Das geschah im Februar ’23: Bürger decken auf: Bauausschuss lehnte vor 10 Jahren Baumfällungen am Seehof ab

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Die Baumfällaktion auf dem Seehof-Parkplatz bekommt eine überraschende Pointe: 2012 hatte die Hofbräu München bei der Gemeinde beantragt, den Parkplatz umgestalten zu dürfen. Dieser Sanierung wären auch Bäume auf dem Platz zum Opfer gefallen. Einstimmig lehnte der Bauausschuss vor gut 10 Jahren die Fällung der Bäume ab.

Schaute ganz tief ins Gemeindearchiv: Karl-Heinz Wirth

Der Herrschinger Bürger Karlheinz Wirth ließ sich im Herrschinger Rathaus das Protokoll der Bauausschuss-Sitzung vom 17. September 2012 zeigen. Ablichtungen erlaubte die Gemeinde allerdings nicht. Wirth berichtete herrsching.online, dass der Antrag auf Umgestaltung, sprich: Fällung von Bäumen, mit 9 Stimmen im Bauausschuss abgelehnt worden war. Stimmen für die Parkplatzumgestaltung gab es nach dem Protokoll nicht.

Dem Bauausschuss gehörten 2012 an: Michael Feuerherdt, Roland Lübeck und Klaus Pittrich (alle CSU), Wolfgang Schneider (SPD), Hans-Jürgen Böckelmann (Grüne), Christiane Gruber (BGH), Martin Singer (FBU) und Johannes Puntsch (FDP). Die neunte Stimme gehörte Bürgermeister Schiller.

Spannend war die im Protokoll vermerkte Begründung: Die Kastanien auf dem Parkplatz seien geschützt und ortsbildprägend. Den Antrag hatte damals der Landschaftsarchitekt Pangratz, München, eingereicht. Die Ablehnung im Bauausschuss verlängerte das Leben der Kastanien um immerhin 10 Jahre.

2012 galt in Herrsching noch eine Baumschutzverordnung, die erst 2018 nach Hinweisen aus dem Landratsamt abgeschafft wurde. Gerichtliche Beanstandungen hatte es keine gegeben. Die damals gültige Baumschutzverordnung war nach Ansicht von Karlheinz Wirth der Grund dafür, dass Hofbräu München überhaupt einen Antrag bei der Gemeinde einreichen musste – ohne Baumschutzverordnung hätte Hofbräu bei den Fällungen freie Hand gehabt.

Ein Bravo dem Herrschinger Bauausschuss des Jahres 2012

Die Sprecherin der Bürgerinitiative Pro Natur, Christl Voit, meinte dazu, der ganze Vorgang mache deutlich, dass die kommerziellen Absichten die gleichen geblieben seien. „Das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Baumschutzverordnung macht den entscheidenden Unterschied“,  sagte Voit weiter. „Während der Herrschinger Bauausschuss 2012 die rechtlichen Mittel zur Verhinderung der Parkplatzerweiterung in der Hand hatte und eine kluge Entscheidung getroffen hat, musste die Hofbräu Holding diesmal genau genommen die Gemeinde nicht einmal fragen. Auch die Untere Naturschutzbehörde hatte nach Auskunft des Sachbearbeiters keine Möglichkeit, die Fällung zu verhindern, weil die rechtlichen Mittel fehlen. Deshalb ein Bravo dem Herrschinger Bauausschuss des Jahres 2012″

Voit fügte in ihrer Stellungnahme noch an, dass man „begrüßenswerte Äußerungen der Gemeindespitze von damals in den Archiven findet“. Bürgerinnen und Bürger würden es sicher nicht gutheißen, wenn die wunderschönen ortsprägenden Kastanien gefällt würden, so die Archiv-Funde.  

