied bei pro Natur! Ohne Pro Natur wären die Bäume buchstäblich „sang und klanglos“ eingepflanz worden, mehr oder weniger unbeachtet von der Öffentlichkeit. Dank Pro Natur wurde diese Pflanzung ein unvergessliches Ereignis für die eingeladenen Kinder vom Kindergarten Kunterbunt und deren Familien und viele andere Herrschiner*innen und Ukrainerinnen. Es wurde Kaffee und Tee ausgeschenkt und Brezen und Plätzchen in Form von Friedenstauben angeboten. Ela Bauer hat wunderschöne Baumorden hergestellt für die Paten jedes Baumes mit Urkunden. Die Kinder haben mit Begeisterung die Papiervögel aufgehängt , den dritten Baum fertig eingepflanzt und sehr intensiv angegossen.
Ein großer Dank an Ludwig Himpsl für die musikalische Umrahmung , der VR Bak für die Stehtische, dem Unverpackt Laden für das Wasser zum Gießen und vor allem der Firma „Ammerseer Landschaftsbau“, die es ermöglicht hat, dass die Kinder aktiv eingebunden werden konnten. Danke Herr Görner für Ihren zusätzlichen Zeitaufwand.
Herr Bürgermeister Schiller bezeichnet Baumschutzverordnungen als „verfehltes Instrument“ und verweist seit Jahren darauf, dass von Bayerns 2056 politisch selbstständigen Kommunen nur 94 über eine Baumschutzverordnung verfügen. Als Grundlage für diese Aussage dient eine Befragung, die der BUND Naturschutz im Jahr 2018 durchgeführt hat. Man kann Herrn Schiller nur empfehlen, die diesbezügliche empirische Untersuchung „Verbreitung, Ausgestaltung und Effektivität von Baumschutzverordnungen in Bayern“ zu lesen. Ein Ergebnis der Untersuchung ist, dass Kommunen, die selbst eine Baumschutzverordnung erlassen haben, deren Wichtigkeit als sehr hoch einschätzen. Politiker die eine Baumschutzverordnung ablehnen, wollen sich vermutlich nur ungern mit den Ergebnissen dieser Untersuchung auseinandersetzen.
Leider blieb Herr Bürgermeister Schiller in seiner Rede eine Antwort schuldig, welche Instrumente er für einen wirksamen Baumschutz in Herrsching denn als notwendig erachtet. Seit Abschaffung der damaligen Baumschutzverordnung im November 2018 wäre genug Zeit dafür gewesen,
Kleine Ergänzung: Die VR-Bank hatte bereits im Vorfeld die Stehtische kostenlos zur Verfügung gestellt und manch eine Mitarbeiter*in hat sich interessiert aus den Fenstern der oberen Räume gebeugt – auch die Kundentoilette wurde freimütig für Kund*innen geöffnet. Vielen Dank !!!
Nicht unerwähnt sollte auch die Gartenbaufirma Porkert aus Buch bleiben, deren Mitarbeiter geduldig 2 Stunden bei fast vollendetem Werk warteten, damit die Kinder noch selbst Hand anlegen konnten beim Pflanzen.
Allen Beteiligten ein großes Dankeschön
Christine Hollacher