Blick zurück: Welche Anträge haben die Bürger in der letzten Bürgerversammlung 2023 gestellt? Und was ist aus den Bürger-Anregungen geworden? Vor der Bürgerversammmlung am Donnerstag, 29. Februar, 19 Uhr in der Martinshalle, ein Überblick über die Anträge des letzten Jahres und den Status quo. Abstimmen über einen Bürgerantrag können übrigens nur Herrschinger, Breitbrunner und Widdersberger Bürger. Auf den Fragen- und Antragsformularen wird nach Name und Adresse gefragt.
Neue Klinik an der Seefelder Straße: Eine Herrschingerin wollte wissen, ob in die Entscheidung und Planung auch die Bürger einbezogen werden. Bürgermeister und Landrat wiesen darauf hin, dass die Bürgerschaft ja über den ausgelegten Bebauungsplan mitbeteiligt werde. Außerdem sei eine Klinik eine Pflichtaufgabe für den Kreis. Eine Zusammenlegung der beiden Kliniken Schindlbeck und Seefeld, das betonte auch der Landrat noch einmal, sei unumgänglich, weil 2 kleine Krankenhäuser nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnten. Der Bürgermeister gab seiner Zufriedenheit Ausdruck, dass Herrsching mit der Klinikausstattung auch künftig in besten Händen sei.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? Krankenhausreform und die Haushaltslage des Kreises haben einen Klinikneubau an der Seefelder Straße in weite Ferne gerückt. Die Schindlbeck-Klinik in Herrsching und das Klinikum in Seefeld sind nun in einer gemeinsamen GmbH vereint, ein gemeinsames Dach für Inneres und Chirurgie ist aber nicht absehbar. Die Frage, ob es in mittlerer Zukunft nur eine Klinik im Kreis geben wird, oder ob mehrere Standorte erhalten bleiben, konnte Landrat Frey in einer Pressekonferenz nicht konkret beantworten. Das hänge entscheidend von der Berliner Krankenhausreform und den Plänen des Freistaates ab. Mittelfristig muss sich Herrsching wahrscheinlich keine Sorgen machen: Der Chef des Kliniken-Verbunds, Dr. Weiler, kündigte in einer Pressekonferenz an, dass Herrsching eine neue Abteilung bekomme: Die Akut-Geriatrie für die intensive Behandlung von älteren Patienten wird ab 1. April 18 Betten bekommen – Ausbauziel sind 30 Betten.
Wie geht’s mit dem Bahnhof weiter? Ein Herrschinger sorgte sich um die Zukunft des Bahnhofs. Es gebe, so der Bürgermeister, viele Ideen, die der Gemeinderat in einer öffentlichen Sitzung diskutiert und dann auch beschlossen hat. Stichwort: Gastro, Fahrkartenverkauf, Kulturveranstaltung, Wohnungen und Toiletten. Allerdings blieb unerwähnt, dass eine eigenständige, Gastro-unabhängige Kultureinrichtung vom Gemeinderat abgelehnt worden war. Wenn Kultur, dann nur mit Gastro-Anbindung. Der Bürgermeister goss zudem Wasser in den Wein: „Ich vermute, dass noch ein paar Jahre vergehen werden, bis wir uns das leisten können.“ Dass die Bahn die Grundstücke hinter dem Bahnhof nicht verkaufen will, ist wohl auch aus Geldmangel zur Zeit kein Unglück. Dabei wären diese Flächen für die Öffnung des Kienbachbettes sehr wichtig. Für die Kultur aber stehe ja in 3 Jahren die alte Nikolauskirche zur Verfügung, für die die Gemeinde in den nächsten 2 Jahren insgesamt 800 000 Euro ausgeben will.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? Die Architekten Welsch und Steller haben ihre kreativen Gedankenspiele zur Zukunft des Bahnhofs im Gemeinderat vorgestellt. Im Kern geht es um die Frage, ob die Bahnhofshalle einen Markt mit mobilen Ständen aufnimmt oder ob ein Restaurant große Teile der Hallenfläche „eindeckt”. In den Entwürfen der beiden Herrschinger Planer stecken viele Ideen, die aus dem Bahnrelikt den „Bauch von Herrsching” machen könnten. Die Gemeinde kann den Umbau aber nicht aus eigenen Mitteln stemmen. Wenn der Gemeinde kein Geldgeber zur Seite springt und einen Teil der Rechnung übernimmt, wird in den nächsten 10 Jahren wohl nichts aus Herrschings neuem Ortsmittelpunkt. Die Kernideen der beiden Planer: Es soll ein • Restaurant einziehen, das keine Großküche bietet, aber eine Fläche X in der jetzigen Wartehalle beansprucht• Im südlichen oder nördlichen Kopf des Zwillingsgebäudes werden Läden entstehen• Auf der Außenfläche Richtung evangelische Kirche (wo jetzt Leihfahrräder der Bahn stehen) soll eine Art Piazza zum Aperol Spritz einladen• Der Kienbach soll teilweise wieder sicht- und erlebbar werden • Die Toiletten werden in diesem Jahr noch ausgelagert und in der Nähe als „robuste Fertig- oder Containerlösungen” entstehen • Im Obergeschoss werden Wohnungen von 45 bis 95 Quadratmeter für Herrschinger saniert werden
Slivesterkracherei muss aufhören: Wie vor einer Gemeinderatssitzung beklagte sich eine Bürgerin über das Silvesterfeuerwerk. Da seien der Gemeinde weitgehend die Hände gebunden, so der Bürgermeister.