Die Pro-Natur-Sprecherin forderte: „Die rein kommerzielle Absicht des Unternehmens darf sich nicht lohnen, sonst kann Herrsching gleich die Promenade zum Parken freigeben.“ 

4 Comments

  1. Es darf als besonders bittere Ironie der Herrschinger Kommunal-Historie gelten, dass man sich an Erkenntnisse, die 2012 zu einer unbestritten klugen Entscheidung führten, im Jahr 2023 scheinbar nicht mehr erinnern will, obwohl sich die globale Klimasituation in der Zwischenzeit weiter verschärft hat. Heute hört man vom Bürgermeister fast matraartig, dass eine Baumschutzverordnung nichts bringe. Dabei wäre es doch so einfach: während man normalerweise aus Fehlern der Vergangenheit lernen muss, müsste hier nur an Richtiges angeknüpft werden, statt neue Fehler in der Gegenwart zu produzieren. Man könnte stolz darauf verweisen, dass der eigene damalige Beschluss die Kastanien gerettet hat. Was ist daran so schwer?
    Meines Wissens wurde übrigens die damalige Herrschinger Baumschutzverordnung nicht wegen grundsätzlicher inhaltlicher Bedenken vom Landratsamt “ kassiert“, sondern aufgrund formaler Fehler, die der Gemeinde bei der Überstellung der Ausfertigung passierten.
    Noch ein Wort in eigener Sache: Viele scheinen es nicht zu wissen: seit März 2023 bin ich nicht mehr Sprecherin von Pronatur. Pronatur ist inzwischen ein Verein. Alle, die mich zur Zeit vermehrt fragen, ob es sinnvoll sei, Vereinsmitglied zu werden, möchte ich bitten, das selbst aus eigener Beobachtungskraft zu entscheiden. Ich will da keinen wie auch immer gearteten Rat geben . Für die weitere Arbeit wünsche ich auf alle Fälle alles Gute -um der Natur Herrschings willen …

  2. Seit Jahren argumentieren Bürger, Gemeinderat und Bürgermeister Schiller, in Sachen Baumschutzverordnunggegen die Sinnhaftigkeit von Verordnungen. Ihre Begründung im Gespraech ist, dass es besser sei, auf die Freiwilligkeit zu setzen. Im Zusammenleben der Menschen hat es sich aber immer wieder bewährt, zum Beispiel im Verkehr, auf dem Fußballplatz, in der Schule usw., auf Regelwerke und Gebote zu setzen, deren Einhaltung auch überprüft werden muss. Man bedenke nur, wenn es beim Fussball keine Regeln und keinen Schiedsrichter gäbe, und beide Mannschaften ihrer freiwilligen Einsicht überlassen blieben. Ich denke, dass eine Baumschutzverordnung die Menschen und die Natur in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit schützen und uns so zukunftsfähig machen kann.

  3. So lange schon versuchen wir unermütlich, den Herrschinger Ratsherrn Christian Schiller und seine Gemeinde- Rätinnen und Räte von der Notwendigkeit einer neuen Baumschutzverordnung zu überzeugen. Während wir aber von ihnen immer wieder mit Argumenten, die angeblich dagegen sprechen, abgespeist werden, entstehen da, wo einst grosse wundervolle, schattenspendende Bäume standen, immer grössere Versiegelungen durch Maximalbebauungen, Schottergärten und Parkplätze. Was muss geschehen, damit endlich Einhalt für diese verheerende Naturzerstörung passiert? Die auch, wie aus der letzten Fällung der Kastanien am Hotel Seehof ersichtlich, keinerlei Rücksicht mehr auf das Ortsbild von Herrsching nimmt? Neue Baumschutzverordnungen sind von den Grünen und der Bürgerinitiative Pro Natur erarbeitet worden. Also bitte lieber 1. Bürgermeister Christian Schiller: Folgen Sie endlich unserem Drängen und führen sie wieder ein! Die Natur, das Klima, die Menschen und Tiere werden es Ihnen tausendfach danken!!
    Wäre das nicht absolut großartig?

  4. Herrsching braucht wieder eine Baumschutzverordnung! Das kann doch kein Ding der Unmöglichkeit sein, wenn dies andere Kommunen auch schaffen, Herr Schiller!

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