Die Unternehmer-Familie Katherine und Richard Kaindl hat für 2023 noch genügend Aufträge. Das nächste Jahr könnte schwieriger werden. In diesem Haus entstehen Wohnungen für Angestellte und Büroräume für die Firma

Bauanträge sind um 27 Prozent zurückgegangen

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Lage am Bau? Lau. So könnte man die Stimmung in vielen Baufirmen des Landkreises zusammenfassen. Neue Zahlen aus dem Rathaus beweisen, dass die Baukonjunktur in den Keller rutscht. Der künftige Leiter des Herrschinger Bauamtes, Oliver Gerweck, berichtet auf Nachfrage von herrsching.online, dass die Bauanträge im letzten Jahr um 27 Prozent zurückgegangen sind. Die Vorbescheidsanträge brachen im letzten Jahr sogar um 41 Prozent ein. Die Baufirmen aber wissen: Die Bauanträge im Herrschinger Bauamt sagen die Baustellen des nächsten Jahres voraus. Auch die Banken spüren die drohende Bauflaute. Markus Stegmann, Leiter der Abteilung Bauen & Wohnen bei der VR-Bank in Herrsching, hat einen Rückgang der Hypothekenanfragen registriert. Fragen wir also nach bei einem mittelständischen Bauunternehmer, ob in der Branche schon die Angst grassiert: Richard Kaindl leitet zusammen mit seiner Frau Katherine die Kaindl GmbH in Breitbrunn.

herrsching.online: Früher hieß es: Sei schlau, geh zum Bau. Ist es angesichts der aufziehenden Baukrise immer noch schlau, die Zukunft beim Bau zu suchen?

Kaindl: Es ist immer noch schlau, zum Bau zu gehen. Man hat eine abwechslungsreiche Aufgabe und zudem einen guten Verdienst.

herrsching.online: Bauunternehmer klagen inzwischen, dass sich Angestellte verabschieden, weil sie vor der aktuellen Unsicherheit Angst haben.

Kaindl: Bei uns ist das nicht so. Wir sind noch gut aufgestellt.

Bauanträge beim Herrschinger Bauamt

202064 Bauanträge23 Vorbescheidsanträge
202197 Bauanträge17 Vorbescheidsanträge
202271 Bauanträge10 Vorbescheidsanträge.

herrsching.online: Wie sieht denn Ihre Auftragslage aus?

Kaindl: Wir merken schon, dass inzwischen weniger Anfragen reinkommen. Aber bis jetzt sind wir noch gut ausgelastet. Für dieses Jahr mach ich mir keine Sorgen.

herrsching.online: Was wird weniger? Private  oder öffentliche Nachfragen?

Kaindl: Die privaten Anfragen sind weniger geworden. Aber die Öffentliche Hand hat ja noch viele Infrastrukturmaßnahmen in der Planung, da sehen wir noch keinen Rückgang.

herrsching.online: Aber die Öffentliche Hand knausert ja inzwischen auch, weil das Geld knapp wird.

Kaindl: Beim öffentlichen Wasser- und Abwassernetz ist noch ein hoher Sanierungsbedarf. Wenn eine Leitung platzt und das Wasser aus dem Boden drückt, muss man das Leck reparieren, ob die Zeiten nun gut oder schlecht sind.

herrsching.online: Würden Sie einem privaten Bauherren jetzt zum Bauen raten? Schließlich spekulieren viele darauf, dass die Preise wieder fallen.

Kaindl: Eine Prognose ist sehr schwierig, weil die Entwicklung der Baubranche schlecht einzuschätzen ist. Kein Mensch weiß, ob die Rohstoffpreise fallen, stagnieren oder steigen. Durch die hohen Energiepreise werden energieintensive Stoffe wie Beton teurer. Und der Transport wird wohl auch nicht billiger. Aber man weiß nie, wo die Reise endet.

herrsching.online: Ist Holz als Baustoff eine preiswertere Alternative zum Beton?

Kaindl: Ich vertraue auf den Ziegel. Die Herstellung der Ziegelsteine ist zwar energieaufwändig, aber er ist nachhaltig und langlebig. Da macht man nichts falsch. Und machen wir uns nichts vor: Ein Holzhaus enthält auch viel Dämm- und Folienmaterial. Bei der Holzständerbauweise macht das Holz weniger als die Hälfte des Materials aus.

herrsching.online: Was hat ein Haus mit 150 Quadratmetern  Wohnfläche vor 10 Jahren gekostet, und was kostet ein solches Gebäude heute im Rohbau?

Kaindl: Vor 10 Jahren vielleicht 200 000 Euro, heute müsste man mit 300 000 Euro rechnen. Über den ganz groben Daumen gepeilt, die Preise haben sich um ein Drittel erhöht.

Bürokratie: Heute braucht man 25 Bauleiter für einen Arbeiter

herrsching.online: Wer kann sich da noch eigene Wände leisten?

Kaindl: In unserer Gegend hier ist es tatsächlich sehr schwierig geworden, gerade, wenn man erst das passende Grundstück erwerben muss, in ländlicheren Gebieten ist es bestimmt einfacher.

herrsching.online: Wo baut denn die Firma Kaindl hauptsächlich?

Kaindl: Dank der noch guten Auftragslage bauen wir hauptsächlich im Landkreis Starnberg und im Landkreis Fürstenfeldbruck. Wir können den Großteil unserer Aufträge derzeit im Umkreis von 20 Kilometern generieren. Aber für Stammkunden fahren wir natürlich gerne auch nach München

herrsching.online: Mittelständische Bauunternehmer klagen schon, dass die Großen der Branche sich jetzt auch für kleinere Aufträge interessieren. Habt Ihr Angst vor den Großen als neuer Konkurrenz?

Kaindl: Angst hat man als Unternehmer immer, weil man weiß, wie schnell sich die Situation am Markt verändern kann.  Aber wir haben aktuell noch keine Konkurrenz durch große Unternehmen gespürt.

herrsching.online: Wieviele Baustellen hatte Kaindl im letzten Jahr?

Kaindl: Rund 350. Wir machen ja alles, vom Türdurchbruch über eine Wasserleitungsreparatur bis zum Neubau von Ein- und Mehrfamilienhäusern..

herrsching.online: Und wieviele Leute sind für Euch unterwegs?

Kaindl: Wir beschäftigen 35 Leute.

herrsching.online: Was haben Sie für Wünsche an die Politik, damit die Branche die stürmischen Zeiten gut übersteht?

Kaindl: Die Bürokratie macht uns zu schaffen. Früher haben wir für die Organisation von 25 gewerblichen Arbeitern  einen Bauleiter gebraucht, heute bräuchten wir, ironisch gesprochen, 25 Bauleiter für einen Arbeiter.

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