Kienbach-Entscheidungen – hatte der Gemeinderat genug Zeit für seine weitreichenden Entscheidungen? Einen Bürger aus der Initiative Pro Natur, der auch die letzte Gemeinderatssitzung mit der Präsentation des Wasserwirtschaftsamtes verfolgt hatte, plagen Zweilfel, ob die Räte genugend Zeit hatten, sich in das komplexe Thema Bachsanierung einzuarbeiten. Diese Frage stelle sich angesichts der Ad-hoc-Entscheidungen, die der Rat habe treffen müssen. Er stellte den Antrag, dass sich der Rat auch mit Alternativen zu den getroffenen Maßnahmen (Wasserbausteine, Betonmauern, Grünstreifenverkleinerung und ähnliches) befassen müsse.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? Der Bürgermeister lehnte den Antrag aus formalen Gründen ab, weil das Wasserwirtschaftsamt und nicht die Gemeinde zuständig sei.
Das Baumkataster soll öffentlich werden: Herrsching leistet sich ein Baumverzeichnis, das aber noch nicht öffentlich einsehbar ist. Eine Bürgerin stellte den Antrag, das Kataster über die Gemeinde-Website öffentlich zugänglich zu machen. Sobald die technischen Voraussetzungen dafür gegeben seien, werde das geschehen, versprach der Bürgermeister.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? Das Baumkatastar steht nun online für jeden Bürger zur Verfügung.
Fahrradstreifen auf der Rieder Straße: Ein Bürger stellte sogar den Antrag, die aufgemalten Zweiradzonen wieder abzuschaffen. Begründung: Die Autofahrer fahren seither viel zu dicht an den Radfahrern vorbei. Der Antrag wurde in der Bürgerversammlung abgelehnt. „Das ist kein Schutz, das ist das Gegenteil“, wetterte der nach eigenen Angaben 85-jährige Herrschinger über die Fahrradschutzstreifen. Er stellte den formellen Antrag, die Schutzstreifen wieder abzuschaffen.
Wie ist die Lage in diesem Jahr?Der Bürgermeister wies in seiner Entgegnung daraufhin, dass wegen der Fahrradschutzstreifen die durchschnittliche Geschwindigkeit des Autoverkehrs sinke. Nach den Erfahrungen des Bürgers allerdings ist das nicht der Fall. Der Bürger stellte nun den offiziellen Antrag, die Fahrradstreifen wieder abzuschaffen. Dieser Antrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Daraufhin der Antragsteller: „Gut, dann fahre ich weiter auf dem Gehweg.“
Sturzflut-Manangement: Eine Bürgerin fragte, ob bei der Untersuchung über die Starkregen-Risiken in Herrsching auch die Landwirtschaft in Erling-Andechs mit einbezogen werde. Christian Tomsu von der beauftragten Firma Specter verwies auf verschiedene Möglichkeiten wie Veränderung der Fruchtfolgen, Gräben und Blühstreifen. Dafür gebe es auch staatliche Anreize und Sonderprogramme.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? 120 000 Euro kostet das neue Sturzflut-Mangagement für Herrsching (das Land steuert immerhin 53 000 Euro bei). Das System soll bei Starkregen betroffene Bürger und Firmen warnen. Die Warnungen werden mittels Sensoren und Computer-Simulationen erstellt.
Bürgerin beantragt Konzept für eine „Schwammstadt“: Viele Herrschinger haben noch nie etwas von einer Schwammstadt gehört – jetzt muss sich sogar der Gemeinderat damit befassen. Die Film-Journalistin Karin Casaretto hatte in der Bürgerversammlung den Antrag gestellt, dass Herrsching für eine Schwammstadt sogar ein Ortsplanungskonzept entwickelt. Konkretes Anliegen: Ein Zuviel an Regenwasser soll nicht durch die Straßen fließen, sondern in grünen Stauräumen wie Moosdächern gebunkert werden. Der Antrag wurde in der Bürgerversammlung angenommen.
Wie ist die Lage in diesem Jahr? Ein Anfang ist gemacht. Der Bauausschuss beschloss eine neue Stellplatzsatzung. Darin ist verankert, dass Flachdachgaragen bis zu einer bestimmten Neigung künftig begrünt werden müssen.