Unterschriftenlisten für einen Bürgerantrag im Rathaus übergeben/Gemeinderat muss über Entwurf einer Baumschutzverordnung abstimmen/ /
Soviel Post hat das Rathaus schon lange nicht mehr bekommen: 92 Blätter mit 392 Unterschriften flatterten der Gemeindeverwaltung am Mittwoch ins Haus. 3,3 Prozent der Herrschinger Wahlberechtigten setzen mit einem Bürgerantrag durch, dass sich der Gemeinderat in den nächsten 3 Monaten mit der Baumschutzverordnung von Pro Natur befassen muss. Der Bürgermeister, der verordneten Baumschutz als „verfehltes Instrument” bezeichnet, empfing die 10 „Briefträger” von Pro Natur allerdings nicht persönlich – der Eingang der Unterschriftenlisten wurde von der Leiterin des Bürgeramtes, Göser, quittiert. Pressefotos von der Übergabe waren nicht erlaubt – Starnberger Merkur und herrsching.online mussten die Umwelt-Aktivisten vor der Rathaustür ablichten.
Der 11-seitige Entwurf einer Baumschutzverordnung (siehe dazu auch separate Meldung) entstand in monatelanger Recherchearbeit. Die Autoren Uli Spindler und Norbert Wittmann hatten Dutzende von Baumschutzverordnungen anderer Städte und Gemeinden studiert, Gerichtsurteile gelesen, mit Baumexperten des BUND konferiert und Verwaltungsfachleute konsultiert. Norbert Wittmann ist sich nach dieser Fleißaufgabe sicher: „Unser Entwurf ist rechtlich wasserdicht.”
Inzwischen hat die Fraktionssprecherin der Grünen, Anke Rasmussen, schon deutlich gemacht, dass sie die Initiative von Pro Natur unterstützen wird. Auch der grüne Gemeinderat Gerd Mulert steht ohne Abstriche hinter dem Entwurf der Verordnung. Die Fraktionssprecherin der Bürgergemeinschaft Herrsching, Christiane Gruber, hat sich im Interview mit herrsching.online ebenfalls für den Entwurf ausgesprochen. Klar gegen eine Baumschutzverordnung sprach sich der Fraktionssprecher der FDP, Alexander Keim aus.
Die Gemeindeverwaltung wird innerhalb eines Monats die Unterschriften prüfen. Sollten von den 392 Unterschriften mindestens 117 (1 Prozent der Einwohnerschaft Herrschings) rechtsgültig sein, muss der Pro-Natur-Entwurf in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung debattiert werden. Es könnte sein, dass ein paar Unterschriften nicht anerkannt werden, weil die Unterzeichner nicht in Herrsching gemeldet sind. Das nötige Quorum aber, da ist sich Norbert Wittmann sicher, wird deutlich übererfüllt.
Die 24 Rätinnen und Räte und der Bürgermeister Herrschings haben folgende Abstimmungsmöglichkeiten (Mehrheit im Gremium bei Vollbesetzung: 13 Stimmen):
- Der Gemeinderat nimmt den Entwurf mehrheitlich an und macht ihn damit zu einer rechtsgültigen einer Gemeinde-Verordnung.
- Der Gemeinderat lehnt den Entwurf ab und gibt der Verwaltung den Auftrag, eine eigene Baumschutzverordnung auszuarbeiten
- Der Gemeinderat lehnt in seiner Mehrheit jede Art einer Baumschutzverordnung ab und bestätigt den Status quo.
Leider drehen wir uns Befürworter der Baumschutzverordnung, mit den ablehnenden Bürgern, seit Jahren im Kreis und kommen konstruktiv nicht weiter. Aber ja, sicher sind alle Baumschutzverordnungen, die zur Zeit in bayerischen Gemeinden angewendet werden, nicht vollkommen. Aber sie sind das einzig legitime Instrument um ungesteuerte Baumfaellungen einzubremsen. Und leider hat unser Bgm. und der Gemeinderat, kein alternatives und besseres Instrument in den letzten Jahren entwickelt, sondern “die Sache nur laufen lassen”. Ein weiter so aber geht nicht mehr. Das Abholzen alter Bäume im Gemeindebereich ist schon zu rasant geworden. Also bitte liebe Gemeinderäte: es wäre schon gut, wenn ihre eure Ablehnung mit einem konstruktiven Gegenvorschlag untermauert. 1. Vorstand, Verein für Landschaftspflege Breitbrunn.
Noch ist die Sache nicht verloren. Es gibt bereits positive Rückmeldungen aus verschiedenen Fraktionen.
Ich bitte alle Gemeinderätinnen sich durch genaue Lektüre des vorgeschlagenen Entwurfs von dessen Qualität und Ausgewogenheit zu überzeugen.
Herrsching kann sich kein mantraartiges ‘Nein’ mehr leisten. Es war jetzt seit Abschaffung der Verordnung leider 5 Jahre Zeit zu sehen, welch ein Verlust an großen Bäumen stattgefunden hat.
Rechtlich hilft nur eine Baumschutzverordnung gegen Fällungen ortsprägender Kastanien, wie sie z. B. am Seehofparkplatz stattgefunden haben. Herr Schiller erinnert sich sicher daran, dass er 2012 zusammen mit dem damaligen Bauausschuss das gleiche Ansinnen des Hofbräuhauses noch ablehnen konnte – und warum? Weil es da noch eine Baumschutzverordnung gab. Warum eine Gemeinde jetzt in Zeiten fortschreitenden Klimawandels freiwillig auf ein solch wichtiges Steuerungselement zugunsten von Luftqualität und den bekannten mikroklimatisch wichtigen Funktionen der Bäume verzichtet, will mir nicht einleuchten und ich hoffe, dass sich eine Mehrheit für wirksamen Baumschutz im Gemeinderat findet.
Durchaus bemerkenswert sind die Äußerungen von Herrn Bürgermeister Schiller in der Presse. Dort bezeichnet er eine Baumschutzverordnung als eine “Beschäftigungsmaßnahme für die Verwaltung” und hält sie für das das falsche Instrument. Er setze eher auf finanzielle Anreize für Privateigentümer, damit diese die erhaltenswerten Bäume auf ihren Grundstücken pflegen. Offenbar hat Herr Schiller übersehen, dass genau diese Sanierungshilfen bereits im Entwurf der von Pro Natur vorgelegten Baumschutzverordnung enthalten sind. Die alte Baumschutzverordnung wurde im November 2018 aufgehoben. Es war also mehr als genug Zeit, für Maßnahmen zu sorgen, große und ältere Bäume die wichtig für das Ortsklima sind und die auch das Ortsbild prägen, zu schützen.