In diesem Kirchenvorraum von St. Johannes der Täufer in Breitbrunn, hoch überm Ammersee, hauste der Asylbewerber Nemed. Die Breitbrunner waren sich uneins: Anzeigen, rausschmeißen oder zum Essen einladen?

Ein Dorf ist ratlos: Wohin mit Nemed?

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Kirchenasyl der etwas anderen Art: Im Eingang des kleinen Kircherls St. Johannes der Täufer hatte sich ein kurdischer Asylbewerber „eingenistet“. Er stellte sich besorgten Bürgern als „Nemed aus Kurdistan“ vor. Der etwa 31 Jahre alte ehemalige Landarbeiter war im Asylbewerber-Heim in Breitbrunn rausgeflogen, weil er sich, so sagten es Breitbrunner Asylhelferinnen, „einiges zu Schulden hatte kommen lassen“. Er sollte dann nach Wolfratshausen verlegt werden. Aber ehrlich, wer will schon den Ammersee mit Stoiber-City eintauschen? Nemed büchste aus und schlug sein Nachtlager im Eingang der Kirche aus dem 13. Jahrhundert auf. Seine Wäsche wusch er im Friedhofstrog und hängte sie, so empörte Breitbrunner, über die Grabsteine zum Trocknen aus. Breitbrunner Bürger brachten ihm in Sorge um sein Wohlergehen sogar Essen vorbei. Das allerdings lehnte er ab, vielleicht aus Stolz, vielleicht aus Misstrauen. Man wolle ihn vergiften, teilte er Breitbrunnern Bürgern mit. Als die Nächte dann bitterlich kalt wurden und das Thermometer bei 5 Grad Minus eingefroren war, machten sich Einwohner Sorgen um Nemed. Er wurde in den Wohnwürfel neben der Kirche einquartiert und irgendwann von der Polizei nach Wolfratshausen gebracht.

Die Story ist nicht ganz trivial, weil sie unterschiedliche Reaktionen in der Bevölkerung provozierte. Einige sorgten sich um den psychisch angeschlagenen Mann, anderen lag die katholische Friedhofsruhe am Herzen, wieder andere fanden den ungebetenen Kirchengast schlicht unpassend in frommer Umgebung.

Eine Intervention von Katholiken beim Pfarramt in Herrsching hatte wohl nicht den gewünschten Erfolg. Dass Nemed mit dunklem Anorak und weit ins Gesicht gezogener Kapuze diffuse Ängste auslöste, war unbegründet. Der Mann war froh, dass er germanische Spätwinternächte überlebte. „Wenn es zu kalt wird bei Nacht, geh‘ ich einfach spazieren“, sagte er schicksalsergeben.

Großen Wert legte Nemed darauf, dass er kein Moslem sei. So gesehen, könnte man ihn als christlichen Büßer betrachten, der vor verschlossenen Kirchentüren ausharrte.

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